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Premierenkritik

Auf dem Müllberg

rasender Rache



Aile Asszonyi als Elektra an der Oper Bonn | Foto © Thilo Beu

Bewertung:    



Ein Fluch verfolgt eine ganze Familiendynastie und reißt sie in den Abgrund. Besagter Artridenfluch prophezeit, dass sich in jeder Generation bis hin zur fünften ein Mörder gegen die eigene Sippe wenden wird. Unheilvoll verstricken sich die Nachkommen des Tantalos so in grausame Gewaltverbrechen. Aufbrausend wütet dabei auch die Musik in Richard Strauss‘ Oper Elektra. Sie ist die erste Zusammenarbeit von Strauss und dem österreichischen Schriftsteller und Lyriker Hugo von Hofmannsthal, der im Anschluss auch für fünf weitere Strauss-Opern die Libretti schrieb.

Elektra will nicht vergessen, dass ihre Mutter Klytämnestra und deren Geliebter Aegisth ihren Vater Agamemnon erschlagen haben. Elektra ist es auch egal, dass Klytämnestra dies aus Rache tat, weil König Agamemnon einst seine älteste Tochter Iphigenie für einen Sieg gegen Troja opferte. Täglich erinnert sie sich an die Bluttat gegen ihren Vater. Dabei hat sie Visionen von ihrem Bruder Orest, der die Rache an dem neuen Herrscherpaar vollziehen soll. Die Unversöhnlichkeit zwischen Mutter und Tochter ist vom feinen Schliff einer messerscharfen Spannung. Einzig Elektras Schwester Chrysothemis träumt von einem Leben abseits der unheilvollen Familienvorsehung.

Das Bühnenbild von Etienne Pluss an der Oper Bonn zeigt zur Seite hin eine Freitreppe mit prachtvoll barockem Geländer in einem klassizistisch anmutendem Herrenhaus. Eigentliche Spielfläche ist jedoch das untere Foyer mit zahlreichen aufgetürmten Müllhaufen, die die halbe Bühne einnehmen. Hier fristet die zerzaust wirkende Elektra ihr Dasein. Sie trägt ein eher schlichtes, beschmutztes gelbes Kleid. Klytämnestra gewandet sich hingegen vornehm-adrett schreitend in ein apart-elegant schillerndes Paillettenkleid (Kostüme: Bianca Deigner). Der vor allem in Leipzig beheimatete Regisseur Enrico Lübbe inszeniert das Rachedrama etwas einfallsarm mit allerlei Doppelungen und Wiedergängern. Die fünf die Tragödie eröffnenden Mägde sind alle wie Hostessen im exakt gleichen Outfit und mit Bubikopf-Frisuren ausstaffiert. Wenn Elektra ihren Wunschvorstellungen nachhängt, schreitet zudem gleich eine ganze Statistenriege – also acht Orests gefolgt von acht Elektras – unheilschwanger die Treppe in die (nicht sichtbaren) Gemächer ihrer Mutter und deren Liebhaber hinan.

Die estonische Sopranistin Aile Asszonyi gibt in der Titelpartie eine sehr präsente, dramatische und verheißungsvoll abgründige Performance. Ihr stets tragfähiger Gesang ist facettenreich, mal weich, strahlend und dunkel gefärbt, dann wieder rasend vom leidenschaftlichen Furor getrieben. Die Amerikanerin Nicole Piccolomini mimt mit fein timbrierten, ausdrucksstarken Mezzosopran eine höchst attraktive Klytämnestra zwischen Machtwillen und schreckvoller Zerbrechlichkeit. Manuela Uhl gefällt als ängstlich-zurückgenommene, mit der tragischen Situation hadernde Chrysothemis mit leuchtendem und auch in den Zwischentönen beweglichem Sopran. Martin Tzonev gibt einen vom Schicksal getriebenen, in sich zurückgezogenen Orest mit markantem, imposant klangprächtigem Bass. Insbesondere, wenn die Geschwister einander erkennen, sorgt ihr Wechselgesang für Gänsehaut-Feeling.

Das mit sage und schreibe 117 Instrumentalisten besetzte Orchester sorgt für fiebrig flirrende, opulent packende Klänge. Dissonante Akkorde loten Spannungen aus, es gibt kreischend Tiraden und ruppig-nervöse Spannungen. Der aufwühlend brodelnde, hochkonzentrierte Klang rotiert und vibriert stets volltönend. Die farbige Partitur von Strauss wurde somit vom Beethoven Orchester Bonn unter der musikalischen Leitung von Dirk Kraftan vorzüglich dargeboten.



Elektra/i> an der Oper Bonn | Foto © Thilo Beu

Ansgar Skoda - 15. März 2019
ID 11281
ELEKTRA (Oper Bonn, 10.03.2019)
Musikalische Leitung: Dirk Kaftan
Regie: Enrico Lübbe
Bühne: Etienne Pluss
Kostüme: Bianca Deigner
Licht: Max Karbe
Dramaturgie: Torsten Buß
Choreinstudierung : Marco Medved
Besetzung:
Klytämnestra … Nicole Piccolomini
Elektra … Aile Asszonyi
Chrysothemis … Manuela Uhl
Aegist … Johannes Mertes
Orest … Martin Tzonev
Der Pfleger des Orest … Egbert Herold
Die Vertraute … Ji Young Mennekes
Die Schleppträgerin … Katrin Stösel
Ein junger Diener … David Fischer
Ein alter Diener … Algis Lunskis
Die Aufseherin … Jeanette Katzer
1. Magd … Charlotte Quadt
2. Magd … Susanne Blattert
3. Magd … Anjara I. Bartz
4. Magd … Rose Weissgerber
5. Magd … Louise Kemény
Chor des Theater Bonn
Beethoven Orchester Bonn
Premiere war am 10. März 2019.
Weitere Termine: 17., 23.03./ 06., 12.04./ 02., 12.05./ 02., 13.06.2019


Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-bonn.de


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