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GIULIO CESARE IN EGITTO von Händel


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Giulio Cesare in Egitto in der Regie von Dmitri Tcherniakov konkurriert in diesem Festspieljahr mit Schwetzingen und mit diversen Opernhäusern in ganz Europa. Zuletzt war Händels beliebte Oper von Wagnerschem Ausmaß in Salzburg in der Regie von Moshe Leiser und Patrice Caurier mit Andreas Scholl als Cäsar, Cecilia Bartoli als Cleopatra, Anne Sofie von Otter als Cornelia, Philippe Jaroussky als Sesto und Jochen Kowalski als Nirena zu sehen. Wasser auf die Mühle jener Traditionalisten, die sich ein Bayreuth in österreichischer Verkleidung wünschen und darüber beklagen, dass es bei den heurigen Festspielen weder einen szenischen Mozart, noch einen szenischen Richard Strauss gibt.

Es ist noch nicht so lange her, dass Alfred Deller der einzige Countertenor des 20. Jahrhunderts war und für ungewohnte Ohren als exotisch galt. Inzwischen ist die Legion der Solisten, die vor allem für die Rollen der Kastraten von einst zur Verfügung stehen, unüberschaubar geworden. In Giulio Cesare in Egitto treten gleich drei von ihnen plus ein Sopranist auf. Aber auch die restlichen Rollen sind durchweg erstklassig besetzt. In dieser Aufführung unter dem lebhaften Dirigat der Französin Emmanuelle Haïm gibt es keinen Ausreißer. Mag man über den Regieeinfall, dem die gesamte Konstruktion folgt, noch streiten können – musikalisch wird man vergeblich nach einem Vorwand für Tadel suchen.

Tcherniakov hat die Handlung in einen verzweigten Bunker verlegt. Es besteht eine nicht näher benannte Gefahr. Das Publikum wird mehrfach aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Die Kostüme gehören unserer Gegenwart. Cäsar gleicht mehr einem Bankangestellten als einem Kaiser. Kleopatra trägt in der Verkleidung der Lydia eine Lederhose und eine rosafarbene Perücke. Die Salzburger Fassung verzichtet auf Rezitative. Die schematische Nummernfolge erschwert eine szenische Steigerung. Nun ist man damit vertraut, dass der Plot von Händel-Opern eher dröge ist. Diesem Umstand kann auch Tcherniakov nicht entgehen. Hier gilt uneingeschränkt: Prima la musica e poi le parole. Die Veränderungen des 19. Jahrhunderts haben unsere Wahrnehmung beeinflusst. Originalität ist bei Händel noch kein Wert für sich. Das gilt für die Musik ebenso wie für die Handlung. Eine Arie beispielsweise, begleitet nach einer Explosion von einem kleinen Orchester „von oben“ auf der Oberbühne, ähnelt dem berühmten "Lascia la spina, cogli la rosa" verdächtig, aber wer käme auf die Idee, sie ein (Selbst-)Plagiat zu nennen? Cäsars Arie "Still und verborgen/ bleibt der listige Jäger,/ wenn er dem Wild nachstellt“ wiederum nähert sich rund hundert Jahre vor dem Freischütz, illustriert vom Ruf der Hörner, der Tonmalerei.

Die vom Christentum und der Moderne verpönte Rache ist in Händels Opern eine durchaus brauchbare Kategorie. Die aufklärerische Revolution von Autonomie und Gnade (lt. Ivan Nagel) steht noch bevor. Zwar prophezeit Cäsar der Kleopatra, „Als Königin Ägyptens/ wirst du dem Volk Regeln und dem Thron Gesetze geben“, aber für alle Fälle vertraut man erst einmal auf Gerechtigkeit durch individuelle Rache.

Auf den euphorischen Schlussjubel – „Nun sollen wieder schöne Freude und Lust/ in unsere Herzen einkehren;/ die Brust ist von allem Leid befreit,/ und jeder wendet sich nun wieder dem Vergnügen zu“ – folgt in Salzburg noch eine Explosion: Der Krieg geht weiter. Soviel zum Stand der Dinge.




Giulio Cesare in Egitto bei den Salzburger Festspielen 2025 | © SF/Monika Rittershaus

Thomas Rothschild - 4. August 2025
ID 15393
Giulio Cesare in Egitto (Haus für Mozart, 03.08.2025)
von Georg Friedrich Händel

Musikalische Leitung und Cembalo: Emmanuelle Haïm
Regie und Bühne: Dmitri Tcherniakov
Kostüme: Elena Zaytseva
Licht: Gleb Filshtinsky
Kampfchoreografie: Ran Arthur Braun
Dramaturgie: Tatiana Werestchagina
Besetzung:
Christophe Dumaux (Giulio Cesare)
Olga Kulchynska (Cleopatra)
Lucile Richardot (Cornelia)
Federico Fiorio (Sesto)
Yuriy Mynenko (Tolomeo)
Andrey Zhilikhovsky (Achilla)
Jake Ingbar (Nireno)
Robert Raso (Curio)
Bachchor Salzburg
(Einstudierung: Michael Schneider)
Le Concert d’Astrée
Premiere war am 26. Juli 2025.
Weitere Termine: 06., 11., 14., 17.08.2025
SALZBURGER FESTSPIELE


Weitere Infos siehe auch: https://www.salzburgerfestspiele.at


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