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Premierenkritik

Der Zar als

Lumpendogge



Der goldene Hahn an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus

Bewertung:    



Im Thüringischen (da, wo ich herkomme) gibt es ein Wort für jemanden, der im Auge des Betrachters einen schmuddeligen, heruntergeluderten Eindruck macht; man nennt ihn schlicht und einfach: "Lumpendogge". So was Ungepflegtes stellte und stellt - in der Sichtweise von Barrie Kosky und seiner Kostümbildnerin Victoria Behr - die männliche Hauptfigur in der Oper Der goldene Hahn von Rimski-Korsakow dar; der Typ heißt König Dodon (kongenial verkörpert und gesungen von Dmitry Ulyanov), und man will partout nicht glauben, dass der irgendwann mal, bevor er kriegserprobt und -müde in eine Art von Schlafkrankheit verfiel, von seinen Untertanen und Feinden als russischer Usurpator ernst genommen worden war; aber egal. Das war und ist wahrscheinlich nur so eine individuelle Wahrnehmung von mir.

Die Inszenierung, die unter anderem in Kooperation mit dem Festival d'Aix-en-Provence, wo sie vor drei Jahren schon Premiere hatte, entstand, ist nun auch auf der Bühne des Schillertheaters (der aktuellen Ausweichstätte der im Großumbau befindlichen Komischen Oper Berlin) angekommen und kam, dem hysterischen Claquerinnengekreische eine Reihe hinter mir zu schließen, relativ gut an. Ja und ich selbst, der ich bereits zwei andre Gold'ne Hähne (den auf Deutsch total verunfallten von Andreas Homoki, KOB 2006, und den im Düsseldorfer Opernhaus, DOR 2016) sah und hörte, befand ihn, im Vergleich zu den zwei andern, vorrangig, obgleich ich schlussendlich mit allen drei Regien nicht viel anzufangen wusste. Doch wahrscheinlich liegt das mehr am Stück als seinen szenischen Darreichungen.



"König Dodon plagen Sorgen: Sein Reich wird ringsumher von Feinden bedroht, seine Söhne haben auch keinen vernünftigen Rat parat und überhaupt würde Dodon lieber nur essen und schlafen, statt auf sein Land aufzupassen. Ein Astrologe betritt mit der Lösung im Gepäck die Szenerie: ein goldener Hahn, der kräht und mit seinen Flügeln schlägt, falls Gefahr droht. Dodon ist begeistert, vor allem, weil der Astrologe den Preis für das kostbare Hilfsmittel erst später nennen will. Als dann wirklich ein Krieg ausbricht, der Hahn kräht und seine Söhne im Kampf als verschollen gelten, muss Dodon persönlich losziehen – auch wenn die Rüstung nach einem Leben in Saus und Braus nicht mehr passt. Doch statt des erwarteten Schlachtfeldes begegnet er der unvorstellbar schönen Königin von Schemacha. Als Dodon ihr im Liebesrausch verfällt, nimmt das Unheil seinen Lauf..." (Quelle: komische-oper-berlin.de)


*

Es gibt ein funktionierendes Einheitsbühnenbild von Rufus Didwiszus, das eine durch einen nach hinten versschwindenden Trampelpfad unterbrochene Steppenlandschaft mit einem knorrigen Baumgerippe auf der rechten Seite (wo der Goldene Hahn in Gestalt der sich abwechselnd hinauf und herunter kraxelnden Daniel Daniela & Ojeda Yrureta thront) zeigt. Die Untertanen und das Untertanenheer werden ganz witziger Weise als pferdkopfige Wesen auf netzbestrümpften Beinen dargestellt. Auch vollführen vier appetitlich aussehende Tänzer (Choreografie: Otto Pichler) die für den Choreografen nicht untypischen lustvoll-queeren Balletteinlagen...

James Gaffigan, der neue Generalmusikdirektor am Haus, dirigierte; seine Herangehensweise überzeugte, und man spürte, dass ihm die Musik zu diesem Werk sehr große Freude macht. Falls er es in Zukunft schaffen sollte, Chor und Orchester durchgängig synchron zusammenzukriegen, wäre es im Ganzen optimaler noch als optimal.

Die Hauptgesangspartien sind extrem, so gibt es neben König Dodon's tiefem Bass den vom Komponisten extrem hoch gelegten Sopran der Königin von Schemacha (Kseniia Proshina) oder den extrem noch höher gelegten Tenor des Astrologen (James Kryshak).

Zwischen dem zweiten und dem dritten Akt gibt es eine sinnlos in die Länge gezerrte Kunstpause, in der der Astrologe vorm schwarzen Vorhang im Zeitlupenstechschritt von rechts nach links und/ oder umgekehrt von links nach rechts entlang marschieren muss - das Publikum war etwas irritiert und dachte, dass hier ein bedeutungsvoller Schlussstrich gezogen wäre; ein paar Leute fingen an zu klatschen resp. "Bravo" zu rufen. Nun ja.

Summa summarum langweilte ich mich.




Der goldene Hahn an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus

Andre Sokolowski - 29. Januar 2024
ID 14578
DER GOLDENE HAHN (Schillertheater, 28.01.2024)
von Nikolai Rimski-Korsakow

Musikalische Leitung: James Gaffigan
Inszenierung: Barrie Kosky
Szenische Einstudierung: Denni Sayers
Bühnenbild: Rufus Didwiszus
Kostüme: Victoria Behr
Choreographie: Otto Pichler
Choreographische Einstudierung: Joseph Gebrael
Dramaturgie: Olaf A. Schmitt
Chöre: David Cavelius
Licht: Franck Evin
Besetzung:
König Dodon ... Dmitry Ulyanov
Prinz Gwidon ... Pavel Valuzhin
Prinz Afron ... Hubert Zapiór
General Polkan ... Alexander Vassiliev
Amelfa ... Margarita Nekrasova
Astrologe ... James Kryshak
Königin von Schemacha ... Kseniia Proshina
Der goldene Hahn (Stimme) ... Julia Muzychenko
Der goldene Hahn (szenisch) ... Daniel Daniela Ojeda Yrureta
1. Bojar ... Fermin Basterra
2. Bojar ... Myung Hoon Park
Tänzer: Michael Fernandez, Lorenzo Soragni, Silvano Marraffa und Kai Chun Chuang Komparserie
Chorsolisten der Komischen Oper Berlin
Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere beim Festival d'Aix-en-Provence: 22. Juli 2021
KOB-Premiere: 28. Januar 2024.
Weitere Termine: 03., 07.02./ 02., 07., 09., 20.03.2024
Koproduktion mit dem Festival d'Aix-en-Provence, der Opéra National de Lyon und dem Adelaide Festival


Weitere Infos siehe auch: https://www.komische-oper-berlin.de/


Post an Andre Sokolowski

https://www.andre-sokolowski.de

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