Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 5

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Premierenkritik

LA CENERENTOLA



Lucia Valentini Terrani galt als größtes Aschenputtel aller Zeiten - 1979 war sie in der DDR, während der Dresdener Musikfestspiele, als LA CENERENTOLA beim Gastspiel des Teatro Comunale dell\' Opera di Genova zu erleben; unser Autor schwärmt noch heute über sie...



Geistesabwesend

Lucia Valentini Terrani war d i e Angelina in den Achtzigern. Sie war nicht schön - nein, besser noch: sie war viel schöner noch als schön, und ihre waldbach-stromschnellige Stimme, und vor allem ihr azurner Charme, der völlig unbeabsichtigt in ihrem tiefsten Innern nistete und wie eine Liebkosung, wenn er sich so unbefohlen dann aus seinem Perlmuttnapf enthob, zu Leibe ging, entwaffnete bis dahin alle wie sie waren, Mann und Frau und Kind. (Und ich erlebte sie vor 30 Jahren, und da gab sie diese Rolle ihres Lebens während eines Gastspiels des Teatro Comunale dell' Opera di Genova bei den Dresdener Musikfestspielen, und die Stadt lag ihr zu Füßen.)

*


LA CENERENTOLA von Gioacchino Rossini an der Deutschen Oper Berlin - Grafik (C) http://www.deutscheoperberlin.de


Angelina ist LA CENERENTOLA.

LA CENERENTOLA (zu deutsch: das Aschenputtel) ist die "mittigste" der 39 Opern, die Rossini, 25jährig, als ein Auftragswerk gehetzt herunter komponierte. 76jährig starb er dann, nachdem er, seit er 37 war, nicht eine Oper mehr geschrieben hatte, an den jämmerlichen Folgen einer Darm-OP. Dann laborierte er auch an sehr starken Depressionen wegen eines anhaltenden Tripperleidens. Und das größte und das schönste Werk, das er je machte, war und ist seine PETITE MESSE SOLENNELLE!

LA CENERENTOLA ist, wie fast alle seine Opern, jenem Buffa/Buffo-Genre zuzuordnen. Ihr Libretto, im Vergleich zu andern kläglich anmutenden Werken des Kalibers, kann man von der intellektuellen Seite her gerade mal noch gelten lassen. Die Musik wirkt heiter, spritzig. Ihr Gesamtton und die Machart insgesamt sind primitiv; auch Beethoven und Schumann warfen dem Rossini leichtfertiges Unverantwortlichsein vor (nur mal so als historischen Begleitfakt mitgegeben). Die Gesangsparts, und fast alle, sind im Grunde überhaupt nicht singbar. Es gibt "unmenschliches" Koloraturieren sowie affenzahnig-atemlos machenden Sprechgesang. Das Ohr ermüdet schnell, das Hirn baut nach und nach beim Hören ab.
Bei der von uns besuchten Aufführung der Deutschen Oper in Berlin kommt straferschwerend noch hinzu, dass wir uns zusätzlich mit einer vorsintflutlich scheinenden Regie aus Glyndebourne, woher die "neue" Produktion entliehen wurde, auseinandersetzen müssten - tun wir aber nicht, denn sie ist, außer dass sie vorsätzlich so mottenschissig ist, nicht weiter der Erwähnung wert.

Wir freuen uns an dieser Stelle allerdings für das Orchester! Es hat in der letzten Zeit, und endlich wieder, einen fulminanten Qualitätssprung für sich buchen können. Übersichtlich schlank besetzt verleiht es, unter Guillermo Garcia Calvo's jugendlicher Leitung, dem nicht schlechtesten aller Rossini's klangliche Finesse und geübtes Deliciesse; man merkt ihm schon das jahrelang Erprobte mit Alberto Zedda, dem Rossini-Hauptbeauftragten (für Deutschland), an.
Die Rollen und die Sänger: Simon Pauly (als Dandini), Wojtek Gierlach (Alidoro) und Martina Welschenbach (Clorinda) machten den geschlossensten, gescheitesten und auch perfektesten Gestaltungseindruck. Ihre Stimmen klingen angenehm, sind einprägsam. / Mario Zeffiri war ein göttlich hoch (am höchsten!!!) singender Prinz Don Ramiro. / Lucia Cirillo (Tisbe) kann im Nachhinein als stimmlich dagewesen und gestalterisch present bezeichnet sein. / Wie diesbezüglich Lorenzo Regazzo (als Don Magnifico) fast molièrehaft schauspielerte, aber arg mit einem Dauerkloß im Hals zu kämpfen hatte. / Letztlich blieb es allenthalben noch bei einer goodwillmäßigen Gesamtbewältigung der Hauptrolle an sich; Ruxandra Donose muss sich - da kann sie jetzt am wenigsten dafür - an ihrer großen Konkurrentin messen lassen.
Ja, ich schwörte mir, also vor 30 Jahren, nie wieder LA CENERENTOLA zu hören und zu sehen; und nun schloss ich meine Augen und erlebte halt nur s i e ; das nennt man geistesabwesend, natürlich.

Um Vergebung!


Andre Sokolowski - 21. Mai 2009
ID 4322
http://www.andre-sokolowski.de

LA CENERENTOLA (Deutsche Oper Berlin, 20.05.2009)
Musikalische Leitung: GUILLERMO GARCIA CALVO
Inszenierung: SIR PETER HALL
Bühne: HILDEGARD BECHTLER
Kostüme: MORITZ JUNGE
Besetzung: MARIO ZEFFIRI (Don Ramiro), SIMON PAULY (Dandini), LORENZO REGAZZO (Don Magnifico), MARTINA WELSCHENBACH (Clorinda), LUCIA CIRILLO (Tisbe), RUXANDRA DONOSE (Angelina) und WOJTEK GIERLACH (Alidoro)
CHOR DER DEUTSCHEN OPER BERLIN
(Choreinstudierung: THOMAS RICHTER)
ORCHESTER DER DEUTSCHEN OPER BERLIN
Eine Produktion des Glyndebourne Festival 2005


Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de




  Anzeigen:







MUSIK Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BAYREUTHER FESTSPIELE

CASTORFOPERN

CD / DVD

INTERVIEWS

KONZERTKRITIKEN

LEUTE MIT MUSIK

LIVE-STREAMS |
ONLINE

NEUE MUSIK

PREMIERENKRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski



Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal




Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)