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Konzertkritik

Das Orchester

und der

Käsetoast



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Was ist nach London die zweitgrößte Stadt Englands? Manchester? Leeds? Liverpool? Falsch. Die richtige Antwort lautet Birmingham. Birmingham ist keine besonders schöne Stadt. Die Mischung aus Häusern aus dem 19. Jahrhundert, die zu einem großen Teil in schlechtem Zustand sind, und mehr oder weniger modernen Hochhäusern und Repräsentationsbauten fügt sich nicht zu einem Ensemble. Aber Birmingham hat eine Trumpfkarte. Sein Orchester, das City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO), ist weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und zählt als einziges englisches Orchester außerhalb Londons zu den namhaften Orchestern der Welt. Immerhin waren Simon Rattle und Andris Nelsons viele Jahre lang Chefdirigenten des CBOS und empfahlen sich durch ihre dortige Arbeit für Spitzenposten in Deutschland.

Dass sie Birmingham verließen, mag mit der mangelnden Attraktivität der mittelenglischen Stadt zu tun haben. Vielleicht spielte auch das Büffet der Symphony Hall eine Rolle, wo es den schlechtesten Käsetoast zwischen Honolulu und Nagoya gibt, der 7 Pfund kostet und auf den man 40 Minuten warten muss, bis er einem mit wenig Käse, aber dafür verkohlt serviert wird. Da kann auch der prächtige und technisch raffiniert ausgestattete Saal mit viel Orange nicht hinreichend Trost spenden.

Verwundern mag die Tatsache, dass das Orchester Konzerte werktags um 14.15 Uhr ansetzt. Offenbar bemüht man sich gar nicht erst um den Anschein, man wolle junge Menschen im arbeitsfähigen Alter für „klassische“ Musik gewinnen. Dafür füllt das Programmheft fünf kleinbedruckte Seiten mit den Namen von Spendern und Sponsoren. So ist das eben, wo die öffentliche Hand bei der Kultur zurückzuckt. Wenn man in England seit Margaret Thatcher erkannt hat, dass ein effizientes Gesundheitssystem Luxus ist, warum sollte das bei der Kultur anders sein?

*

Auf dem Programm stand am 7. Dezember unter der Leitung des in Birmingham geborenen, aber bereits international bewährten und ausgezeichneten Alpesh Chauhan die Tragische Ouvertüre von Johannes Brahms, das Violinkonzert von Carl Nielsen und die 5. Sinfonie von Schostakowitsch. Als Solist im Violinkonzert brillierte der rumänische Konzertmeister des CBSO Eugene Tzikindelean. Er stieg in Nielsens Komposition aus dem Jahr 1911 ein wie ein „Zigeunerprimas“ und bestach durch technische und interpretatorische Virtuosität. Mitten im ersten Satz riss eine Saite. Tzikindelean setzte sich seelenruhig auf das Dirigentenpodest und tauschte die Saite eigenhändig aus. Er durfte Rockgitarristen beneiden, denen die Roadies blitzschnell eine neue Gitarre reichen.

In der beliebten Fünften von Schostakowitsch verfehlen die Dramatik der schnellen Sätze, das Pathos von Blechbläsern und Schlagzeug nie ihre Wirkung. Chauhan und das Birminghamer Orchester arbeiten auch die elegische Mystik des Largo eindringlich heraus. Diese verinnerlichte Vorbereitung auf den Schlusssatz klingt wie eine vorweggenommene Antwort auf den Hurrapatriotismus in Zeiten des Überfalls auf die Ukraine.
Thomas Rothschild – 9. Dezember 2022
ID 13957
CITY OF BIRMINGHAM SYMPHONY ORCHESTRA (Symphony Hall Birmingham, 07.12.2022)
Johannes Brahms: Tragische Ouvertüre d-Moll op. 81
Carl Nielsen: Konzert für Violine und Orchester op. 33
Dmitri Schostakowitsch: 5. Sinfonie d-Moll op. 47
Eugene Tzikindelean, Violine
City of Birmingham Symphony Orchestra
Dirigent: Alpesh Chauhan


Weitere Infos siehe auch: https://cbso.co.uk


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