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Dokumentarfilm

Des Glückes

Schmiede



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Im Königreich Bhutan steht das Glück an erster Stelle, denn dem Drachenkönig Jigme Khesar Namgyel Wangchuck als Repräsentant einer konstitutionellen Monarchie ist das Bruttonationalglück seines Volkes wichtiger als das Bruttoinlandsprodukt. Aus diesem Grunde werden regelmäßig Volksbefrager losgeschickt, die Fragebögen mit 148 Fragen ausfüllen, um sich eine Übersicht über die Befindlichkeit des Volkes zu verschaffen. Das ist eine ernst zu nehmende Aufgabe, die mit wissenschaftlicher Präzision gelehrt wird und ausgeführt werden soll. Amber Gurung, der zusammen mit seinem Kollegen Guna Raj Kuikel unterwegs ist, steht im Mittelpunkt dieser Dokumentation des bhutanischen Regisseurs Arun Bhattarai und der Ungarin Dorottya Zurbó. Agent of Happiness - Unterwegs im Auftrag des Glücks ist ein warmherziger und mitunter heiterer Film, der uns in die faszinierenden Städte und Dörfer, vor allem aber die atemberaubende Landschaft im Himalaya entführt.

Zuerst werden einige Menschen befragt, die einen hohen Glücks-Index haben. Es sind teils einfache Leute, darunter eine Frau, deren einzige Kuh gerade gekalbt hat. Das gibt 10 Punkte auf der Skala von 1 bis 10. Gerade in den ländlichen und teilweise sehr abgelegenen Regionen ist die Anbindung an den Buddhismus sehr stark, bei dem die Ausrichtung auf materielle Güter nicht im Vordergrund steht. Der alte Mann Tshering gehört zu denen, die nicht glücklich sind. Er hat seine Frau verloren und vermisst sie sehr. Da gibt es nicht so viele Punkte auf der Skala, aber durch seinen Glauben an die Wiedergeburt wird er gestärkt und ist trotzdem zuversichtlich. Tashi dagegen versucht ihrem Mann aus dem Weg zu gehen. Sie ist eine von drei armen Frauen, die der wohlhabende Patriarch geheiratet hat, der sehr von sich überzeugt ist. Tashi müsste eigentlich unglücklich sein, aber die drei Frauen haben eine wunderbare schwesterliche Gemeinschaft gebildet, die sie genießen.

Yangka ist erst 17 Jahre alt und muss wegen ihrer alkoholkranken Mutter und des abwesenden Vaters die Rolle des Familienoberhaupts übernehmen. Dabei kümmert sie sich rührend um ihre Mutter und ihre kleine Schwester. Manchmal kommt dabei die Schule zu kurz, doch die Familie ist ihr wichtiger. Sie wünscht sich auch, dass ihre Mutter in ihrem nächsten Leben wieder ihre Mutter wird, aber nur, wenn sie dann nicht trinkt. - In der Stadt treffen die Volksbefrager auf eine tieftraurige Frau. Dechen ist eine Transgender-Performerin und das ist in einem Land wie Bhutan schon recht schwierig. Eine allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz wird sie eher schwer finden, denn das Glücks-Konzept funktioniert mit einer homogenen Gesellschaft offensichtlich am besten: Eine Nation, eine Sprache, eine Kultur, eine Weltanschauung, eine Staatsreligion (der Buddhismus), ein König als Repräsentant und erwünschte Heimatliebe. - Aber Dechens Mutter steht unverbrüchlich hinter ihr und liebt sie, so wie sie ist. Die Mutter ist allerdings schwer krank und bereitet Dechen darauf vor, dass der Verlust zum Leben gehört. Derweil schaffen die beiden erinnerungswürdige Momente und schmieden ihr Glück ein Stück weit selbst.

Regisseur Bhattarai schildert die befragten Menschen:


„Die Art, wie sie ihr Leben annehmen, ihre Liebe und Kraft hält unserer eigenen Suche nach Glück den Spiegel vor. Der Film lässt den Zuschauer an sein eigenes Leben und die eigenen Kämpfe denken, und ermutigt insbesondere auch das bhutanische Volk, über die im Film gezeigten Themen zu sprechen.“


Der Film ist in allem sehr dezent, aber das Regie-Duo zeigt schon, dass das „Glück“ staatlich verordnet ist. Ausschnitte aus Fernsehprogrammen vom König und glückselige Lieder, die das Land und sein Volk besingen, sind schon propagandistisch. Nun, es ist eine Binsenweisheit, dass die Energie der Aufmerksamkeit folgt, und wenn die Aufmerksamkeit auf das Thema Glück gelenkt wird, gereicht das nicht zum Schaden. Glück hängt nicht nur vom Zufall ab, sondern auch von der inneren Einstellung und der Würdigung dessen, was man hat.

Aber auch das Glück hat seinen Preis, denn es gilt nicht für alle. Im Laufe des Films erfahren wir, warum der Volksbefrager Amber nicht verheiratet ist. Er ist mittlerweile 40 Jahre alt, kümmert sich liebevoll um seine bettlägerige Mutter, führt den Haushalt kompetent und kocht versiert. Amber hat es auch zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Eine schöne und gut eingerichtete Wohnung, ein Auto, ein Motorrad, eine teure Kamera mit Objektiven und ein Smartphone machen ihn für bhutanische Verhältnisse zu einer guten Partie. Da er außerdem ein empathisches und einnehmendes Wesen besitzt, müssten ihm die Frauen hinterherlaufen. Aber: Amber wurde zwar in Bhutan geboren, seine Vorfahren stammen aber aus Nepal. Er bekommt deswegen keinen Pass, obwohl er immer wieder Anträge stellt. Deswegen hat der nahezu vollkommene Ehemann, Schwiegersohn, Schwager und zukünftige Vater noch keine Frau gefunden.

Der Film spart Einzelheiten aus, aber vor knapp vierzig Jahren lag der Anteil der aus Nepal stammenden Migranten im Süden Bhutans bei 50 Prozent. Damals mussten 100.000 Nepali das Land verlassen. Auch für diejenigen, die bleiben dürfen, wie der betroffene Regisseur Bhattarai, ist das Leben im Land des Glücks eingeschränkt. Aber im Film herrscht keine Bitterkeit. Amber tanzt gerne zu den glückseligen Liedern und ein Mönch hat ihm weisgesagt, dass er in den nächsten zwei Jahren eine Frau und sein Glück finden wird.

Bhattarai erläutert:


"Diese Geschichten ziehen uns an, die intimen Situationen des Lebens, die unsere kulturellen Unterschiede egalisieren und mit denen wir das Vertraute im Anderen zeigen können – die universellen Werte und die Gefühle, die uns alle verbinden, wo auch immer auf der Welt wir leben... Wir glauben auch, dass es wichtig und unsere Aufgabe als Künstler ist, in schwierigen Zeiten positive Geschichten zu erzählen."


In der Tat tut es gut, auf eine optisch reizvolle und von den Geschichten her herzerwärmende Reise zu gehen, die die meisten Zuschauer wohl mit einem Lächeln im Gesicht beenden.



Die Regisseure Arun Bhattarai (r.) und Dorottya Zurbó (l.) und ihre Protagonisten Amber Gurung (2.v.l.) und Guna Raj Kuikel (2.v.r.) © Suraj Bhattarai

Helga Fitzner - 3. Juli 2025
ID 15348
https://www.filmweltverleih.de/


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