Remember me, but ah!
forget my fate
DIDO AND AENEAS am Theater Basel
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Bewertung:
Die bz – Zeitung für die Region Basel hat ihre Sorgen. Dieser Tage ätzte sie über das Theater am Ort:
„2023 rutschte das Theater in die roten Zahlen: offiziell mit einem Minus von 466’000 Franken, tatsächlich mit gut 1,2 Millionen Franken, wie die bz herausfand. Im Sommer sprang der Kanton ausserplanmässig ein: Er erhöhte seinen jährlichen Subventionsbeitrag um 700’000 Franken. Für das Theater zu wenig: Es hatte fast das Doppelte gefordert. Dank Stellenabbau und weniger Vorstellungen gelang trotzdem die schwarze Null.“
Man könnte das für typisch schweizerisch halten, wenn ähnliche Töne nicht zunehmend aus den Häusern zwischen Klagenfurt und Flensburg, zwischen Kaiserslautern und Görlitz erschallten. Am Theater im Besonderen und der Kultur im Allgemeinen scheint die Medien vor allem die Ökonomie zu interessieren. In dem Maße, in dem vernachlässigt und verschwiegen wird, was diese Institutionen leisten und was in ihnen geschieht, ist lustvoll-hämisch von Geld die Rede, immer wieder nur von Geld. „Geld ist besser als Armut - wenn auch nur aus finanziellen Gründen.“ (Woody Allen)
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Sprechen wir also, trotz Stellenabbau und weniger Vorstellungen, von einem Bühnenereignis, aus künstlerischen Gründen:
Henry Purcells Dido and Aeneas (eine Produktion des Grand Théâtre de Genève in Koproduktion mit der Opéra de Lille und den Théâtres de la ville de Luxembourg von 2021) wurde vom Theater Basel im April dieses Jahres wiederaufgenommen und wird bis zum 20. Juni elfmal auf der Großen Bühne gezeigt worden sein. Keine so schlechte Bilanz. Allzu oft wird Purcells einzige Oper (im Gegensatz zu seinen Semi-Operas), schon wegen ihrer Kürze, ohnedies nicht inszeniert.
In Basel hat man die Aufführungsdauer auf knapp zwei Stunden verdoppelt. Dafür sind die belgische Gruppe Peeping Tom und ihr Mitgründer Franck Chartier verantwortlich. Dem erweiterten Konzept, das aus einer um eine mit Tanz, Pantomime, Schattentheater und Akrobatik umgesetzten bizarren Parallelhandlung von einer alten Frau, einer wenig attraktiven Vorgängerin oder Nachfolgerin von Hofmannsthals Marschallin, die sich mit Dido identifiziert, besteht, entsprechen zwei Dirigenten, die einander abwechseln: Atsushi Sakal, der die Ergänzungen komponiert hat, und Johannes Keller für Purcell.
Karthago findet in einem holzgetäfelten Salon und Schlafzimmer im Smoking statt. Der Chor steht auf der Galerie und deutet bei wechselndem Licht diverse anachronistische Aktionen an. Ziemlich weit entfernt vom Libretto Nahum Tates lässt Peeping Tom ein Paar Tango tanzen, zunächst stumm, dann begleitet von einem Cello, das dessen Musiker quer hält wie eine Gitarre.
Wenn Dido wegen der Treulosigkeit des Aeneas mit der schönsten Arie der Oper – „When I am laid in earth“ – am Ende Selbstmord begeht, multipliziert Peeping Tom die Liebespaare. Es besteht Hoffnung. Jedenfalls in Basel.
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Dido and Aeneas am Theater Basel | Foto (C) Ingo Höhn; Bildquelle: theater-basel.ch
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Thomas Rothschild – 18. Juni 2025 ID 15313
DIDO AND AENEAS (Theater Basel, 16.06.2025)
Musikalische Leitung: Johannes Keller und Atsushi Sakai
Inszenierung: Franck Chartier, Peeping Tom
Bühne: Justine Bougerol
Kostüme: Anne-Catherine Kunz
Künstlerische Mitarbeit: Eurudike De Beul
Komposition und musikalische Konzeption: Atsushi Sakai
Lichtdesign: Giacomo Gorini
Chorleitung: Michael Clark
Dramaturgie: Clara Pons und Elise Boch
Besetzung:
Aeneas/ Sailor ... Ronan Caillet
Dido/ Sorceress/ Spirit ... Marie-Claude Chappuis
Belinda/ 1st Witch ... Álfheiður Erla Guðmundsdóttir
2nd Woman/ 2nd Witch ... Hope Nelson
Tänzer:innen: Marie Gyselbrecht, Romeu Runa, Hun-Mok Jung, Eurudike De Beul, Meng-ke Wu, Yi-Chun Liu, Nelson Earl, Brandon Lagaert und Christina Guieb
Chor des Theater Basel
La Cetra Barockorchester Basel
Wiederaufnahme war am 16. Juni 2025.
Weiterer Termin: 20.06.2025
Eine Produktion des Grand Théâtre de Genève in Koproduktion mit der Opéra de Lille und den Théâtres de la ville de Luxembourg
Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-basel.ch
Post an Dr. Thomas Rothschild
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