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Rosinenpicken (54/55)

FESTTAGE 2009 mit Lohengrin

und der Filharmonica della Scala

Herheim-Inszenierung in der Staatsoper Unter den Linden, und Lang Lang als Bartók spielender Gastpianist in der Philharmonie Berlin



Daniel Barenboim ist, wie in jedem Jahr zu Ostern, unheimlicher Hauptstar bei den turnusmäßig und für ziemlich hohe Eintrittsgelder stattfindenden FESTTAGEN der Deutschen Staatsoper Berlin. Das änderte auf absehbare Zeit wohl niemand. Nicht mal der mit unverschämtem Vorschusslorbeer angekündigte und hier an diesem Haus zum zweiten Male inszeniert habende Stefan Herheim. (Wir erinnern uns mit Frust an seinen bildhektischen Parsifal vom letzten Jahr, den er mit vehementem Großanspruch dem Festspielhaus in Bayreuth aufgezwungen hatte; und obgleich der dann auch, außer Daniele Gatti's breiig-schönem Dirigat, nicht mal von der Besetzungsliste irgendeinem "weltstädtischen" Großanspruch genügen tat, bezeichnen wir ihn so, also im Nachhinein, als außerordentlich vergeblich abgelaufene Bemühung, seinem Vorgänger, also dem Schlingensief'schen Parsifal, das Wasser auch nur annähernd zu reichen.) Jetzt gabs also einen neuen Lohengrin, und Barenboim hat dirigiert und Herheim inszeniert:

Es ist ein streichsahniger und doch kraftstrotzender Lohengrin geworden. Nicht ganz eindeutig also, wem man dann dieses Mal die Krone musikalischer Geschöpftheit reichen soll: der edelholzig-goldmetall'nen Staatskapelle oder dem in Höchstform aussingenden Chor der Deutschen Staatsoper Berlin? So richtig aufhorchen jedoch tat man beim Traumpaar dieser Aufführung: Klaus Florian Vogt & Dorothea Röschmann. Beide sind sie "Lyriker". Er (Lohengrin) bringt einen unverwechselbaren Sound in das geschmetterte Gefüge, und man muss die Stimme, die geradlinig wie eine weiße Kerosinspur hoch am blauen Himmel ist, und die so völlig frei von jedem herkömmlichen Heldenpathos eines dickleibigen Schreihalses erscheint, als eine Art von Dauerwiederholung des aus einem Nichts herbeisegelnden Lohengrin-Vorspiels (= dem Inbegriff "romantischer" Musik schlechthin) bezeichnen dürfen; Vogt ist eine uneinordbar wohl tuende Ausnahmeerscheinung deutscher Un-Heldentenöre... dass er auch, gewiss, dann eines Tages ein ganz neues Tristan-Bild erschaffen könnte, müsste seiner Stimme, falls er sie nicht allzu früh verheizen lässt, zu Wohl und Trost gereichen. / Das, was also Vogt mitnichten aufbringt, dieses tenorale Tremolo, hat Röschmann (Elsa) umso mehr. Sie gilt zur Zeit vielleicht als beste Figaro-Comtessa aller Zeiten; und ihr Tremolo ist zwar, in summa, "sehr sehr viel", doch der Charakter dieses Tremolos scheint, ebenso wie Vogts geradeliniges Singen, kongenial für ihren zarten Part; sie tremoliert nicht, nein, sie flirrt. // Beide(s) zusammen, Vogt & Röschmann, machen Lohengrin & Elsa zu dem schönsten Traumpaar, was der Hörer sich nur denken kann!!

Dem gegenüber ist die Herheim-Sicht der Dinge kindsköpfig, um nicht zu sagen: infantil. Der müdeste der müden Witze dieses Abends: Die Choristen müssen, in der ersten Massenszene aus dem Ersten Akt, Plakate über sich erheben, die die Streitereien der Berliner Opernstiftung insistieren; und als ob das wirklich irgendwen der von weither zu diesen FESTTAGEN herbei gereisten Festspielreisenden interessieren würde. Auch lässt uns der Regisseur an seinen Kindheitstagen, wo er sich als Puppenspieler oder so gefiel, teilhaftig sein; alle Choristen, und auch alle Hauptdarsteller, müssen so mit Marionetten, die verhundertfacht den Wagner und/oder hornhelmige Brabanten imitieren, spielen. Doch nicht alles wirkt so blöd und flach, wie wir hier preiszugeben uns bemühen, denn: Wenn Herheim richtig parodistisch sein will, funktionieren Bilder oder Szenen gar nicht übel: Und so können wir uns fast des Lachens nicht erwehren, wie z.B. Michaela Schuster (Ortrud), ganz und gar genervt, mit dem Klein-Seelchen Elsa (Einzug in das Münster!) Katz und Maus spielt; Schuster lernen wir, im Übrigen, hier erstmals als eine vorzügliche Erzkomödiantin kennen.

* * *

Auch Lang Lang gefiel uns diesmal - ganz im Gegensatz zu seiner kindisch-seelenlosen Darbietung des Mendelssohn-Klavierkonzerts vor ein paar Monaten (Berliner Philharmoniker, Ozawa) - sehr sehr gut. Er war Solist bei Bartoks 2. Klavierkonzert. Das ist ein ungeheuer-ungestümes, uns im Technischen fast unbezwingbar vorkommendes Stück Musik. Elektrisierend. - - Und man sah, nicht unsympathisch, wie Lang Lang hiernach, als wäre er der eignen Sinne nicht mehr mächtig, schwankend und sehr mühevoll die eigne Contenance bewahrend, das Klavierpodium wieder verließ...

So ging der erste Teil des Gastauftritts der Filharmonica della scala.

Der zweite Teil bestand aus Berlioz' genialischer Symphonie fantastique. Und Daniel Barenboim - er arbeitet seit nunmehr drei Spielzeiten auch mit dem Ensemble (und Orchester!!) der Mailänder Scala zusammen; daher dieses Gastspiel - verzauberte den Saal in einen Hexenkessel.

Wusste Barenboim dann eigentlich, als er sein Zweit-Engagement (neben Berlin) antrat, mit was für tollen Musikern er dann zusammen musizieren würde?

Diese Filharmonica della scala ist der Hammer, irre-gut!!!!!


Andre Sokolowski - 12. April 2009
ID 4262


LOHENGRIN (Staatsoper Unter den Linden, 08.04.2009)
Musikalische Leitung: Daniel Barenboim
Inszenierung: Stefan Herheim
Ausstattung: Heike Scheele / Gesine Völlm
Besetzung: Kwangchul Youn (Heinrich), Klaus Florian Vogt (Lohengrin), Dorothea Röschmann (Elsa), Gerd Grochowski (Telramund), Michaela Schuster (Ortrud) und Markus Brück (Heerrufer)
Chor der Deutschen Staatsoper Berlin
(Choreinstudierung: Eberhard Friedrich)
Staatskapelle Berlin


FILHARMONICA DELLA SCALA (Philharmonie Berlin, 11.04.2009)
Lang Lang (Klavier)
Filharmonica della Scala
Dirigent: Daniel Barenboim


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de




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