8. Dezember 2007, Neuinszenierung an der Deutschen Oper Berlin
TIEFLAND von Eugen d'Albert
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Plakat der Deutschen Oper Berlin zu ihrer neuen Produktion von Eugen d\'Alberts
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Höchstwahrscheinlich ist der Grund, weswegen TIEFLAND seit Jahrzehnten nicht mehr so geläufig auf den Spielplänen der deutschsprachigen Opernbühnen auffindbar war, der hier: Dass es wohl dem "Führer" seine Lieblingsoper sein sollte; genau weiß das der Geier.
Jedenfalls ist dieses Ding dann schon "verdächtig": Blut und Boden sind, um es sehr burschikos auf einen bäuerlichen Nenner einzudämmen, seine Hauptgesichtsnarbmale.
Sebastiano (Egils Silins) steht vor d e r Entscheidung seines Lebens. Seine lehensknechtig ihm zu Diensten knieende Gefährtin Marta (Nadja Michael) muss schleunigst weggegeben werden, um den Boden für 'ne ordentliche Ehelichung für ihn frei zu machen; irgendeine Dame aus der Stadt, die sich in ihn und seine Mannespracht verstieg, könnte die Rettung aus den Schulden seines Grundbesitzes sein - man munkelt, die Familie dieser Dame wäre reich und renommiert. / Ein einfältiger Berghirte mit Namen Pedro (Torsten Kerl) wird dazu auserkoren, dass er sich des weggegebenen Stück Frauenfleisches ehelich bemächtigt. Welche urwüchsige Freude für den tumben Tor. Er ahnt natürlich überhaupt nicht, welche Perfidie hinter dem Ganzen steckt. // Im Allgemeinen weiß es jeder zwischen Berg und Tal, dass es 'ne "unblutige" Hochzeit werden würde; Pedro's Marta, die den Ahnugslosen freilich unerbittlich hasst, ist schon vor Dutzenden von Jahren defloriert worden. /// Und Alles kommt heraus, ja mehr noch: Justament zur anberaumten Hochzeitsnacht schleicht sich der "väterliche" Vergewaltiger ins Brautgemach, erinnert sich an die ihm gänzlich Hörige und zwingt sie, das mit ihm zu tun, was sie jetzt eigentlich mit Pedro machen sollte - - dieser muss, so will es Marta, in der Nebenkammer schlafen...
Hin und her.
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Komm, Darling, die Welt kann uns am Arsche lecken! Torsten Kerl als Pedro sowie Nadja Michael als Marta fliehen, an dem toten Wolfsrudel vorbei, vom TIEFLAND in die Berge... - Foto (C) Markus Lieberenz
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Ab irgendeiner Stelle kippt die Handlung in das unerwartet Liebesfeurige und Mordsmäßige, denn: So wie in der Geschichte von der Schönen und dem Biest verliebt sich Marta, ur-urplötzlicher als ihr zu denken vorgestattet ist, in Pedro. Ihn erkennt sie jetzt als wahren Menschen an. Als Einen, d e n nämlich, der sie in Wirklichkeit total versteht und also widerliebt. Sie schreien und sie singen vollster Liebeskraft, verbinden und verbünden sich. Und Pedro tötet Sebastiano.
Was für ein tolldreistes Stück!!! Es hat den intellektuellen Anspruch eines Lorca, die Verbalverlautbarung vom Ganghofer, den notenschwangeren Exzess vom frühen Strauss. Und ist also im Ganzen so was wie ein Unding, dass es einem schier den Atem währenddes (die Aufführung stimmt irr!!!) verschlägt.
Die Bude krachend voll. Das Publikum in Raserlaune. Die Besetzung kongenial. Die Inszenierung bildlich klar und auf Distanz. Das Grunderlebnis:
D i e Erschütterung für Geist & Seele.
Rechne mal so hoch, wenn alles gut geht und die Deutsche Oper in den nächsten Jahren wohl erhalten bliebe, dass das TIEFLAND zwanzig Jahre, mindestens, im Repertoire verhaften bleibt. Zu wünschen wäre es ihm!
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Grandioses "TIEFLAND" an der Deutschen Oper Berlin
Musikalische Leitung: Yves Abel
Inszenierung: Roland Schwab
Bühne: Hans Dieter Schaal
Kostüme: Renée Listerdal
Besetzung: Egils Silins (Sebastiano), Magnus Baldvinsson (Tommaso), Simon Pauly (Moruccio), Nadja Michael (Marta), Ditte Andersen (Pepa), Andion Fermandez (Antonia), Nicole Piccolomini (Rosalia), Jacquelyn Wagner (Nuri), Torsten Kerl (Pedro), Paul Kaufmann (Nando) und Andrey Malyuk (Eine Stimme)
Chor der Deutschen Oper Berlin
Choreinstudierung: William Spaulding
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere am 30. November 2007 an der Deutschen Oper Berlin
Nächste Vorstellungen: 22. / 28. 12. 07 sowie 17. / 20. 01. 08
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Andre Sokolowski - red. / 12. Dezember 2007 - http://www.andre-sokolowski.de ID 00000003609
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de
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