Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 6

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Kurzporträt


ANDRE SOKOLOWSKI

TEXTE FÜRS THEATER

mail@andre-sokolowski.de

www.andre-sokolowski.de

Kurzvita
  • In Gera geboren
  • gelernter Wirtschaftskaufmann, Funker bei der NVA, Kulturarbeiter, Hilfspfleger, Packer, Museumsbibliothekar, Buchhändler, freier Autor bei "KULTURA-extra"
  • 1985-88 Studium am Institut für Literatur "Johannes R. Becher", Leipzig
  • 1990 Bühnendebüt mit PORNOSZENE am Theater Kohlenpott, Herne (Regie: Willi Thomczyk)
  • 1991 Stipendiat der Dramatikerwerkstatt für das Kinder- und Jugendtheater an der Bundesakademie, Wolfenbüttel
  • 1993 Förderstipendium der Literaturstiftung Ruhrgebiet, Gladbeck
  • 1996 Arbeitsstipendium des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft, Bildung und Kultur
  • 1996/97 Regiehospitanzen bei Andreas Homoki, Konstanze Lauterbach und Wolfgang Storch (Oper und Schauspiel Leipzig)
  • 1998 Nominierung von ISOLDES LIEBESTOD zum Dramatikerpreis der Hamburger Volksbühne
  • 2005 STRANDBRUCH (UA Theaterakademie Vorpommern)
  • 18./19.11.2006 KLAUS MANN STIRBT. (UA als Performance im "Ausland", Berlin)
  • in Arbeit: Romanprojekt (seit 2007).
  • lebt in Berlin


Nachgestellte Handlungsschrägen aus dem

Leben: Andre Sokolowskis Traurige

Bürgerspiele


Seine Theatertexte und Hörstücke sind Grotesken, Ausfälle und Ausfälligkeiten. Die beiden Antipoden Heiner Müller und Werner Schwab können zu Sokolowskis Geistesverwandtes gerechnet werden, auch wenn ihr utopisches Potential mittlerweile aufgebraucht ist: Heftig, schrill und bitter geht es zu in diesen szenischen Fantasien. Sokolowskis Bühnensprache ist oftmals ähnlich der Schwabs eine kuriose Mischung aus gestelzt pathetischer Kunst- ("Nachbar Tier, geboren so wie ich") und neologistischer Fäkalsprache ("Er war der erste meiner Kunden der sich, nach dem Sexualigen, für meine Kurzvita als Halbwaise und Waise irgendwie interessierte."). Wie bei Müller verrotten deutsches Bildungsgut und deutsche Geschichte in schiefer Eintracht. Daneben gibt es die Unantastbaren, die Leidenden: Märtyrer wie der Dichter der Forelle Christian Friedrich Daniel Schubart, Hans Henny Jahnn oder Klaus Mann. Eigenwillig in Form und Sprache sind Sokolowskis Texte, manchmal schnoddriger Trash mit sozialkritischer Schlagseite, teilweise herber Camp wie das Hörstück Die Phettbergfarm (2001), das den österreichischen Moderator Hermes Phettberg bei seinem Sommerschlaf auf einer Schlankheitsfarm von den "total bekloppten Showmastern" Fräulein Gaga und Herr Mac aufmischen lässt. Oder wenn in Isoldes Liebestod (1996/97) der "stadt- und landbekannte Münchner Modezar" Mammhoser vor dem "militanten Plebs" (namentlich dem "Asozialenpärchen Tristan und Isolde") flieht, seine tote Mutter "Elisabeth Königinmutter" eigenhändig mumifiziert und ins selbstgebaute Mausoleum stellt.

