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Konzertkritik

Festlich, nicht weihevoll

WEIHNACHTSORATORIUM mit der Gaechinger Cantorey

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Die Gächinger Kantorei, die sich seit 2016 zusammen mit einem Barockorchester Gaechinger Cantorey nennt, wurde vor sage und schreibe 67 Jahren gegründet. Sie ist schon lange nicht mehr in Gächingen auf der Schwäbischen Alb beheimatet, und von den Sängerinnen und Sängern der ersten Stunde dürften nicht mehr viele am Leben sein. Aber Namen sind robuster als ihre Träger. Und obwohl jene, die heute unter diesem Namen auftreten, mit den Gründungsmitgliedern, ihren langjährigen Helmuth Rilling eingeschlossen, weniger gemeinsam haben als die staatsfrommen Grünen im Boot der FDP mit den K-Gruppen-Revoluzzern gleichen Namens, wird über den Chor gesprochen, als handle es sich um eine feste Größe. So ist das mit der strapazierten Identität.

Eins allerdings hat die Gächinger Kantorei über all die Jahre beibehalten: den unausweichlichen vorweihnachtlichen Drang zu Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium. (Bei den biederen Grünen hat er sich erst mit zunehmendem Alter eingestellt, als sie den Text der Internationalen vergessen hatten. Zur Erinnerung: „Es rettet uns kein höh’res Wesen,/ kein Gott, kein Kaiser noch Tribun/ Uns aus dem Elend zu erlösen/ können wir nur selber tun!“) Das Weihnachtsoratorium ist, auch beim Publikum, eine sichere Nummer wie Tosca in der Oper und Dinner for One im Fernsehen. Und man muss sich dafür nicht schämen. Denn es ist, unabhängig vom kalendarischen Anlass, einer der Höhepunkte der Musikgeschichte (was nicht immer und nicht von allen so gesehen wurde), den man ebenso ungetrübt goutieren kann, ohne für seine Ideologie anfällig zu sein, wie die rassistische und frauenfeindliche Zauberflöte.

*

Zwei Mal hintereinander, wegen der vorgeschriebenen verdünnten Sitzordnung, statt wie geplant an einem Abend präsentiert die Gaechinger Cantorey die ersten drei und den letzten, sechsten Teil des Weihnachtsoratoriums im Ludwigsburger Forum am Schlosspark. Und man muss ihrem Leiter Hans-Christoph Rademann bestätigen, dass ihm die Zusammenführung des Ensembles vorzüglich gelungen ist. Das ist nicht ein Chor mit einem begleitenden Orchester, sondern ein Ensemble im strengen Verständnis, und das kommt dem Oratorium zugute, das ja auch nicht eigentlich bloß ein Chorwerk ist. Die 24 Stimmen des Chors und das Orchester klingen ausgeglichen zusammen, stellen aber zugleich eine optimale Transparenz her zwischen den einzelnen Instrumentengruppen und Stimmlagen. Namentlich die Bläser lassen einen darüber staunen, dass überhaupt jemand jemals auf die Idee kam, Bach auf modernen Instrumenten zu interpretieren (wobei die zwei Oboi da caccia nur im zweiten Teil des Oratoriums zum Einsatz kommen). Mit Isabel Schicketanz (Sopran), Marie Henriette Reinhold (Alt), Patrick Grahl (Tenor) und Tobias Berndt (Bass), der für den erkrankten Matthias Winckhler eingesprungen ist, wurden durchweg ideale Oratoriensänger*innen gewonnen, die sich als unbeirrbar in der Intonation und traumwandlerisch in der Klanggestaltung erwiesen. Keine und keiner machte den Versuch, aus dem Ensemble herauszuragen. Gerade das machte das Konzert zu einem Erlebnis.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass nicht nur der Dirigent, sondern auch die Solist*innen eine enge Bindung zu Sachsen – zu Dresden und Leipzig – haben. Sollte Bach doch sächsischer und protestantischer sein, als man vermuten möchte? Dem Weihnachtsoratorium hört man es nicht an.
Thomas Rothschild – 4. Dezember 2021
ID 13341
JAUCHZET, FROHLOCKET! - GAECHINGER CANTOREY (Forum am Schlosspark, Ludwigsburg, 03.12.2021)
Johann Sebastian Bach: Weihnachtsoratorium BWV 248, Kantaten I – III & VI
Isabel Schicketanz, Sopran
Marie Henriette Reinhold, Alt
Patrick Grahl, Tenor
Tobias Berndt, Bass
Gaechinger Cantorey
Dirigent: Hans-Christoph Rademann


Weitere Infos siehe auch: https://www.bachakademie.de


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