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Ausstellung

Werke des Künstlerpaars Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin in einer gemeinsamen Ausstellung



Foto © Lenbachhaus

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Es ist eines der Highlights der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München. Das Gemälde Bildnis des Tänzers Sacharoff, gemalt 1909 vom russischen Maler Alexej von Jawlensky (1864-1941). In der grellroten Farbe des Gewandes und den schwarzen Haaren vor hellblauem Hintergrund stellt es ein Schlüsselwerk des Expressionismus dar. Zu sehen ist es in der Ausstellung LEBENSMENSCHEN, der ersten gemeinsamen Schau von Jawlensky und seiner Lebens- und Kunstpartnerin Marianne von Werefkin (1860-1938), ebenfalls bedeutende, in Russland geborene Malerin. Ein Jahr zuvor waren beide nach Murnau gekommen, wo sie mit Gabriele Münter und Wassily Kandinsky, einem noch bekannteren Künstlerpaar des deutschen Expressionismus und Gründungsmitglieder des Blauen Reiter zusammen die bayrische Natur studierten und in explodierenden Farben festhielten.

Nach der großen Retrospektive des Werks von Gabriele Münter vor zwei Jahren ist nun im Kunstbau des Lenbachhaus in Zusammenarbeit mit dem Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur Wiesbaden der künstlerische Werdegang des Paars Jawlensky/Werefkin zu verfolgen. Beginnend 1892 in Sankt Petersburg, über die Stationen München, Murnau, das Exil während des Ersten Weltkriegs in der Schweiz bis zur Trennung 1921, nach der beide ihren jeweils eigenen künstlerischen Ambitionen folgend in Ascona und Wiesbaden lebten und arbeiteten.

*

Die Ausstellung nennt sich LEBENSMENSCHEN als Ausdruck, wie wichtig der eine für den anderen nicht nur in der künstlerischen Entwicklung war. Es beginnt mit der Begegnung der beiden noch in Sankt Petersburg, vermittelt durch den großen russischen Realisten und Akademieprofessor Ilja Repin, bei dem Werefkin als Tochter eines hochrangigen russischen Offiziers Privatunterricht erhielt und sich bereits einen Namen als „Russischer Rembrandt“ gemacht hatte. Zeugnis davon sind vor allem das Selbstbildnis mit Matrosenbluse (1888) und der Mann im Pelz (1890). Um ihren Ambitionen zur Schaffung einer neuen modernen Kunst nachzugehen und den konservativen Verhältnissen in Russland zu entkommen, verlegen Jawlensky und Werefkin ab 1896 ihren Lebens- und Schaffensmittelpunkt nach München. Ermöglicht wurde das durch eine großzügige Pension des Zaren an den Vater Werefkins, die nach dessen Tod an die Tochter überging. Werefkin gab in München 10 Jahre lang das Malen auf, um den talentierten Freund zu fördern und gründete einen Kunst-Salon in der Giselastraße zu dessen Kreis auch der Tänzer Sacharoff gehörte.



Alexej von Jawlensky, Bildnis des Tänzers Sacharoff, 1909; Öl auf Karton, 69,5 x 66,5 cm | Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Foto © Lenbachhaus


Hier auch die erste Parallele der beiden Künstler. 1909 malt Werefkin ebenfalls den androgynen Tänzer, ein Portrait ganz in blauen Farben gehalten. Die linke Wand des langgestreckten Kunstbaus zeigt aber vor allem Jawlensky als Meister des Portraits, während Werefkin mit einem weiteren Selbstbildnis aus dem Jahr 1910 mit sprühend roten Augen glänzt. Jawlenskys Entwicklung zum Expressionismus vollzieht sich schrittweise, sichtbar gemacht an Gemälde wie Selbstbildnis mit Zylinder (1904), einem Bildnis von Marianne von Werefkin (1906), Dame mit Fächer (1909), einem Selbstbildnis (1912) und katzenaugigen, farblich stark changierenden Portraits von 1910-13.

Die Ausstellung zeigt weiter Werke der beiden im Vergleich zu den Themen Landschaft (Murnau und Prerow an der Ostsee) sowie Maskeraden mit Bildern zu Zirkus und Bühne. Während sich Alexej von Jawlensky in der Zeit nach der Trennung künstlerisch immer weiter bis zur Abstraktion entwickelte, blieb Marianne von Werefkin gegenständlich bei ihrer symbolistisch verrätselten „Seelenmalerei“ wie in Die törichten Jungfrauen (1921), Die Lebenden und die Toten (1924) oder Die leuchtende Stadt (1930). Sie greift in Die Grube (1926) oder Holzfäller (1932) auch wieder ländliche Sujets aus der Arbeitswelt auf. Relativ verarmt stirbt Werefkin in Ascona schon drei Jahre vor Jawlensky, der da an einer schmerzhaften Gelenkkrankheit leidend nur noch mühsam den Pinsel halten kann. Davon zeugen seine in Serie gemalten, wie Ikonen wirkenden Heilandsgesichter und mystischen Köpfe, die später nur noch ganz abstrakt aus ein Kreuz stilisierenden farblichen Strichen bestehen.

„Ein Leben ist viel zu wenig für alle die Dinge, die ich in mir spüre“, schreibt Marianne Werefkin schon früh in ihr Tagebuch. Jawlensky spricht noch in seinen Lebenserinnerungen von der Freundschaft zu einer „klugen, genial begabten Frau“. Warum diese nicht ein Leben lang hielt, wird in der Ausstellung nur gestreift. Der Maler unterhielt bereits früh ein Verhältnis zur sehr jungen Haushälterin der Werefkin und heiratet sie um beider Kind zu legitimieren. Sicher gab es auch künstlerische Auseinandersetzungen, aber um hier tiefer in die Materie eintauchen zu können, müssen Interessierte zu biografischer Sekundärliteratur greifen.
Stefan Bock - 13. Januar 2020
ID 11928
Weitere Infos siehe auch: https://www.lenbachhaus.de/


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