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DVD-Kritik

Wie die Mutter,

so der Sohn



Bewertung:    



Mögen Mädchen wirklich stets Rosa, Jungen eher Hellblau? Spielen Mädchen lieber mit Puppen, Jungen eher mit Spielzeugautos? Wie reagieren andere Kinder, wenn ein Vierjähriger darauf besteht, die Prinzessin zu sein? Was sagt es über einen Vierjährigen aus, wenn er gerne rosa Tüllröcke trägt? Werden Geschlechterrollen stets gesellschaftlich vorgegeben, und braucht es diese heteronormativen Vorbilder? Um diese Fragen kreist der vor drei Jahren von Silas Howard schön bebilderte und kurzweilige Film Ein Kind wie Jake [jetzt auch als DVD erhältlich].

*

Alles könnte so perfekt sein. Alex (Claire Danes) und Greg Wheeler (Jim Parsons) sind ein Elternpaar wie aus dem Bilderbuch. Sie sind jung, gutaussehend, smart. Sie nehmen sich viel Zeit für ihr einziges Kind, erscheinen dabei stets zugewandt. Nach dem Zubettbringen teilen sie mitunter sorgenvoll ihre Gedanken für das künftige Kindeswohl miteinander. Frühzeitig informiert die Kindergartenleitung (Octavia Spencer als lesbische Sympathieträgerin) das Elternpaar darüber, dass bald eine Anschlussschule für das Vorschulkind gefunden werden sollte. Dabei erklärt sie, Jake sei schon etwas Besonderes und es gebe Stipendien für Privatschulen.

Doch warum sollte das Elternpaar eine Privatschule für Jake in Betracht ziehen? Vorsichtig deutet die Kindergärtnerin an, dass effeminierte Jungen gerne Außenseiterschicksale teilen, wenn sie nicht gut betreut werden. Denn Jake möchte auch im Kindergarten lieber das Rapunzel-Kostüm tragen, als das eines Superhelden. Und Jake ist ganz schön stur, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Streitereien unter den lieben Kleinen scheinen vorprogrammiert. Ein mögliches Mobbing des Kindes wird in kurzen Szenen nur angedeutet.

Der Fokus des Films liegt auf dem Porträt der Eltern: Wenn Alex und Greg sich gegenseitig Vorwürfe machen, Rollenerwartungen nicht richtig vorzuleben, ist das sehenswert absurd: Hat Alex wirklich zu viele Disney-Prinzessinnenfilme für Jake gekauft? Ist Greg tatsächlich nicht männlich genug? Oder orientiert sich der Junge eher am Beispiel der Mutter, weil sie zu Hause bleibt und den Großteil der Erziehung stemmt? Interessiert sich Greg zu wenig für seinen Sohn? Ist Alex vielleicht selbst bieder, wenn sie dem wohlmeinenden Ansinnen der Kindergärtnerin am liebsten widersprechen möchte?

Wenn Alex und Greg Privatschulen für ihren bald Fünfjährigen in Augenschein nehmen, wird das US-amerikanische Bildungssystem hinreichend vorgeführt. Die Wahl der Schule erscheint bereits für das Vorschulalter als hochkomplexe Angelegenheit, in der scheinbar nur Bessergestellte punkten können und wenig begüterte Kinder Empfehlungsschreiben brauchen.

Die besorgte Übermutter Alex ist für Claire Danes eine Paraderolle. Schon in der Serie Homeland oder in der Titelrolle in Baz Luhrmanns Klassiker Romeo + Julia war sie mit ausdrucksstarker Mimik und nervöser Getriebenheit nah am Wasser gebaut. Jim Parsons mimt ihren Counterpart hingegen wie einen Ruhepol und Fels in der Brandung mit unbeweglicher Mimik. Er lässt ihre Angriffe einfach an sich abprallen. Doch leider fokussiert sich der Film zu wenig auf die Konflikte der beiden Hauptfiguren hinsichtlich vorgelebter Geschlechterrollen.

Eine ganze Reihe an Nebenfiguren und –Schauplätzen lenken vom Kernthema diversitygerechter Erziehung ab. Da gibt es die übergriffige und abweisende Mutter von Alex (Ann Dowd) oder Alex oberflächliche Freundin, die auch Mutter ist (Privanka Chopra), oder eine anspruchsvolle Klientin Gregs, der als Anwalt arbeitet (immerhin recht komisch: Amy Landecker). Wohlmeinende Restaurantgespräche mit Freunden münden in sinnentleerte Streitereien.

Immerhin entschädigt eine herzerweichende Schlussszene für den engagierten und doch ein bisschen faden Film. Beim Vorsprechen in der möglichen Schule darf Jake einen Rock tragen. Auf dem Nachhauseweg beugt sich Greg hinunter zu seinem Sohn und fragt ihn nach dessen Lieblingsprinzessin Aurora. Flugs heben beide Eltern den händchenhaltenden Jake mit Rock hoch gen Himmel. So schön, frei und kindeswohlorientiert könnte eine Kleinfamilie sein.
Ansgar Skoda - 22. Juli 2021
ID 13043
Weitere Infos siehe auch: https://www.kochmedia-film.de/dvd/details/view/film/ein_kind_wie_jake_dvd/


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