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Premierenkritik

Flirts,

Verführerinnen

und freche Lieder



Madame Pompadour in der Musikalischen Komödie Leipzig | Foto (C) Tom Schulze

Bewertung:    



Nachdem vor einem Jahr bereits mit Lortzings Casanova einer der berühmtesten Verführer in der Leipziger Musikalischen Komödie zu sehen war, betritt nun sein weibliches Pendant Madame Pompadour die Bühne. Die überaus schöne, intelligente und machtbewusste Frau umgarnte nicht nur König Ludwig XV. sondern bewies auch politisches Geschick und bestimmte als Drahtzieherin die Geschicke Frankreichs.

Leo Fall, der zusammen mit Kálmán, Lehár oder Abraham zu den erfolgreichsten Komponisten der sogenannten "Silbernen Operettenära" zählte, ist heute nur noch selten auf der Opernbühne zu hören. Seine Werke wie Die Dollarprinzessin oder Die Rose von Stambul dürften dem heutigen Publikum kaum bekannt sein, umso schöner dass die MuKo nun seine Madame Pompadour herausbringt.

In Leo Falls Operette stürzt sich die wohl berühmteste Mätresse inkognito mit ihrer Zofe Belotte in das aufregende Nachtleben von Paris, wo sie dem aufsässigen Dichter Calicot und dem eleganten Grafen René begegnet, der - des langweiligen Ehelebens müde - auf der Suche nach einem amourösen Abenteuer ist. Ihr auf den Fersen ist Polizeiminister Maurepas, der versucht, die Madame in flagranti zu erwischen und beim König anzuschwärzen. Doch die gewitzte Pompadour führt ihn gekonnt an der Nase herum, und es kommt wie immer zu einer Reihe von amourösen Verwicklungen, allerhand Verwechslungen und zweideutigen Situationen. Die Texte von Rudolph Schanzer und Ernst Welisch sind mit reichlich Anzüglichkeiten gespickt, die sicher in den 1920er Jahren für Furore sorgten, doch heute ihre Wirkung teilweise etwas verfehlen und in den Dialogen manchmal etwas gewollt wirken.

Die Musik dagegen verfehlt ihre Wirkung nicht: Fall komponierte eine Vielzahl an schwungvollen, überaus reizvollen und schnell ins Ohr gehenden Melodien, die mit Wiener Walzerseligkeit gemischt mit gefühlvollen Momenten und spritzigen Ohrwürmern bestechen.
Stefan Klingele dirigiert das Orchester der Musikalischen Komödie leichtfüßig, mit viel Liebe zum Detail, mitreißendem Drive und beweist einmal mehr, dass die scheinbar "leichte Muse" alles andere als simpel zu dirigieren ist und einer fein ausbalancierten und eleganten Ausarbeitung bedarf.

*

Klaus Seiffert bettet bei seinem Regiedebüt an der Musikalischen Komödie diese frivole Parodie auf den Feudalismus in ein knallbuntes, opulentes Rokoko-Kostümfest (Bühne, Kostüme: Tom Grasshof) mit herrlich verrückten Perücken, extrem kurzen Röcken und tiefen Dekolletés. Zentraler Bestandteil der prunkvolle Ausstattung sind die verschiebbaren Türen, die von einem Gemach ins nächste führen und auch mal als Versteck dienen.

Bei Operettendiva Lilli Wünscher ist die Titelpartie in den allerbesten Händen: Vom spritzigen "Heut könnt' einer sein Glück bei mir machen" bis hin zum doppelbödig-ironischen "Josef, ach Josef was bist du so keusch" gestaltet sie meisterhaft die Rolle der "maîtresse en titre" mit glänzend aufgelegtem Sopran, verlockendem Charme und verführerisch-gewitztem Spiel und wird vom Publikum zu Recht mit viel Beifall belohnt.

Ihr zur Seite steht Mirjam Neururer, die mit quecksilbrigem Sopran die kecke Zofe Belotte singt und mit Jeffery Krueger als Spottlieder dichtendem Poeten Calicot ein wunderbares Buffopaar abgibt.

Als Madame Pompadours Liebhaber René ist Adam Sanchez sängerisch und darstellerisch ganz in seinem Element und singt den Ehemann auf Abwegen mit virilem, durchgängig klangschönem Tenor. Für Komik sorgen Justus Seeger als tölpelhafter Polizeiminister Maurepas mit übergroßer Perücke und Milko Milev als herrlich überkandidelt-dekadenter Louis XV., der mit seinem komödiantischen Können auch aus dieser kleinen Rolle das Maximum herausholt und für viele Lacher sorgt. In weiteren Rollen sind u.a. Aneta Ručková als Renés Gattin Madeleine und Hinrich Horn als Wirt Collin/Prunier sowie solistisch eingesetzte Chormitglieder zu hören.

Am Schluss wird die abwechslungsreiche, manchmal nicht ganz Kalauer-freie aber dennoch amüsante Inszenierung vom Publikum der leider nicht ganz ausverkauften MuKo mit ordentlich Beifall und vielen Bravo-Rufen bedacht.

Fazit: Knallbunt, lasziv, kurzweilig, mit vielen wunderbaren Ohrwürmern und ´nem ordentlichen Schuss Walzerseligkeit: Diese Pompadour vermag zu unterhalten und ist auf jeden Fall zu empfehlen!



Madame Pompadour in der Musikalischen Komödie Leipzig | Foto (C) Tom Schulze

Eva Hauk - 3. Juni 2019
ID 11460
MADAME POMPADOUR Musikalische Komödie (01.06.2019)
Musikalische Leitung Stefan Klingele
Inszenierung Klaus Seiffert
Bühne, Kostüme Tom Grasshof
Choreografie Mirko Mahr
Choreinstudierung Mathias Drechsler
Dramaturgie Elisabeth Kühne
Besetzung:
Madame Pompadour ... Lilli Wünscher
Belotte ... Mirjam Neururer
Madeleine ... Aneta Ručková
René ... Adam Sanchez
Jospeh Calicot ... Jeffery Krueger
König Ludwig: XV. ... Milko Milev
Maurepas ... Justus Seeger
Collin/ Prunier ... Hinrich Horn
Poulard ... Georg Führer
Caroline ... Konstanze Haupt
Léonie ... Franziska Schwarz
Valentine ... Monika Neesse
Amelie ... Cornelia Rosenthal
Erste Zofe/ Paméla ... Jana-Maria Eberhard
Zweite Zofe ... Claudia Otte
Dritte Zofe ... Christa Paarsch
Leutnant Praliné ... Tom Bergmann
Österreichischer Gesandter ... Uwe Kronberg
Boucher ... Björn Grandt
Tourelle ... Richard Mauersberger
Ballett, Chor und
Orchester der Musikalischen Komödie
Premiere war am 1. Juni 2019.
Weitere Termine: 07., 08., 11.06.2019


Weitere Infos siehe auch: https://www.oper-leipzig.de/de/musikalische-komoedie


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