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Konzerne, Kicker, Kuriositäten..... Woher die Fussballvereine ihre Namen haben

von Malte Olschewski



Wenn =Cashpoint Altach= bei =Superfund Pasching= einsendet oder wenn =Bauwelt Koch Mattersburg= bei =Josko Fenster und Türen Ried= ins Kreuzeck trifft, kann das die Tabelle der =T-Mobil-Liga= nachhaltig verändern. Während in Deutschland fast alle Fußballklubs weiterhin ihre historischen Titel tragen, haben in Österreich Sponsoren durchgesetzt, dass ihre Konzerne immer zusammen mit dem Klubnamen ge-nannt werden müssen. Fußballfreunde glauben, dass dieser Sponsoren-Fußball schlimme Folgen hat. Tatsächlich ist Österreich, das in der Zwischenkriegszeit ein Wunderteam gestellt hatte, auf dem grünen Rasen eine Lachnummer geworden. Die Nationalmannschaft hat sogar gegen die Faroer-Inseln verloren und Liechtenstein nur knapp besiegt.
In Deutschland wird die Koppelung von Firmen mit Vereinsnamen vom Fußballbund abgelehnt, doch trotzdem zählt der deutsche Fußball zur Weltklasse. So etwa durfte =Eintracht Braunschweig= nicht zu =Jägermeister Braunschweig= werden, obwohl der Erzeuger des bekannten Magenbitters den Verein großzügig subventioniert hatte. Die meisten deutschen Fußballklubs sind gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Spätfolge der von Turnvater Jahn eingeleiteten Bewegung zur Körperertüchtigung gegründet worden. Die Sozialdemokratie sah damals im Sport ein Instrument der Emanzipation. So kam es, dass die Arbeiter in fast jeder, größeren Industrieregion Vereine gründeten, die sich in verschiedenen Disziplinen wie Ballspiel, Turnen, Leichtathletik oder Boxen übten. Wegen wachsender Beliebtheit beim Publikum wurde der Fußball bald die vorrangige Sportart. Die meisten Fußballklubs sind daher aus allgemeinen Turn- und Sportverbänden der Arbeiterbewegung hervorgegangen.

Da sich bald Ligen mit mehreren Klubs bildeten und da man Stärke gewinnen wollte, sind damals verschiedene Vereine fusioniert worden. So dachte man beim Zusammenschluss zweier Klubs in Berlin bei Bier und Wein über einen neuen Namen nach. Hierbei fiel einem Funktionär ein, dass er vor Jahren eine Schiffsreise mit einem Dampfer namens =Hertha= unternommen hatte. Die berauschte Runde hat dann beschlossen, den neuen Klub nach diesem Dampfer zu nennen: =Im Suff jejründet...= pflegt der Berliner zu sagen. Im Industriegebiet von Gelsenkirchen taten sich 1904 Bergwerksarbeiter zum Klub =Westfalia Schalke= zusammen. Schalke ist ein Stadtteil von Gelsenkirchen. Auf die Regionalbezeichnung wurde bald verzichtet, während mit 04 das Gründungsjahr des Vereins hinzukam. Da der Westen des Deutschen Reiches seit 1871 von einer Revanche Frankreichs bedroht war, gab man den neuen Fußballklubs in dieser Region Namen, die auf Preußen oder auf das Germanentum verwiesen. Für ein paar Jahre stürmte sogar ein Verein namens =Deutsche Eiche= über den Rasen. Bis heute gut im Schuss sind =Borussia Mönchengladbach= oder =Borussia Dortmund=, =Arminia Bielefeld=, =Alemannia Aachen= oder =Preußen Münster=. Borussia ist der lateinische Namen für Preußen. Arminia bezieht sich auf Hermann, den Cherusker, der auf Latein =Arminius= hieß. Alemannia wird von dem südwestdeutschen Germanenstamm der Alemannen abgeleitet. Auch die westfälische Stadt Münster hielt fest zu Preußen. =Preußen Münster= heißt daher ihr Verein. In Dortmund wird allerdings auch eine andere Gründungsgeschichte erzählt. Die katholische Jugend hatte am Borsigplatz zu kicken begonnen, worauf die Kirche über dieses =rohe und wilde Treiben= entsetzt war. Daher wurde Sonntagnachmittag eine zusätzliche Andacht eingeführt, um die Jugend vom Fußball fernzuhalten. Im Gasthaus =Wildschütz= trennten sich die Fußballfreunde von der Kirche. Man gründete einen Verein. Nach der im =Wildschütz= ausgeschenkten Biersorte wurde er =Borussia= getauft. In Düsseldorf hatten mehrere Turnvereine beim Zusammenschluss eher der römischen Glücksgöttin als den Preußen vertraut: =Fortuna Düsseldorf= war die Folge. In diesen Jahren wurde in Frankfurt die =Viktoria= mit den =Kickers= fusioniert. Damit Eintracht herrsche, taufte man den neuen Klub auch =Eintracht Frankfurt=. Der Fußballklub Bremens nennt sich nach einem Werder, das ist eine Flussanschwemmung. Auf diesem Peterswerder der Weser ist auch das Bremer Fußballstadion gebaut worden.

