Berliner
Philharmoniker
François-Xavier Roth
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Am vergangenen Sonntag gastierte Les Siècles beim MUSIKFEST BERLIN, und deren Belegschaft wollte und will ja (bis heute) nichts, aber auch gar nichts mehr mit ihrem einstigen Gründer François-Xavier Roth (53) zu tun haben, von ihr wurde im letzten Jahr diese Skandal-Lawine losgetreten, wonach Roth angeblich "Vorwürfe wegen sexueller Belästigung von weiblichen und männlichen Musikern" (Quelle: wiki/François-Xavier_Roth) gemacht wurden; das alles sprach sich freilich im Nu herum, und das Feuilleton griff es genüsslich auf, wahrscheinlich auch um hiermit kräftig Schlagzeilen zu machen. Dass der Dirigent in dem Zusammenhang auch vorzeitig seinen Posten als Generalmusikdirektor des Gürzenich-Orchesters und der Oper Köln loswurde, gilt als einer der Kollateralschäden in der künstlerischen Biografie eines der größten Kapellmeistertalente unserer Tage.
Jetzt scheint sich die mediale Aufregung deutlich beruhigt zu haben: Roth demonstrierte öffentlich Reue und zog sich vorübergehend zurück. Inzwischen füllt sich sein Terminkalender allerdings wieder mehr und mehr; und auch das SWR Symphonieorchester blieb, trotz all dieser Querelen, bei seinem Vorhaben, Roth erneut als seinen Chefdirigenten (seit dieser Spielzeit) zu berufen. In Berlin wird er zum Ende der Saison die neuerliche Wiederaufnahme von Debussys Pelléas et Melisande an der Staatsoper Unter den Linden musikalisch leiten.
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Der französische Dirigent François-Xavier Roth Foto (C) Holger Talinski; Bildquelle: berliner-philharmoniker.de
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Gestern stand er am Pult der Berliner Philharmoniker und dirigierte Werke von Boulez, Adámek und Strawinsky:
"Das erste Konzert der Berliner Philharmoniker beim Musikfest Berlin 2025 ist eine Verneigung vor dem französischen Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez, der in diesem Jahr 100 geworden wäre. Für seine raumgreifende Komposition Rituel – in memoriam Bruno Maderna teilt sich das Orchester in acht selbstständige Gruppen. Ordnung und Freiheit, Enge und Offenheit, Monumentalität und Intimität: Die Dynamik zwischen diesen gegensätzlichen Prinzipien erforscht auch Ondřej Adámek in Between Five Columns, einer Hommage an Boulez. Auch als Interpret der Musik von Igor Strawinsky setzte Boulez neue Maßstäbe. In jenen Momenten, in denen sich das gesamte Orchester in eine einzige Rhythmusmaschine zu verwandeln scheint, werden die elementare Kraft und Energie in Strawinskys legendärer Ballettmusik Le sacre du printemps von 1913 spürbar." (Quelle: Musikfest Berlin)
Boulez' Rituel und Strawinskys Sacre waren in dieser Konstellation zuletzt 2018 beim Musikfest zu hören und zu sehen; Daniel Barenboim (der übrigens gestern mit im Publikum saß) setzte beide Werke aufs Programm der Staatskapelle Berlin.
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Das von den Berliner Philharmonikern in Auftrag gegebene und nunmehr uraufgeführte Stück von Ondřej Adámek (46) heißt Between Five Columns, dauert ungefähr acht Minuten, und in ihm entwickelte der Komponist...
"...zwei Hauptmotive aus den ersten fünf Tönen der Notation X für Klavier von Pierre Boulez. Über dem konstruktiven Prinzip vergisst Adámek aber nicht die Plastizität seiner Klangrede. Seine zwei Hauptmotive sind von stark gegensätzlicher Natur: 'eines eng in einer Oktave eingeschlossen, das andere sich in alle Register ausdehnend', so der Komponist. Aus ihrem Dialog entwickelt sich eine farblich wie gestalterisch intensive Auseinandersetzung: 'Eine Stimme ist dominant, die andere sucht ihren Platz, schwankt zwischen Unterdrückung und Widerstand.' Dynamische Gegensätze von dreifachem Forte in Harfe und Klavier und vierfachem Pianissimo in der Ersten Solovioline prägen schon den ersten Takt. Aus stehenden Akkorden erwächst langsam ein dichtes, agiles Netz. Nach einem Höhepunkt, auf dem die Orchestergruppen einander vehement antworten, nimmt die Energie allmählich wieder ab und verlöscht im Unhörbaren." (Quelle: berliner-philharmoniker.de)
Eindrucksvoll kurz, prägant und publikumswirksam war es; "publikumswirksam" auch daher, weil das Stück - ungeachtet seiner arg komplizierten Werkbeschreibung [s.o.] - eine durchaus positive Energie auszustrahlen vermochte.
Der anwesende Komponist nahm wohlverdiente Sympathiebekundungen sowohl vom Publikum als auch von den Orchestermusikerinnen und -musikern entgegen.
Und François-Xavier Roth legte dann insgesamt einen starken Auftritt hin, ja und die Philharmoniker konnten und können nach wie vor sehr gut mit ihm.
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Der Komponist Ondřej Adámek (li.) und der Dirigent François-Xavier Roth vor den Berliner Philharmonikern - nach Adámels Uraufführung seines Stücks Between Five Columns am 12. September 2025 | Foto (C) Stephan Rabold
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Andre Sokolowski - 13. September 2025 ID 15460
MUSIKFEST BERLIN (Philharmonie Berlin, 12.09.2025)
Pierre Boulez: Rituel - in memoriam Bruno Maderna für Orchester in 8 Gruppen
Ondřej Adámek: Between Five Columns (UA)
Kompositionsauftrag der Stiftung Berliner Philharmoniker
Igor Strawinsky: Le sacre du printemps
Berliner Philharmoniker
Dirigent: François-Xavier Roth
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinerfestspiele.de/musikfest-berlin
https://www.andre-sokolowski.de
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