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DVD-Kritik

Das Doppelleben der talentierten Miss Highsmith



Bewertung:    



„Warum schrieb Pat immer Bücher mit männlichen Hauptfiguren?“ Das fragt die Regisseurin Eva Vitija in Minute 35:40 Patricia Highsmiths ehemalige Lebensgefährtin, die US-amerikanische Schriftstellerin Marijane Meaker. „Weil sie sich am besten verkaufen. Frauen lesen gerne über Männer. Männer lesen gerne über Männer“, antwortet diese prompt lakonisch und lächelt trocken.

Patricia Highsmiths (1921-1995) wohl bekannteste Figur ist Tom Ripley, Protagonist in fünf ihrer Romane. Ripley mordet, kommt damit davon und empfindet keine Reue. In den Geschichten von Highsmith täuschen zwiespältig gestaltete Figuren oft etwas vor.

Marijane Meaker, die in den späten 1950er Jahren mit Highsmith zusammen war, redet auch freiheraus über Highsmiths Frauenbekanntschaften, ihren Hang zum Gin und die Trennung von Pat. Meaker, am 21. November 2022 im Alter von 95 Jahren verstorben, veröffentlichte selbst bereits 2003 (2005 in deutscher Sprache erschienen) autobiografische Lebenserinnerungen an die berühmte Freundin. Sie ist eine von drei ehemaligen Lebenspartnerinnen von Highsmith, mit denen Vitija für ihre Dokumentation spricht. Auch die wesentlich jüngere deutsche Schauspielerin und Kostümbildnerin Tabea Blumenschein berichtet ihre Einschätzung und Wahrnehmung von Highsmith. Blumenschein verstarb nach der Filmdoku bereits 2020. Die dritte interviewte Geliebte ist die französische Übersetzerin und Lehrerin Monique Buffet, die Highsmith in Paris kennenlernte. Regisseurin Vitija besuchte außerdem Verwandte Highsmiths in Fort Worth, Texas, um mit ihnen Familienalben zu durchblättern und über die berühmte Angehörige zu plaudern.

Die gebürtige Texanerin Patricia wurde protestantisch erzogen und wuchs die ersten Jahre bei ihrer Großmutter auf, bevor ihre Mutter sie zu sich holte. Später hatte sie zeitlebens ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter, einer Grafikerin.

Vitija zeigt in Loving Highsmith chronologisch verschiedene Stationen im Leben der Autorin und skizziert Bezüge zwischen Leben und Werk. Als eine Grundlage der Doku dienen Tagebuchaufzeichnungen, die 2021 zum 100. Geburtstag der Schriftstellerin erstmals veröffentlicht wurden, in der deutschen Sprachversion gelesen von Maren Kroymann (in der OmU-Fassung von Gwendoline Christie). Zudem wird Archivmaterial aus früheren Interviews mit der Autorin in die Doku montiert und es werden viele Fotos von der legendären Schriftstellerin in unterschiedlichen Lebensphasen gezeigt, auch Reiseaufnahmen aus der Jugend.

Die Jugendliche Patricia lebte im Geheimen ihre Homosexualität in der lesbischen Subkultur der 50er Jahre aus. Sie besuchte im New York der Nachkriegszeit einschlägige Lokale. Die Endzwanzigerin war bald ein gefeierter Literaturstar. Ihr erfolgreiches Romandebüt Strangers on a train/ Zwei Fremde im Zug (1950) wurde ein Jahr nach Erscheinen von Alfred Hitchcock verfilmt. 1952 hatte sie mit dem unter Pseudonym veröffentlichten lesbischen Liebesroman The Price of Salt einen weiteren großen Erfolg, den sie 1990 unter eigenen Namen und mit dem Titel Carol wiederveröffentlichte.

Anekdotenreich werden Filmszenen eingebunden, aus Todd Haynes Verfilmung Carol (2015) mit Cate Blanchett und Rooney Mara, aber auch aus Anthony Minghellas Verfilmung Der talentierte Mister Ripley (1999) mit Matt Damon und Jude Law, oder aus Wim Wenders Ein amerikanischer Freund (1977). So wird auf populäre Werke der Autorin ein bisschen beliebig Bezug genommen. Es bleibt unverständlich, warum einige vielleicht weniger bekannte Werke nicht erwähnt werden. So wurden u.a. auch Highsmiths Thriller Deep Water (1957), The Cry of the Owl (1962) und The Two Faces of January (1964) mehrfach prominent verfilmt. Vidija klammert sie und auch andere Romane der über viele Jahre produktiven Autorin aus. So würdigt die Dokumentarfilmerin das umfangreiche schöpferische Werk der Schriftstellerin nur unzureichend. Dafür zeigt sie minutenlange Stierkampf-Szenen in einer Arena und das Binden eines Kalbes mit schmerzverzerrten Augen. So möchte sie einen Bezug zu Highsmiths Geburtsort Fort Worth in Texas herstellen, wo die älteste stattfindende Viehschau und das älteste Rodeo stattfinden. Noch deplatzierter und arg verspielt wirken dann später gar Nahaufnahme von Schnecken.

Die Motivation für ihr Autorinnenporträt begründet die Schweizer Autorin und Regisseurin Vitija mit einem Kindheitserlebnis: Als sie in den Sommerferien als Siebenjährige mit ihren Eltern das Tessiner Dorf Tegna besuchte, erzählten ihre Eltern ihr von einer berühmten Schriftstellerin, die hier alleine vor Ort zurückgezogen mit ihren Katzen leben würde. Die Faszination für die Autorin wurde bei Vitija zeitlebens geweckt. Die 83 Minuten der Filmdoku vermitteln einen ersten Eindruck vom Talent und dem spröden Charme der Schriftstellerin, bleibt aber bei vielen Themen recht vage und oberflächlich.
Ansgar Skoda - 18. Januar 2023
ID 14004
Weitere Infos siehe auch: https://salzgeber.de/highsmith


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