13. Oktober 2007, Deutsches Schauspielhaus Hamburg
DIE ODYSSEE
von Ad de Bont (nach Homer)
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Konradin Kunze spielt den Götterboten Hermes in der über 4stündigen ODYSSEE am Deutschen Schauspielhaus Hamburg Foto (C) Oliver Fantitsch
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Der Niederländer Ad de Bont, der zu den meist gespielten Stückautoren nicht nur seines Landes zählt, hat für das Junge Schauspielhaus (dem so genannten Kinder- und Jugendtheaterteil am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg) eine Spielfassung der ODYSSEE verfasst. Sie läuft nun schon seit Februar mit großem Publikumserfolg. Sie fängt entweder jeweils vormittags um 10 bzw. nachmittags um 15 Uhr an, dauert fast fünf Stunden, und es wird sogar in Pause 2 mit einem Sandwich, einer Flasche Mineralwasser und einem Snicker allgemein verpflegt.
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Hermann Book und Maureen Havlena sind Odysseus und Penelope in der ODYSSEE von Ad de Bont am Deutschen Schauspielhaus Hamburg - Foto (C) Oliver Fantitsch
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Klaus Schumacher ist Regisseur des umfänglichen Unternehmens; ihn belobigte man vor nicht allzu langer Zeit als Ersten mit dem Bühnenpreis "Der Faust", und er bekam ihn für sein ausgewiesen-unschlagbares Engagieren insbesondere für junges Publikum. Seine Idee nun war, die zwei/drei Vorlagen de Bont's sehr deutlich voneinander abzutrennen und das Publikum zur Handlungsmitte hin zu splitten, so: Teil 1 und 3 spielen im langreihigen großen Malersaal, Teil 2 im Rangfoyer oder im Marmorsaal. Der insgesamte Rahmen ist die "tatsächliche" ODYSSEE (Teil 1 und 3); die beiden Zwischenstücke (HARAM / DESAPARECIDOS) haben zeitgenössischen Bezug und Inhalt. Letztere sind dann wohl auch die viel viel spannenderen Stückgeschichten an dem insgesamten Unterfangen. Da man sich jedoch für eins der beiden Zwischenstücke vorher schon entscheiden musste, blieb das andre sozusagen unerlebt; in meinem Falle hatte ich es mit DESAPARECIDOS zu tun:
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Es spielt im faschistisch beherrschten Argentinien der Siebziger, und erzählt wird die Geschichte eines 11jährigen Jungen, den ein maßgeblicher Henkersknecht der damaligen Soldateska (und nachdem der vorher noch die Mutter dieses Jungen tot gefoltert hatte) als sein Eigen adoptiert und seiner kinderlosen Gattin zum persönlichen Geschenk darreicht. Hier wächst der Knabe auf.. und als er eben 11 geworden ist, erfährt er, mehr durch Zufall, von der eigentlichen Herkunft seiner selbst. Diese Geschichte geht an Herz und Nieren, und man hat sehr lang zu tun, um peu à peu dann wieder in den Larifari-Text nach der Homer'schen ODYSSEE zurückzufinden. Denn das muss an dieser Stelle doch sehr eindringlich bemerkt sein: Dass dem Autor hier (im ODYSSEE'schen) nicht viel mehr als langatmiges Hergekaue oder pures Aufquatschen von Slangigem, sicher zur zeitgemäßen Mutermachung zwischendurch, geraten sind; im Dramaturgisch-Sprachlichen also mehr desaströs zu nennen.
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Ungeachtet dessen: Es wird gut gespielt, das überwiegend jugendliche Publikum scheint außer Rand und Band zu sein; mehr kann und soll man nicht erwarten, wenn's ums Nacherziehen gehen soll. (Wie schmerzlich wirds dem Ostler da mit einem Schlag bewusst, wenn er bedenkt, dass im gesamten Bildungsabschnitt von zehn Jahren Schule die Antike generell nicht stattgefunden hat; so musste alles das, wer konnte oder wollte, durch ein eiferiges Selbststudium sehr fleißig "antrainiert" sein ... und so ging es mir zum Beispiel.)
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Andre Sokolowski - red / 18. Oktober 2007 ID 3482
www.andre-sokolowski.de
DIE ODYSSEE von Ad de Bont (nach Homer)
Regie: Klaus Schumacher
Bühne: Katrin Plötzky
Kostüme (Klassischer Teil): Ulli Smid
Kostüme (Haram und Desaparecidos) : Katrin Plötzky
Musik: Tobias Vethake
Video: Jürgen Salzmann Licht: Susanne Ressin
Dramaturgie: Florian Vogel
Theaterpädagogik: Michael Müller
Mit: Hermann Book, Thomas Esser*, Maureen Havlena, Konradin Kunze, Peter Meinhardt*, Julia Nachtmann, Martin Wolf
Premiere war am 25. Februar 2007 im Malersaal, Rangfoyer und Marmorsaal des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg
Nächste Vorstellungen: 8., 9. und 10. 11. 2007
Weitere Infos siehe auch: http://www.schauspielhaus.de
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