In den unteren Ligen stößt man oft auf lateinische Vornamen wie etwa =Wormatia Worms= oder =Germania Halberstadt=. =Buchonia Flieden= nennt sich nach einem altdeutschen Gau, während sich =Budissa Bautzen= auf den wendischen Namen der Stadt, auf =Budissin=, bezieht. =Jahn Regenburg= erinnert an den Turnvater, während =Hansa Rostock= dem Seefahrtsbündnis der Hanse gewidmet ist. Nach der Wende hielten auch bisherige DDR-Clubs Einzug in die deutsche Oberliga. Einige davon haben dabei ihre typisch kommunistischen Namen wie =Energie Cottbus= oder =Dynamo Dresden= beibehielten. Der nach einem giftigen Schwermetall benannte Klub =Wismut Aue= empfand das als unpassend. Nach der Wende nahm er wieder seinen alten Namen =Erzgebirge Aue= an. =SC Chemie Chemnitz= war 1953 bei der Umbenennung der Stadt zu =SC Chemie Karl Marx Stadt= geworden. Ein paar Jahre wurde unter dem Banner des =SC Motor Karl Marx Stadt= gestürmt, worauf der Verein nach der Wende zum =FC Chemnitz= wurde. In wenigen Fällen spiegeln sich die Vereinsfarben im Namen des Klubs: So kann es passieren, dass =Rot-Weiss Essen= gegen =Schwarz-Weiß Essen= antreten muss. Das ist kein Spiel der Farben sondern der Klassen, zumal Schwarz-Weiß als bürgerlicher Klub der Mittelklasse gegründet worden ist und auch als =Lackschuhverein= verspottet wird. Rot-Weiss hingegen ist eine Gründung von Arbeitern. Oft kommt es vor, dass der Name der Region vorangestellt wird: Bayern München, Sachsen Leipzig, Holstein Kiel oder Altmark Stendal. Konzernnamen sind in den deutschen Ligen außer den historischen Bezeichnungen =Bayer Leverkusen= oder =Carl Zeiss Jena= nicht zu finden. Ein vorangestelltes FC bedeutet immer Fußballklub. SV ist ein Sportverein, während eine =SpVgg= eine Spielvereinigung bedeuten will. TSV ist nichts anderes als ein Turn- und Sportverein. Namen, die den Vereinen mit =Wacker=, =Schneidig= oder =Tapfer= Eigenschaften zuerkannten, sind gestrichen worden. Lediglich in Tirol ist weiterhin ein =FC Wacker= am Werk.
In England werden die Spieler verschiedener Teams oft mit Spitznamen bedacht. So etwa nennt man die Kicker von =Newcastle United= auch die =Magpies= oder die Elstern. Der Name wird von einem Elsternpaar abgeleitet, das vor langer Zeit sein Nest im Stadiondach von Newcastle gebaut hatte und so zum Maskottchen der Mannschaft geworden war. Im Team von Everton sind die =Toffees= angetreten, was soviel wie Malzbonbons bedeutet. Neben dem Vereinslokal hatte zu Zei-ten der Klubgründung das Süßwarengeschäft =Ancient Everton Toffee House= seine Waren angeboten. Die Kicker von =Charlton Athletics= treten auch als =Addicks= den Ball. Der Name kommt von einem Vereinspräsidenten, der beide Mannschaften nach jedem Spiel zu einem Schellfisch-Essen ein-geladen hatte. Schellfische sind =Haddocks=, was im Londoner Dialekt wie =Addicks= ausgesprochen wird. FC Arsenal schickt seine =Gunners= auf den Rasen. Der Verein war 1886 von Arbeitern in der nahe gelegenen Rüstungsfabrik =Royal Arsenal= ins Leben gerufen worden. =Sheffield Wednesday= ist ein Verein, der am 4.9.1886, einem Mittwoch, von Handwerkern gegründet wurde, denen Cricket zu langweilig geworden war. Da man lange Zeit nur am Mittwochabend den Ball trat, wurden die Spieler bald =The Owls= (Eulen) genannt. Oft treten die =Eulen= gegen =Tottenham Hotspur= an, gegen die Heißsporne aus Tottenham. Es wandern die =Wolverhampton Wanderers= über den Rasen, was auch die =Blackburn Rovers= tun. In der Vereinsgeschichte von =Aston Villa= erschließt sich die Geburt des Fußballs. Der Cricket-Club von Aston suchte nach Möglichkeiten, um über den Winter, da man diesen Sport nicht ausüben konnte, in Form zu bleiben. So kam man auf die damals als bizzar empfundene Idee, Bälle mit Füssen zu treten.

