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Konzertkritik

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Johannes Brahms' Ein deutsches Requiem "bestand damals noch aus sechs Sätzen; der spätere fünfte, die Hommage an die verstorbene Mutter, war noch nicht komponiert. Bei der Premiere wurden die sechs Stücke in zwei Gruppen zusammengefasst. Nach der ersten wurden drei Instrumentalsätze von Bach, Tartini und Schumann als Zwischenspiele gegeben. Durch die kleine Besetzung – Violine und Orgel – traten sie gegenüber der Klangmacht von Stimmen und Orchester deutlich zurück. Der zweiten Requiems-Gruppe folgten dann Arien und Chöre von Bach und Händel. Warum das? Zum einen war es verbreitete Praxis, große Werke durch Zwischenspiele aufzulockern, 'in denen der Geist Erholung finden kann', wie Clara Schumann sich ausdrückte. Bei Brahms’ Requiem kam ein Weiteres hinzu: Er hatte für seine Komposition Texte aus der Bibel gewählt. Der Name Jesu und der Titel Christus kamen darin nicht vor, bewusst nicht. Wie aber konnte man am Karfreitag, zu Jesu Todesstunde, in einer Kirche ein Konzert veranstalten, das Christus nicht nennt? Die Stücke von Bach und Händel brachten das Gesamtprogramm wieder ins evangelische Lot. Sie waren aus Hauptwerken der beiden Meister genommen: aus Bachs Matthäuspassion und Händels Messias. In Anspruch und orchestraler Besetzung bewegten sie sich auf gleicher Höhe wie das Requiem. Dass sie im Konzert das Schlusswort bildeten, verlieh ihnen besonderes Gewicht."

(Habakuk Traber, DSO-Nachrichten 03/04 2023; Quelle: dso-berlin.de)

*

Kent Nagano (von 2000 bis 2007 Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin) hatte jetzt Lust auf diese sog. "Bremer Fassung" [s.o.] und stellte sie am vergangenen Karsamstag im vollbesetzten Großen Saal der Berliner Philharmonie zur Diskussion:

Es war ein in mehrfacher Hinsicht aufregendes und nicht minder zu denken gebendes Konzert.

Als vorzüglich (um es gleich vorweg zu nehmen) erwies sich die Mitwirkung der Audi Jugendchorakademie (Einstudierung: Martin Steidler), einer professionellen Chorvereinigung mit ausschließlich jungen Frauen- und Männerstimmen, was anzuhören schon ganz anders klang als "herkömmlichen" Gemischt-Formationen also Choristinnen und Choristen jeglichen Alters bei ihren Verlautbarungen zu lauschen.

Als weiterhin vorzüglich muss der Bariton Konstantin Krimmel, dessen stimmliche wie geistige Gestaltung und Durchdringung seiner beiden Soli (im dritten wie im fünften Satz besagter "Bremer Fassung") geradezu herausstach, bezeichnet sein. Die zwei also, Chor & Bariton, gingen für mich als absolutes Highlight dieser rekonstruierten Aufführung durch.

Weniger erfreulich, um nicht gar zu sagen ärgerlich, stimmte zum einen der Auftritt Rachel Wilsons, die mit operndivenhafter Dreistigkeit Bachs Arie "Erbarme dich", einem eigentlich von ihrem Interpretationsansatz her zu absolutem Schlicht- sowie Zurückgehaltensein ermahnenden Zentralmassiv in der Matthäuspassion, mit nicht viel Sinn geschweige denn Verstand daherzuträllern schien; höchst grauenhaft!

Zum anderen könnte die Geigerin Marina Graumann nochmals (falls sie's überhaupt dann je getan haben sollte) in Joseph Joachims Violinschule hinein schauen, um selbstkritisch zu überprüfen, ob oder wieviel "man", insbesondere bei Wiedergabe von Barockmusik, Vibrati spielt - nur so als klitzekleiner und dezenter Wink mit Zaunspfahl.
Andre Sokolowski - 11. April 2023
ID 14142
DEUTSCHES SYMPHONIE-ORCHESTER (Philharmonie Berlin, 08.04.2023)
Johannes Brahms: Ein deutsches Requiem für Soli, Chor und Orchester (Bremer Fassung)
Rekonstruktion der Fassung, die Brahms für die Bremer Aufführung am 10. April 1868 zusammengestellt hat – noch ohne den fünften Satz, aber mit eingefügten Sätzen von Bach, Händel, Tartini und Schumann
Rachael Wilson, Mezzosopran
Konstantin Krimmel, Bariton
Marina Grauman, Violine
Jakub Sawicki, Orgel
Audi Jugendchorakademie
Choreinstudierung: Martin Steidler
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Dirigent: Kent Nagano


Weitere Infos siehe auch: https://www.dso-berlin.de


https://www.andre-sokolowski.de

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