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DVD-Kritik

Vom Loslassen

und Abstürzen



Bewertung:    



Kräne bewegen sich um die eigene Achse. Sie transportieren Lasten, heben sie auf einer Seilwinde. Die Kamera fängt den Arbeitsalltag auf dem Bau ein. Die Perspektive richtet sich von oben auf moderne Innenstadtbauten in Montréal. Obwohl architektonische Großbaustellen gezeigt werden, beginnt der Film leise. Die Wohnblöcke und Gewerbebauten erscheinen ebenso kalt wie der winterliche Schnee auf den Freiflächen. Eine atmosphärische Ruhe und Langsamkeit der Kameraführung prägen das 133minütige Drama Akrobaten (2019). Die Kamera beobachtet den Gebäudebau meistens durch Fenster, vom Innenraum eines vollverglasten Appartements aus. Der kanadische Regisseur Rodrigue Jean, der auch das Drehbuch besorgte, lässt sich Zeit beim Erzählen. Die gezeigten, im Entstehen begriffenen anonymen Hochhäuser entfalten eine eigene Ästhetik.

Kaufinteressent Christophe (Sébastian Ricard) besichtigt eines dieser neuen, modernen Appartements und begegnet dort auf der Balkonveranda einem Fremden (Yury Paulau). Dieser Unbekannte, Micha, hat ein gebrochenes Bein und bewegt sich auf Krücken. Micha bittet Christophe, ihm zu helfen. Doch als Christophe herbeieilt, stürzt sich Micha auf ihn. Christophe wird überrumpelt und lässt sich sexuelle Übergriffe gefallen. Ein wortkarges, anonymes Verhältnis beginnt. Als Christophe die Wohnung kauft, sehen sich beide wieder. Die Begegnungen münden alsbald in SM-Exzesse, bei denen sich beide lustvoll erniedrigen. Die eher emotional verschlossen und abweisend wirkenden Männer lassen in diesen Momenten ihren belastenden Alltag hinter sich. Christophe besucht regelmäßig seine im Sterben liegende, demente Mutter (Lise Roy) im Krankenhaus. Der in Russland geborene Micha war Hochseilartist, bevor er sich verletzte. Er ist athletisch gebaut, aber durch seine Beinverletzung behindert und wohnungslos. Später sehen wir Micha, wie er missmutig bei Choreographie-Proben – etwa von Übungen am Trapez – andere Akrobaten beobachtet.

*

Akrobaten ist von Momenten des Schwebens und Fallens geprägt. Auf Michas Verletzung durch einen Absturz vom Hochseil folgte ein emotionaler Absturz ungeahnten Ausmaßes. Christophe verfällt zusehends dem verschlossenen Akrobaten. Einigermaßen erschütternd sind einige explizite SM-Szenen (FSK: 18 Jahre). Bemerkenswert sind insbesondere auch die authentisch und emotional gezeichneten Nebenfiguren (etwa Dominick Rustam Chartrand als verängstigter Pizzabote, der mit Geld genötigt wird, ein SM-Spiel zu beobachten). Figuren wie das Pflegepersonal im Krankenhaus oder eine Maklerin beim Appartementkauf bilden oft einen wirkungsvollen Kontrast zu den im Kontakt emotional gebremsten und oft destruktiv gezeichneten Hauptcharakteren. Leider sind Spannungsmomente recht vorhersehbar. Die Qualität der Beziehung der beiden Hauptfiguren und ihre Zugewandtheit zueinander werden nicht geklärt. Vieles bleibt offen. Eine Sicherung gibt es schlussendlich nicht, auch nicht beim Fallen vom Trapez.
Ansgar Skoda - 8. Januar 2021
ID 12681
Weitere Infos siehe auch: https://www.gmfilms.de/Akrobaten


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