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BAYREUTHER FESTSPIELE 2025

Die Meistersinger

von Nürnberg


Michael Nagy (als Sixtus Beckmesser) in Die Meistersinger von Nürnberg, 2025 | Foto (C) Bayreuther Festspiele/ Enrico Nawrath

Bewertung:    



Nach den zwei letzten Meistersinger-Produktionen der Bayreuther Festspiele (2007 durch Katharina Wagner und 2017 durch Barrie Kosky) hat die Festspielleiterin ganz aktuell den mehr auf Musical und anderweitig Heiteres spezialisierten Matthias Davids aus dem Hut gezaubert, dass er ihr die einzige komischer Oper Wagners auf dem Grünen Hügel inszenieren möge - Davids gilt "in seinen Kreisen" als gewiefter Meister seines Fachs, aber im sog. E-Bereich fiel er bisher (so wie ich das jetzt unvollkommen recherchiert habe) nicht weiter auf.

Kalkül dieser Idee könnte gewesen sein, sowohl die Partitur als auch den (für den heutigen Geschmack durchaus gewöhnungsbedürftigen, wenn nicht sogar vergessenswerten) Text aufs völlig Unvoreingenommene vom Blatt zu spielen, um zu sehen und zu hören, ob sich da nicht eine irgendwie ganz selbstverständlich anmutende Leichtigkeit und also Komik wiederentdecken ließe; und da könnte oder sollte dieser Davids gar ein Idealpartner fürs Gute und fürs Schöne insgesamt gewesen sein; genau weiß ich das freilich nicht, wie dieser Deal zustande kam.

Ich kann nur so viel sagen, dass ich mich dieser vor spielerischer Leichtigkeit und Freude überbordenden Gesamt(an)sicht mitnichten sperren tat - im Gegenteil: ich nahm sie als gegeben hin und staunte unverhohlen über mich, dass ich das alles so kritiklos über mich ergehen lassen wollte.

Ergo: Diese neuen Meistersinger von Nürnberg tun keinem weh.

Andrew D. Edwards entwarf das eindrucksvolle Bühnenbild - genial die Riesentreppe im Ersten Aufzug, deren Himmelsleiterartiges von einer puppenstubengroßen Katharinenkirchenatrappe gekrönt wurde; und selbige (als Hammer-Gag) explodierte unerwartet bei dem ersten und vergeblichen Versuch Walther von Stolzings, in der Meistersingergilde Fuß gefasst zu haben: "Versungen und vertan!"

Der erste Teil des überlangen Dritten Aufzugs, der sich ausschließlich in Hans Sachs' Schusterstube abspielt, war auf einer ziemlich großen und nach hinten etwas angehobenen ovalen Scheibe angesiedelt. In ihr standen links, rechts sowie mittig auf dem mit zig Schusterhandwerkszeug getäfelten Heck drei Auf- und Abtrittsmöglichkeiten zur Verfügung. - Während des musikalischen Übergangs zum zweiten (Haupt-)Teil von Akt III wurde die Scheibe von den Lehrbuben und andern Nürnbergern des folgenden Geschehens leer geräumt, sodass über, hinter und neben ihr der spektakuläre Festwiesen-Set sich gänzlich offenbaren konnte; über allem schwebte eine gigantische und vergnügt ihre Beine und ihr pralles Euter in die Luft reckende aufblasbare Kuh; und Eva (als von ihrem Erziehungsberechtigten Veit Pogner angepriesene Siegertrophäe) stak ganzkörperlich in einem überdimensionalen Blumen-Buket (Kostüme: Susanne Hubrich) und harrte so der Dinge, die da auf sie zu kämen...

Hochprofessionell: die Personenführung durch den Regisseur! Er konnte/ kann sowohl die Einzelnen als auch die "Masse" glaubhaft hin und her bewegen; dahingehend kam nie Langeweile auf.

