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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

Florian

Hoffmann

nicht

verpassen!!!



Anna Samuil als DIE VERKAUFTE BRAUT an der Staatsoper im Schiller Theater - Foto (C) Bernd Uhlig


Die Staatsoper im Schiller Theater hat sich jetzt Die verkaufte Braut von Bedřich Smetana als "neues" Repertoirestück vorgenommen. Keine Ahnung, wann das Stück zuletzt an diesem Haus (vielmehr an der Institution der Deutschen Staatsoper Berlin) gespielt gewesen war - in den sauteueren Programmbüchern zur Mussbachzeit war wenigstens dann jedesmal in puncto Eigenchronik sowas nachzulesen; jetzt, trotz gut gemeinter PEFC-Zertifikation, findet sich nichts dergleichen mehr, statt dessen - wie gehabt - der völlig sinnlose Totalabdruck des Ganzlibrettos, und obwohl die Texte ohnehin als Übertitelungssegmente für so Leute, die's interessieren sollte, halsmuskelertüchtigend über der Bühne nachzulesen sind... Und sowieso stellt sich dann dieses Mal besonders hartnäckig die Frage, warum DIE VERKAUFTE BRAUT - entgegen des sich eingebürgert habenden Weltopernstadtgebarens - nicht im (tschechischen) Original geboten wurde; derart gut war/ist die deutsche Übersetzung Kurt Homolkas auch dann wieder nicht, dass das ein rechtfertigendes Pro-Argument gewesen sein sollte. Nun ja.

Gleich im Voraus: Mit der so pfiffigen und auf den "Ausverkauf der DDR" abzielenden Homoki-Inszenierung vor 10 Jahren, die bis diesen Monat immer noch den Spielplan der Komischen Oper in der Behrenstraße zierte, kann sich jetzt die aktuelle Produktion in B.-Charlottenburg (Inszenierung: Balázs Kovalik / Bühnenbild: Csaba Antal / Kostüme: Bettina Walter) wohl nicht im Geringsten messen. Vielmehr scheint sie aus dem Status einer wohl ambitionierten Stadttheater-Aufführung nicht großartig hinaus zu können; und womöglich liegt es an dem kindlich-kindischen Advent-Gewollten ihrer obzwar locker-bunten, aber umso unverbindlich-anbiedernden Hergestelltseinsweise resp. Becherovka'ischen Böhmer-Knödel-Art.

Der Regisseur hat aber schon paar hübsche Einfälle - muss man ihm trotzdem lassen: Beispielsweise tut er sehr didaktisch auf so Heimatlich-Verbindendes (wir unterstellen ihm jetzt freilich keine Anspielungen auf sudetendeutsche Tümeleien) durch das Auf- und Abfahren von Ausstellungsvitrinen, die mit reichlich Fundus aus 'nem Ethnologischen Museum hätten stammen können, permanent verweisen. Die entscheidendste und hocherfreulichste Idee von ihm ist aber letzten Endes seine Wenzel- oder Vašek-Zeichnung!

Der grazile und sowohl in Stimme wie in Darstellung so hochbegabte Florian Hoffmann gibt der sonst meist abgekanzelt-ausgegrenzten "Rand"figur ein menschlich-anrührendes Antlitz und sympathisches Gewicht!! Und wir erleben also einen echten Außenseiter (Stotterer und Mädchenfürchter sowie Muttersöhnchen obendrein) - und seine letzte Auftrittszene lässt dann plötzlich fast den Atem anhalten; da sprengt er, aus dem Bärenfell nur halb entschlüpft, mit einer Knarre in die Runde, und er läd die Knarre durch und ballert ganz brutal drauf los... der Chor kreischt auf und legt sich kurz in Deckung; diese Szene wie der Amoklauf von einem zeitlebens Verspotteten und Unterdrückten. Großartig!!!

Ansonsten - wie gesagt.

Vollkommen fehlbesetzt: die in den Höhenlagen nur noch schreiende Anna Samuil (als Marie) und der zumeist hervorgepresst gewesene Heldentenor von Burkhard Fritz (als Hans). Auch Oskar Hillebrandt (als Kruschina) nur angedeutet souverän in seinen Spitzentönen. Allenthalben hinterließen noch Adriane Queiroz (als Esmeralda) und Reiner Goldberg (als Zirkusdirektor) einen gut-gedieg'nen Eindruck.

Staatsopernchor und Staatskapelle hatten ein paar Synchronisationsprobleme zwischen Bühne und Orchestergraben - waren leider nicht zu überhören.

Karl-Heinz Steffens, der bis vor fünf Jahren noch als Solo-Klarinettist bei den Berliner Philharmonikern im Dienstverhältnis stand, leitete DIE VERKAUFTE BRAUT vom Dirigentenpult aus.

Anstandsbeifall.



Florian Hofmann (als Wenzel) in Massacker-Laune in der neuen Inszenierung der VERKAUFTEN BRAUT an der Deutschen Staatsoper Berlin - Foto (C) Bernd Uhlig


Andre Sokolowski - 20. November 2011
ID 5487
DIE VERKAUFTE BRAUT (Staatsoper im Schiller Theater, 19.11.2011)
Musikalische Leitung: Karl-Heinz Steffens
Inszenierung: Balázs Kovalik
Bühnenbild: Csaba Antal
Kostüme: Bettina Walter
Licht: Olaf Freese
Video: Thomas Zengerle
Choreograph: Marat Aliev
Besetzung:
Krušina ... Oskar Hillebrandt
Ludmila ... Agnes Zwierko
Mařenka ... Anna Samuil
Micha ... Andreas Bauer
Háta ... Daniela Denschlag
Vašek ... Florian Hoffmann
Jeník ... Burkhard Fritz
Kecal ... Pavlo Hunka
Ein Zirkusdirektor ... Reiner Goldberg
Esmeralda ... Adriane Queiroz
Muff ... Alin Anca
Chor der Deutschen Staatsoper Berlin
(Choreinstudierung: Eberhard Friedrich)
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 19. November 2011
Weitere Termine: 22., 26., 30. 11. / 2., 5. 12. 2011 sowie 10., 15., 26. 4. / 20., 23. 6. 2012


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de



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