Ist die frühe Pornoszene(1990) noch die surreal verfremdete Zerfleischung dreier "Hunde", so beschäftigt sich Sokolowski in den folgenden Stücken zunehmend mit der deutschen Vergangenheit und Gegenwart, die er am liebsten möglichst schillernd kurzschließt wie in Schopenhauer als Homunkulus (Asteroid) (1992-94), das "überhaupt nichts mit dem Schopenhauer zu tun hat, obgleich sein Hund, irgend so ein Scheißpudel, mitspielt". Besuch bekommt der alte Griesgram von Flauberts geschult Sentimentalen Bouvard und Pécuchet, "den beiden Bibliothekaren aus Frankfurt (Deutsche Bibliothek)", "die ihre Arbeitgeber-Anstalt sprengen, nach Südfrankreich fliehen und am Schluss an lächerlicher BSE verenden". Sokolowski lässt einen gefräßig großen Einzugskreis um seine Figuren und Handlungen entstehen wie den Pilz einer Bombenexplosion, wie schwarze Sinn-Löcher.

Denn oft (ver-)zweifelt Sokolowski am Sinn von Welt und Geschichte, dann sagt er das den beiden gern auf offener Bühne wie in Nürnberg West End 92 (1992) oder in Kutscher des Tods, das Herrn Eicheldaus, gewesener Reichsverweserer der DDR, beim Skatspielen vor den Pyramiden von Gizeh mit "fingierten Fundamentalisten" und Chormitgliedern der Berliner Philharmoniker konfrontiert, bis es zu Bombenanschlägen kommt. Nicht selten geht es finster und hoffnungslos zu: So in der apokalyptischen Neuauflage von Lessings Nathan, Whirlpool. Nach der Schlacht (1992/97), das die drei Figuren Schwarzer (Bassa), Roter (Bernstein) und - nein, nicht Goldener, nur gut deutsch: Blonder ansiedelt im "Niemandsland im Kesseltal westöstlich des umfangenden Gebirgs, das sich von Nord bis Süd und umgekehrt, wie auf der Karte steht, ermisst: Auf jenem wüsten Fleck oder auch unter jenem, je nachdem, befindet (nein - befand) sich bis zuletzt der letzte internationale Männerpuff", in dem skrupellos über Religionen und anhängende Menschen verhandelt wird.

Sokolowskis momentanes Projekt ist sein bislang umfangreichstes: Das FLÜSSIGKEITEN UND GEZEITEN Welttheater, das er 1995 mit dem "Bubenstück" Max und Moritz bei den Blütigern begonnen hat ("Max & Moritz suchen nach dem Sinn des Lebens, sie sind schwul und glücklich"). Das Pärchen trifft in Blütige auf die Protagonisten aus Buschs Vorlage (hier Herr und Frau Bolte, die sich erst noch selbsttätig zur Witwe macht). In der Fortsetzung Käsekoller. Frauenstück (1995) fliehen die beiden auf die Fraueninsel, wo das Matriarchat herrscht: Die drei Nymphen Rubens, Watteau und Böcklin, angeführt von der Obernymphe Renoira, fliegen in einem Hubschrauber Patrouille, denn es sollen und dürfen keine Fremden mehr ins Land. Hier wird nur die/der geduldet, die ein "ausgesprochen feminines Lebensschicksal" hat wie beispielsweise der androgyne Kapitän, der eine Art Seebestattungsunternehmen führt - und das alles unter dem Kommando einer gewissen Emme Emmenthaler.

Sokolowskis Stücke überzeugen gerade da, wo sie sich selbst nicht allzu ernst nehmen. Nicht selten geht es der Wohlstandsgesellschaft im "Endstadium der abendländischen Zivilepoche", die "aus einem Sattgefühl" heraus lebt, an Gewissen und Kragen. Am liebsten sieht Sokolowski seine Figuren in Extremlagen, lässt sie im überspanntesten Ton sprechen, in der "gröbsten aller Menschheitsdaseinsformen zwischen Liebe, Hass und Tod". Exemplarisch könnte dafür Klaus Mann stirbt. (1998) stehen, einer der besten Theatertexte, die Sokolowski bislang geschrieben hat, in seiner atmosphärischen Dichte und klaustrophobischen Sprache durchaus mit Genets Zofen vergleichbar.


Achim Stricker - 6. Juni 2002


  Anzeigen:



THEATER Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BALLETT |
PERFORMANCE |
TANZTHEATER

CASTORFOPERN

DEBATTEN
& PERSONEN

FREIE SZENE

INTERVIEWS

PREMIEREN-
KRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski

URAUFFÜHRUNGEN


Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal


Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)