Die Besetzungsliste bot vorab schon Anlass, um sich diesbezüglich auf die Meistersinger vorfreudigigermaßen einzustellen:

Hochgespannt war ich, wie der seit 14 Jahren erstmals wieder in Bayreuth engagierte Michael Nagy (er war 2011 als Wolfram in Baumgartens Tannhäuser besetzt) als Beckmesser debütieren würde. Und das machte er erstaunlich gut - fernab jeglicher Karikierungsambitionen, die zumeist mit einem stimmverzerrten Eigensound einhergehen; mit dieser Unsitte hatte dann auch bereits Johannes Martin Kränzle unter Philipp Jordan deutlich brechen können! Nagys Stadtschreiber wirkter sehr jung und sportlich, und die Selbsthybris, aus der er seine Sing- und Song-Avancen gegenüber Ev'chen speiste, sollte auch im Elvis-Preslay-artigen Gebrauch seiner teils herzaufleuchtenden Gitarre kulminieren.

Eigentliche Hauptabräumer dieser Produktion waren dann Michael Spyres sowie Chistina Nilsson als vom Publikum schier angehimmeltes Liebespaar Walther & Eva; beide sangen lupenrein und hielten prima durch; mir wurde dieses Mal richtig bewusst, wie "schwergewichtig"- ausdauernd der Wagner seinen Walther angelegt hatte; für Spyres, der hiermit debütierte, null Problem.

Bayreuths Dauerliebling Georg Zeppenfeld sang den Sachs; ja und ich musste konstatieren, dass er zwar mit dieser Rolle wenig überfordert zu sein schien, aber die durchschlagende Power (nicht allein bei dem gegen den Festspielchor und das Festspielorchester lauthalsigen Ansingen seines "Verachtet mir die Meister nicht") kaum aufzubringen vermochte - fast würde ich ihn daher auch als fehlbesetzt bezeichnen wollen - - und erschwerend kam dann freilich noch hinzu, dass Daniele Gatti (zuletzt dirigierte er hier Herheims Parsifal 2008) wenig willens war, etwas zurückhaltender und sensibler auf die Gesangssolisten einzugehen; umso deutlich schöner gerieten ihm die kammermusikalischen Herausarbeitungen im Meistersinger-Vorspiel.

Großer Beifall, wie gehabt.



V.l.n.r.: "Schusterstubenquintett" mit Michael Spyres (als Walther von Stolzing), Georg Zeppenfeld (als Hans Sachs), Christina Nilsson (als Eva), Christa Mayer (als Magdalene) und Matthias Stier (als David) im Dritten Aufzug der Meistersinger von Nürnberg, 2025 | Foto (C) Bayreuther Festspiele/ Enrico Nawrath

Andre Sokolowski - 5. August 2025
ID 15394
BAYREUTHER FESTSPIELE (Festspielhaus, 02.08.2025)
Die Meistersinger von Nürnberg

Musikalische Leitung: Daniele Gatti
Regie: Matthias Davids
Bühne: Andrew D. Edwards
Kostüme: Susanne Hubrich
Chorleitung: Thomas Eitler-de Lint
Dramaturgie: Christoph Wagner-Trenkwitz
Licht: Fabrice Kebour
Choreografie: Simon Eichenberger
Besetzung:
Hans Sachs, Schuster ... Georg Zeppenfeld
Veit Pogner, Goldschmied ... Jongmin Park
Kunz Vogelgesang, Kürschner ... Martin Koch
Konrad Nachtigal, Spengler ... Werner Van Mechelen
Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber ... Michael Nagy
Fritz Kothner, Bäcker ... Jordan Shanahan
Balthasar Zorn, Zinngießer ... Daniel Jenz
Ulrich Eisslinger, Würzkrämer ... Matthew Newlin
Augustin Moser, Schneider ... Gideon Poppe
Hermann Ortel, Seifensieder ... Alexander Grassauer
Hans Schwarz, Strumpfwirker ... Tijl Faveyts
Hans Foltz, Kupferschmied ... Patrick Zielke
Walther von Stolzing ... Michael Spyres
David, Sachsens Lehrbube ... Matthias Stier
Eva, Pogners Tochter ... Christina Nilsson
Magdalene, Evas Amme ... Christa Mayer
Ein Nachtwächter ... Tobias Kehrer
Festspielchor
Festspielorchester
Premiere war am 25. Juli 2025.
Weitere Termine: 05., 11., 14.08.2025


Weitere Infos siehe auch: https://www.bayreuther-festspiele.de


https://www.andre-sokolowski.de

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