In Italien wird der Verein =Juventus (Jugend) Turin= oft =la vecchia signora (alte Dame)= genannt. Das geht darauf zurück, dass die Trikots der Spieler bei Wind eine Art Buckel bildeten, der die Zuschauer an eine alte Dame erinnerte. =Lazio Rom= kommt von der die Hauptstadt umgebenden Region Latium. Lazio-Fans sind bekannt für ihre rechtsradikale, antisemitische Gesinnung, die sie oft in Sprechchören und auf Transparenten kundmachen. Im Gegensatz dazu gilt =Ajax Amsterdam=, vom griechischen Helden abgeleitet, als israel- und judenfreundlich, was auch in den Vereinsfarben und der Verwendung des Davidsterns in der Fankultur zum Ausdruck kommt. Gegnerische Fans stimmen daher oft antisemitische Sprechchöre an. In der Schweiz stürmen die =Grasshoppers= (Heuschrecken) Zürich= des öfteren gegen die Abwehr von =Xamax Neuchatel=. Xamax ist als eine Buchstabenspiel von dem Namen des Vereinsgründers Max Abegglen abgeleitet.
In Österreich sind alle Vereinsnamen der Bundesliga mit Ausnahme von =Rapid Wien= und =Wacker Tirol= mit den Namen der Sponsoren kombiniert worden. Bei Rapid (vom Lateinischen: rapidus= schnell) ist es ist es die Politik der Klubführung unter Ex-Finanzminister Edlinger, dass der Vereinsname nicht mit Firmen verbunden werden darf. Nur in zwei Jahren äußerster Finanznot ist 1976/77 der traditionsreiche Klub unter dem Namen =Rapid Wienerberger= aufgetreten. Stammten früher fast alle Klubs der Bundesliga aus Wien, so hat sich dieses Verhältnis durch den Sponsorenfußball umgedreht. Nur mehr =Rapid= und =Austria= kommen aus Wien. Die =Admira Wien= (Vom Latein: admirare = bewundern) ist versunken. Die Bundesliga wird als T-Mobil-Liga von der Provinz dominiert. Mattersburg liegt dank der Firma Koch (=Die weite Welt des Bauens=) auf dem zweiten Platz. Der Fenster- und Türenbauer =Josko= (Slogan: =Ganz schön schön! Ganz schön Josko!=) hat Ried auf Platz 6 gebracht. =Red Bull Salzburg= konnte sich mit dem Werbeslogan: =Red Bull verleiht Flügel!= und den Geldern des Milliardärs Mateschitz uneinholbar an die Spitze setzen, während die =Austria= trotz heftiger Finanzspritzen des Magna-Konzerns das Schlusslicht bildet. Es ist also nicht so, das Sponsorengelder allein die Siege bringen. =Austria= stürmte mehrere Jahre unter dem Titel =Austria Memphis=, wobei Memphis eine beliebte Zigarettensorte ist. 1999 kam der Kfz-Lieferant Magna als Sponsor hinzu, worauf das Leder unter dem Titel =Austria Memphis Magna= getreten wurde. 2004 ist in Österreich ein allgemeines Werbeverbot für Tabakwaren verhängt worden. =Memphis= wurde gestrichen, =Magna= blieb. Der Abstieg begann, als der selbstherrliche Konzernchef Frank Stronach als oberster Trainer die Spiele dirigieren wollte. =Liebherr GAK Graz= huldigt dem Hersteller von Kühlschränken. Die lokale Konkurrenz =Sturm Graz= begann ihren Weg in den Bankrott, als man mit dem Bierglas in der Hand riesige Schulden machte. Die Mannschaft verdingte sich als =SK Puntigamer Sturm Graz= der Brauerei mit dem Slogan: =Puntigamer! Lustig samma!= Größere Dörfer wie Altach oder Pasching mit je 6 000 Einwohner sind von finanzstarken Sponsoren wie =Cashpoint= oder =Superfund= adoptiert worden. Die Sportwettfirma (=Tausend Euro am Tag!=) und der Hedgefonds (=Die Zukunft der Geldanlage!=) haben für die beiden Dorfgemeinden Teams zusammengekauft, während größere Städte wie Linz oder Klagenfurt in der Bundesliga nicht vertreten sind. Die Medien sind angehalten, in der Berichterstattung immer den ganzen Namen zu nennen. Die Bekanntgabe der Spielergebnisse am Wochenende hört sich in Österreich wie ein Brachenverzeichnis an: Energiedrink gegen Hedgefond, Bier gegen Fensterbau, Kühlschränke gegen Baumarkt, Kfz-Teile gegen Sportwetten....

Malte Olschewski - red / 15. Januar 2007
ID 2929


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