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nachDRUCK # 6

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Besprechung

Blut und Boden

TIEFLAND von Eugen d'Albert an der Deutschen Oper Berlin

Höchstwahrscheinlich ist der Grund, weswegen Tiefland seit Jahrzehnten nicht mehr so geläufig auf den Spielplänen der deutschsprachigen Opernbühnen auffindbar war, der hier: Dass es wohl dem "Führer" seine Lieblingsoper sein sollte; genau weiß das der Geier.

Jedenfalls ist dieses Ding dann schon "verdächtig": Um Blut und Boden geht es, auch.

Sebastiano (Egils Silins) steht vor DER Entscheidung seines Lebens. Seine lehensknechtig ihm zu Diensten knieende Gefährtin Marta (Nadja Michael) muss schleunigst weggegeben werden, um den Boden für 'ne ordentliche Ehelichung für ihn frei zu machen; irgendeine Dame aus der Stadt, die sich in ihn und seine Mannespracht verstieg, könnte die Rettung aus den Schulden seines Grundbesitzes sein - man munkelt, die Familie dieser Dame wäre reich und renommiert. - Ein einfältiger Berghirte mit Namen Pedro (Torsten Kerl) wird dazu auserkoren, dass er sich des weggegebenen Stück Frauenfleisches ehelich bemächtigt. Welche urwüchsige Freude für den tumben Tor. Er ahnt natürlich überhaupt nicht, welche Perfidie hinter dem Ganzen steckt. - Im Allgemeinen weiß es jeder zwischen Berg und Tal, dass es 'ne "unblutige" Hochzeit werden würde; Pedro's Marta, die den Ahnugslosen freilich unerbittlich hasst, ist schon vor Dutzenden von Jahren defloriert worden. - Und alles kommt heraus, ja mehr noch: Justament zur anberaumten Hochzeitsnacht schleicht sich der "väterliche" Vergewaltiger ins Brautgemach, erinnert sich an die ihm gänzlich Hörige und zwingt sie, das mit ihm zu tun, was sie jetzt eigentlich mit Pedro machen sollte, und dieser muss, so will es Marta, in der Nebenkammer schlafen...

Hin und her.

Ab irgendeiner Stelle kippt die Handlung in das unerwartet Liebesfeurige und Mordsmäßige, denn: So wie in der Geschichte von der Schönen und dem Biest verliebt sich Marta, ur-urplötzlicher als ihr gestattet ist, in Pedro. Ihn erkennt sie jetzt als wahren Menschen an. Als Einen, DEN nämlich, der sie in Wirklichkeit total versteht und also widerliebt. Sie schreien und sie singen vollster Liebeskraft, verbinden und verbünden sich. Und Pedro tötet Sebastiano.

Was für ein tolldreistes Stück!!! Es hat den intellektuellen Anspruch eines Lorca, die Verbalverlautbarung vom Ganghofer, den notenschwangeren Exzess vom frühen Strauss. Und ist also im Ganzen so was wie ein Unding, dass es einem schier den Atem fast verschlägt.

Die Bude krachend voll. Das Publikum in Raserlaune. Die Besetzung kongenial. Die Inszenierung (Roland Schwab) bildlich klar und auf Distanz.

Und ich vermute mal, dass Tiefland zwanzig Jahre, mindestens, im Repertoire verhaften bleibt. Zu wünschen wäre es ihm.



Plakatmotiv zu Tiefland | (C) DOB


Andre Sokolowski - 12. Dezember 2007
ID 3609
TIEFLAND (Deutschen Oper Berlin, 08.12.2007)
Musikalische Leitung: Yves Abel
Inszenierung: Roland Schwab
Bühne: Hans Dieter Schaal
Kostüme: Renée Listerdal
Mit: Egils Silins (Sebastiano), Magnus Baldvinsson (Tommaso), Simon Pauly (Moruccio), Nadja Michael (Marta), Ditte Andersen (Pepa), Andion Fermandez (Antonia), Nicole Piccolomini (Rosalia), Jacquelyn Wagner (Nuri), Torsten Kerl (Pedro), Paul Kaufmann (Nando) und Andrey Malyuk (Eine Stimme)
Chor der Deutschen Oper Berlin
(Choreinstudierung: William Spaulding)
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 30. November 2007.
Weitere Aufführungen: 22., 28.12.2007 | 17., 20.01.2008

Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de




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