Einer der
Größten
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Bewertung:
Ein Programm mit Unverzichtbarkeiten des Kanons, wie er sich über die Jaher geändert und etabliert hat, und doch ein klug konzipiertes Konzert mit einer überzeugenden Dramaturgie: Schuberts Klaviersonate A-Dur D 959, Schumanns Davidsbündlertänze und Liszts Ungarische Rhapsodie Nr. 13, Kompositionen also, die, sieht man von der diskreten Bearbeitung durch Arcadi Volodos ab, in einem Zeitraum von nur 19 Jahren entstanden.
Es ist müßig, darüber zu streiten, wer der „größte“ lebende Pianist sei. Sagen wir nur soviel: Einige der anerkannten Meisterpianist*innen nennen den Kollegen Arcadi Volodos – vor, nach dem eine Generation älteren Grigori Sokolov? – als ihren Favoriten. Er ist einer von den zahlreichen russischen Spitzenmusikern, die in den Westen übersiedelt sind und sich dort ein neues Zuhause geschafft haben. Als ich 1962 als Stipendiat in Moskau studierte, lehrten und konzertierten dort unter anderem David und Igor Oistrach, Leonid Kogan, Swjatoslaw Richter, Emil Gilels, Mstislaw Rostropowitsch, der erst 1974 der Sowjetunion den Rücken kehrte, oder Rudolf Barschai, der ihm 1977 folgte. Gewiss, das Regime hätte in der Regel eine Ausreisegenehmigung verweigert, aber Künstler dieses Formats hätten, wenn sie das Land verlassen wollten, von einer Gastspielreise, die durchaus genehmigt wurde, nicht zurückkehren müssen. Wie erklärt sich der Unterschied im Handeln der Musikstars zu Zeiten der Sowjetunion und nach deren Untergang? Tatsache ist: der Westen hat in den vergangenen drei Jahrzehnten viel profitiert von der einseitigen Auswanderung russischer Künstler und der Ausbildung, die sie noch in ihrer früheren Heimat erhalten haben. Dass einige sich trotz dieser Umstände Putin gegenüber loyal oder sogar apologetisch verhalten, gehört zu den vielen sonderbaren Paradoxen unserer Gegenwart. Liegt es daran, dass der Herr im Kreml die Peitsche seiner Vorgänger beibehalten, das Zuckerbrot aber in Form von gut dotierten Stellen, hohem Sozialprestige und angesehenen Preisen vergessen hat?
Vor der Pause also Schuberts Klaviersonate A-Dur. Sie beginnt lyrisch mit deutlichen Akzenten, die Volodos aus den Gegensätzen von laut : leise und Legato : Stakkato schöpft. Fast unauffällig setzt er Rubati ein. Der zweite Satz, das Andantino, hebt zum Heulen traurig an, eine typische Schubert-Idee voller Emotion. Damit wiederum kontrastieren das Scherzo. Alegro vivace und schließlich das muntere Rondo. Allegretto. Schon hier, zur Halbzeit, stürmischer Applaus eines begeisterten Publikums.
Bei Schumanns 18 Davidsbündlertänzen nimmt dann Volodos die einzelnen Bezeichnungen wie „lebhaft“, „innig“, „ungeduldig“, „balladenmäßig“, „wild und lustig“, „wie aus der Ferne“ sehr ernst. Die kurzen Stücke nähern sich damit der Tonmalerei. Unnachahmlich sind das untrügliche Timing und die Differenzierung der Lautstäken, die Volodos den Codas zuteilwerden lässt. Er lässt sie ausklingen, als hätten sie die Ewigkeit im Visier.
Danach folgte ein Virtuosenstück par excellence: Liszts Ungarische Rhapsodie Nr. 13. Volodos lieferte, was man sich erwarten durfte. Da ist die Technik, die er einwandfrei beherrscht, nur die Voraussetzung für eine immanent musikalische Interpretation.
Das Publikum, das – wieso bloß? – nur den halben Saal im Ludwigsburger Forum am Schlosspark füllte, erklatschte sich vier Zugaben.
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Der russische Pianist Arcadi Volodos | Foto (C) Marco Borggreve
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Thomas Rothschild – 13. Juli 2025 ID 15363
"Virtuose Tastenstürme" (Forum am Schlossparl, 13.07.2025)
Franz Schubert: Klaviersonate A-Dur op. Ph. D 959
Robert Schumann: Davidsbündlertänze op. 6
Franz Liszt/Arcadi Volodos: Ungarische Rhapsodie Nr. 13 S. 244/13
Arcadi Volodos, Klavier
LUDWIGSBURGER SCHLOSSFESTSPIELE 2025
Weitere Infos siehe auch: https://schlossfestspiele.de
Post an Dr. Thomas Rothschild
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