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Sachbuch

Feede

& Feeder





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Es gibt Menschen, die sind so fett, dass sie das Bett kaum noch verlassen können. Mit Hunger ist ein solches Übergewicht sicher nicht zu erklären, und letztlich gehören zwei zu dem Phänomen. Tatsächlich kann der „Feede“, der Gemästete nur so dick werden, wenn ein Partner, der Feeder, der Stopfer, die Nahrung herbeischafft. Es gibt insbesondere Männer, die zu den sogenannten Fat-Admirers, den Fett-Bewunderern zählen und die das Füttern ihrer Partnerin als stimulierend empfinden. Monika Niehaus beschreibt Feeding oder Feederism und bezieht sich auf Fallstudien:


„'Alle (meine Bewunderer) ergehen sich in Fantasien, wie ich auf ihnen sitze oder liege oder sie einhülle', erklärt Supersize Betsy, ein Star der Fettbewunderer-Szene und mehr als 220 Kilo schwer, in einem Zeitungsinterview. 'Für sie ist es, als würden sie mit Schokoladensirup überzogen. Das ist kein Todeswunsch, es geht nicht ums Ersticken – es geht eher darum, diese Weiblichkeit zu spüren, die dich völlig umgibt (…) Wir Feedees sind sexuell ziemlich egoistisch, denn wir wollen nur daliegen und umsorgt und gefüttert und verehrt werden.'“ (S. 97)


Ist dieses eine sexuelle Spielart unter vielen anderen oder eine psychische Störung? Die Autorin, wie auch die meisten Experten enthalten sich einer Bewertung.

Das Hikikomori-Syndrom ist insbesondere für Japan beschrieben – Menschen, die seit Jahren, vielleicht sogar Jahrzehnten ihr Zimmer nicht mehr verlassen. Sie leben in einer eigenen Welt, schlafen meist tagsüber und lassen sich die Mahlzeiten von ihren Eltern vor die verschlossene Zimmertür stellen. Im Zeitalter von Internet, von Rollenspielen etc. können sie ohne echte menschliche Begegnungen leben und wollen dieses auch so. Doch vermutlich gab es solche Einsiedler schon in der Vergangenheit. So hat der Märchenkönig Ludwig II. nur in der Dunkelheit gelebt. Seine Diener arbeiteten im Verborgenen und stellten ihm die Speisen an bestimmte Orte, die er kurz danach aufsuchte. Seine Fantasiewelt lebte er in seinem illuminierten, doch menschenleeren Schloss aus.

Auch andere Syndrome werden im Verborgenen gelebt, sodass sie im Alltag vom Normalbürger kaum wahrgenommen werden. Gegeben hat es sie vermutlich schon immer, sie passen sich nur der aktuellen Zeit an. Bei dreißig ungewöhnlichen Phänomenen kann an dieser Stelle nicht jedes einzelne beschrieben werden. Niehaus ist es gelungen ein bemerkenswertes Sammelsurium zusammen zu tragen. Dabei geht es ihr nicht um Voyeurismus oder Effekthascherei, sondern um sachliche Beschreibungen, die interessant und lesenswert verpackt sind und die die Vielfalt der menschlichen Eigenarten und Schwächen aufzeichnen. Und da sitzt der Nobelpreisträger, der sich zum Experten über alles und jedes aufschwingt, genauso mit im Boot, wie der Blutsauger oder die Blutsaugerin, die zur erotischen Stimulation das Blut des Partners lecken.

Gegenüber dem Vorgängerband Die Frau, die ihren Mann für einen Doppelgänger hielt sind hier aus meiner Sicht noch ungewöhnlichere und weniger bekannte Fälle zusammengestellt, die ein eindrucksvolles Bild von der Vielschichtigkeit menschlicher Charaktere liefern.



Ellen Norten - 31. Oktober 2019
ID 11771
Verlagslink zu https://elibrary.hirzel.de/book/99.105015/9783777628103


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