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Konzertkritik

Russen aus

Rotterdam



Bewertung:    



Gardiner als Komponist? Verfehlt. Es handelt sich nicht um den renommierten Dirigenten John Eliot, sondern um seinen Großonkel Henry Balfour Gardiner, der von 1877 bis 1950 gelebt hat. Der israelische Dirigent Lahav Shani und das Rotterdam Philharmonic Orchestra stellten bei ihrem Gastspiel im Rahmen des Meisterinterpreten-Zyklus im Wiener Musikverein dessen Evening Hymn an den Anfang. Shani hatte das für Chor und Orgel komponierte Werk für Chor und Orchester bearbeitet, und zwar in einer Besetzung, die einen bruchlosen Übergang zur Psalmensymphonie von Igor Strawinsky erlaubte und zugleich dem Orgelklang nahe kam: Keine hohen Streicher, dafür acht Celli. Der Hymnus fungierte gleichsam als Vorspiel zu Strawinskys thematisch verwandter Komposition von 1930. Auch die düstere Stimmung – Stichwort „Evening“ – deutet auf den bekannteren Russen voraus.

Man muss freilich eingestehen, dass bei diesen beiden Werken vor der Pause ein guter Teil der Wirkung auf das Konto des hauseigenen Singvereins der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien – die Frauen links, die Männer rechts – ging. In ihm hatte das Orchester einen kongenialen Partner.

Lahav Shani ließ die Psalmensymphonie eher innig als auftrumpfend klingen. Freilich kommen die formidablen Bläser voll zur Geltung, als hüpfte Petruschka dazwischen im Lob des Herren. Da ist die Düsternis wie weggeblasen. Kaum eine tonale Komposition jener Jahre kostet Dissonanzen so genießerisch aus, und sie wirken auch heute, nach der Hochzeit der Atonalität, faszinierend. Nachhaltig prägt sich dem Gehör das Laudate ein, als ließe sich die Aufforderung zum Lob nur so und nicht anders in Töne setzen.

Nach der Pause gehörte die Bühne dem nunmehr voll besetzten Orchester. Und wieder konnten die Blechbläser begeistern: bei Teilen der Suiten aus der Ballettmusik zu Romeo und Julia von Sergej Prokofjew. Romeo und Julia ist Ballettmusik, also funktionale Musik, und Programmmusik zugleich. Beide Aspekte kommen bei Lahav Shani zur Geltung. Legati werden sparsam eingesetzt, nichts wird verschmiert.

Übrigens: Leonard Bernsteins West Side Story war ein großer Wurf, vor allem mit Blick auf den Schmarren, der im Musical nachgefolgt ist. Aber Prokofjews Romeo und Julia ist auch nicht schlecht.

Dass Orchester bei Auslandsgastspielen bekannte oder unbekanntere Kompositionen aus ihrer Heimat spielen, ist eher die Regel als die Ausnahme. Diesmal hat ein niederländisches Orchester das Programm fast vollständig mit Russen gefüllt. Aber mit welchem Niederländer dieses Formats hätte es aufwarten sollen?




Thomas Rothschild - 9. Oktober 2023
ID 14423
ROTTERDAM PHILHARMONIC ORCHESTRA (Wiener Musikverein, 08.10.2023)
Henry Balfour Gardiner: Evening Hymn Fassung für Chor und Orchester von Lahav Shani
Igor Strawinsky: Symphonie de Psaumes (Psalmen-Symphonie)
Sergej Prokofjew: Romeo und Julia op. 64 - Auszüge aus den Ballettsuiten
Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Rotterdam Philharmonic Orchestra
Dirigent: Lahav Shani


Weitere Infos siehe auch: https://www.rotterdamsphilharmonisch.nl


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