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nachDRUCK # 6

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Doppel-Besprechung

La fedeltà premiata

(Premiere in Zürich)




Les Arts

Florissants


(Gastspiel in Berlin)



Das ist Martina Janková. Sie sang am Opernhaus in Zürich jüngst die Hauptpartie in Joseph Haydns La fedeltà premiata, und sie war phänomenal hierin... - Foto (C) www.opernhaus.ch


Das Opernhaus in Zürich ist ein schnuckeliger Bau, und man ist drauf und dran, sich in ihm wohl zu fühlen. Es ist nicht zu warm und nicht zu kalt in ihm, man sitzt auch nicht zu eng und... scheint auf jedem Platz, so wie ich das von mir aus (2. Rang und 5 Reihe, mittig) "so nach unten" auserkunden konnte, ziemlich gut zu sehen - sicherlich auch von den hübschen Seitenlogen, also ziemlich vorne, Höhe 1. Rang; da kann man auch sehr gut betuchtes und beschmucktes Publikum besichtigen; es sitzt dann, quasi Ellenbogen an Ellenbogen, mit nicht ganz so gut betuchten und beschmuckten Individualgestalten in den Nachbarlogen, die vielleicht auch überhaupt nicht keinen Wert "auf so was" legen würden, traut und in der ausgewogenster Gediegenheit bei'nander... / Zürich ist ja eine Bank- und Geldstadt; und die Oper funktioniert als Aktiengesellschaft (!); ja, auch so was gibt es. // Und das Zürcher Opernhaus war ja schon immer eine von den angesehensten und krisenfreiesten Adressen in dem großen Musentempelrund. Hier sang und singt und dirigierte/dirigiert die Weltelite, sozusagen. Es ist eine der wohl unspektakulärsten Selbtstverständlichkeiten für die Eidgenossen; und man brüstet sich nicht groß mit dieser Tatsache, es war und ist halt das Normalste von der Welt. Die Eintrittspreise sind sehr konsequent gepfeffert - - aber was bedeutet schon gepfeffert, wenn die Bude so und so dann immer voll ist, oder?
Doch nicht ganz so voll - das stellte ich verwundert fest - war die Premierenvorstellung von Joseph Haydns La fedeltà premiata. Ich sah Dutzende von leeren Plätzen, und die insgesamte Stimmung während/nach der Vorstellung war auch nicht überschwänglich:

Es ist eine (wiederholte) Ausgrabung im Haydnjahr. Denn vor Jahrzehnten hatte der berühmte Jean-Pierre Ponelle diese Schaf- und Schäferoper - Handlung ist so sinnlos, dass sie sich nicht nacherzählen lässt - schon einmal und an gleicher Stätte für die Schweiz erstaufgeführt. Es muss eine sehr sehenswerte Inszenierung gewesen sein, und sicherlich lief sie schon damals mit Erfolg und hielt sich etwas länger als gedacht im Spielplan. Ob das diesmal auch so wird, das wage ich so nicht vorherzusagen, denn: Die Buhs für das Regieteam Herzog/Neidhardt am Premierenabend würde ich so nicht als allgemeine Richtungsvorgabe für eine Annahme oder Verweigerung der Produktion gewertet haben wissen...



Der Bärtige im Hintergrund sieht doch so ähnlich aus wie der Bin Laden, oder? Aber La fedeltà premiata ist am Zürcher Opernhaus in Indien angesiedelt, also kann es nicht Bin Laden sein, aber man kann sich ja auch irren... - Foto (C) www.opernhaus.ch


Auf jeden Fall: Die Blumenkindersichtweise des Inszenators weckte in mir anfallartig Gähnkrämpfe, und zwar in einem Fort. Ich dachte erst, als ich Carlos Chausson beim Barte des Bin Laden auszumachen wähnte: O! was Aktuelles!! ha!!! das Stückchen spielt nicht auf der Weide, sondern irgendwo weit in den Bergen!!!! prima Gleichnis mit dem Al-Kaida-Camp!!!!! Aber ich irrte mich... das Lustspiel war in Indien (??????) angesiedelt oder so...

Auch musikalisch - außer Marina Janková - nicht mehr als gutes Stadttheaterniveau.

Trotz Adam Fischer, dieser absoluten Koryphäe in Betreffsachlage Joseph Haydn. Doch es nützte und es nützt rein nix: Aus dem Orchestergraben klang es irgendwie doch dünn und flachbrüstig; Fischer setzte auf eine Minimalbesetzung, und ein jedes auch nur noch so ungewolltes Pätzerchen ließ einen arg zusammenzucken; "alte" Hörner spielen sich halt wahnsinnsschwer...

Ernüchternder kann man sich einen allerersten Abend in der Oper Zürich sicherlich nicht denken.



William Christie hatte Les Arts Florissants gegründet. Das ist ein Instrumental- und Gesangsensemble, was sich auf die Pflege der (französischen) barocken Musik kaprizierte und kapriziert. Es gibt unzählige Plattenaufnahmen.

Einmal jährlich können sich junge Nachwuchssängerinnen und -sänger bei W. C. bewerben, und dann gibt es ein Auswahlverfahren, und zum Schluss des Ganzen, also jedes Jahr, das Projekt Le jardin des voix Mit CD.



William Christie und Les Arts Florissants gastierten mit ihren Nachwuchstalenten 2009 im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin - Bildquelle: arts-florissants.com


Sechs waren's dieses Jahr [Namen s.u.]:

Und William Christie suchte für sie ein musikalisches Programm heraus, was auf die jeweiligen Stimmen der Talente zugeschnitten wurde; damit gehen sie jetzt, auch wie jedes Jahr, quasi auf Welttournee. Und eine der Stationen ist und war Berlin:

Sie boten ihren Zuhörern und Zusehern - Bewegungen, und also Schrittfolgen sowie markante Gesten hatte Vincent Boussard einstudiert - so was wie einen schönen Querschnitt durch den unendlichen Kosmos der barocken Opernwelt. Und insbesondere im zweiten Teil ließen sie ihren stimmlichen Verführungskünsten an den Werkausschnitten Campra's und Rameau's sehr ungezügelt einen allerliebsten Lauf.

Eine oder einen der Sechs hervorzuheben hieße, alle anderen zu "disqualifizieren"; geht in diesem Falle nicht!!!!!!

Es gab drei Zugaben.

Die Leute tobten vor Begeisterung.


Andre Sokolowski - 4. März 2009
ID 4224
LA FEDELTÀ PREMIATA von Haydn (Premiere am Opernhaus Zürich, 01.03.09)
Musikalische Leitung: Adam Fischer
Inszenierung: Jens-Daniel Herzog
Ausstattung: Matthis Neidhardt
Besetzung: Marina Janková (Fillide/Celia), Javier Camarena (Fileno), Eva Mei (Amaranta), Sandra Trattnigg (Nerina), Christoph Strehl (Lindoro), Gabriel Bermúdez (Perrucchetto), Carlos Chausson (Mlibeo), Anja Schloser (Diana) u. a.
Orchester der Oper Zürich
http://www.opernhaus.ch


LE JARDIN DES VOIX 2009 (Gastspiel im KMS der Philharmonie Berlin, 02.03.09)
Emmanuelle de Negri (S)
Katherine Watson (S)
Thila Nini Goldstein (S)
Maarten Engeltjes (Ct)
Sean Clayton (T)
Andrea Wolf (Bb)
Szenische Realisation: Vincent Boussard
Les Arts Florissants
Dirigent: William Christie
http://www.arts-florissants.com




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