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Konzertkritik

“We are prepared,

the devil and I.”



Rebekka Bakken im Kölner Gloria | Foto © Ansgar Skoda

Bewertung:    



Schon gegen 20 Uhr betritt die norwegische Singer-Songwriterin Rebekka Bakken mit ihrer vierköpfigen Band die Bühne im Kölner Gloria. Sie trägt ein mit feinen Goldmustern besticktes Oberteil und eine dazu passende weite Stoffhose. Darunter lugen rote High Heels hervor. Ihr offenes, hüftlanges Haar fällt ihr manchmal ins Gesicht. Die 1970 Nahe Oslo im norwegischen Lier geborene Künstlerin ist in Plauderstimmung. Sie präsentiert ihr achtes Soloalbum Things you leave behind von September 2018. Forsch stellt sie wiederholt ihre Bandkollegen (Besetzung s.u.) vor: “My band members look somehow like heroes from Game of Thrones, don’t they?” Sie lobt die US-amerikanische Fantasy-Fernsehserie, aber insbesondere auch die instrumentalen Fähigkeiten ihrer Bandkollegen. Sie erzählt, dass sie in Deutschland die amtierende Bundeskanzlerin mag: “I like Merkel. Is this a popular thing to say nowadays?“ “It depends“, antworten einige Besucher in den vorderen Stuhlreihen.

Mehrfach gewann Bakken in Deutschland und Österreich Goldene Schallplatten. Ihr Werk wird oft dem Modern Jazz zugeordnet, da sie zu Beginn ihrer Karriere mit einflussreichen Jazzmusikern zusammenarbeitete. Bakken veröffentlichte vielbeachtete Kollaborationen etwa mit dem österreichischen Jazz-Gitarristen Wolfgang Muthspiel und mit der deutschen Pianistin Julia Hülsmann. Doch bereits im Teenageralter machte die mittlerweile 48jährige als Sängerin verschiedener Bands Erfahrungen mit Blues, Gospel und Rock. Sie sang früh Folk und Kirchenlieder und absolvierte eine Ausbildung in klassischer Violine und Klavier. Neben zahlreiche selbstkomponierte Songs treten oft Koproduktionen und Cover. Ein Höhepunkt ihres Kölner Konzertes ist die vorgetragene norwegische Volksweise „Korset vil jeg aldri svike“, ein traditionelles Kirchenlied, das Bakken für ihr Album Most Personal (2016) neu arrangierte. Ihre modulationsfähige, wandelbare, drei Oktaven umfassende Stimme schafft eine ganze Bandbreite des Ausdrucks changierend von zart und gefühlvoll bis hin zu schroff, rau und rauchig. Kehllaute treten neben falsettartigen Gesang und dezent eingesetzte Vibratos. Nachdem Bakken lustvoll zwischen den Songs plaudernd in Erinnerung an lammfromme Jugenderinnerungen fluchte, fällt prompt ein Mikrofon aus. Bakken greift zum nächstgelegenen Mikro und erklärt augenzwinkernd: “We are prepared, the devil and I.” Ein weiteres Konzerthighlight ist dann das wohl kaum frömmlerische Tom Waits-Cover „Little Drop of Poison“ aus ihrem gleichnamigem Album von 2014.

Der Titelsong ihres jüngsten Albums „Things you leave behind“ beklagt den Verlust der Leidenschaft. Bakken behauptet scherzhaft diesen Song anmoderierend, dass Männer auf der Straße kein Bier mehr, sondern „fuckin‘ grünen Tee“ trinken würden. Sie selbst genehmigt sich auf der Bühne ein Glas Rotwein, ohne dass dies ihre stimmlichen Fähigkeiten beeinträchtigen könnte. Während abwechslungsreicher und sehr gekonnter Instrumentalsolos etwa vom Gitarristen Ola Gustafsson zieht sie sich auch gerne aus dem Bühnenzentrum zurück. Einige Male musiziert sie auch selbst eher im Hintergrund am seitlich platzierten Flügel. Ein weiterer Song des neuen Albums ist „Hotel St. Pauli“. Bakken erklärt, dies sei der Titelsong eines sehr „schlechtem norwegischen Film“ von 1988, der im Hamburger Rotlichtviertel auf dem Kiez spielt. Die Ausnahmekünstlerin macht ihn zu einem intensiven Hörerlebnis. Auch ihre neue Ballade „Shelter“ behandelt dunkle Seiten des Lebens. Er erzählt von einer Verliererin, auf die andere mitleidig herabsehen. In der gleichfalls gefühlvoll vorgetragenen und ebenso neuen Ballade „True North“ verarbeitet Bakken hingegen sehr persönlich den für sie sehr schmerzhaften Verlust ihres Vaters. Bakken ist mittlerweile Mutter und lebt heute in Südschweden. Sie war zuvor jedoch nicht nur in New York und Prag ansässig, sondern wohnte auch lange in Wien. Als Zugaben geht Bakken auf von den Zuschauern reingerufene Wünsche ein und performt sanft das stimmungsvolle „Say goodbye to what is gone“, die balladeske Hymne „Any pretty girl“ und das Ludwig Hirsch-Cover „Der Schnee draußen schmilzt”. In Köln probiert sie sich so zu guter Letzt gegen 22 Uhr nicht ganz textsicher aber herzallerliebst an österreichischen Lyrics. Auf dem Weg hinaus lassen sich dann im Kölner Gloria noch farbenfrohe Seidenmalereien mit unförmigen Fischen und schattenhaften Elchen der Allround-Künstlerin Bakken bewundern, die sich gemeinsam mit ihren Alben als originelle Originale erwerben lassen.



Rebekka Bakken mit vierköpfiger Band im Kölner Gloria beim Abschlussapplaus
Foto © Ansgar Skoda

Ansgar Skoda - 27. März 2019
ID 11305
REBEKKA BAKKEN (Gloria Köln, 25.03.2019)
Bandbesetzung:
Rebekka Bakken, Gesang und Klavier
Ola Gustafsson, Gitarre
Eirik Tovsrud Knutsen, Keyboards
Even Ormestad, E-Bass
Rune Arnesen, Schlagzeug

Weitere Tourneedaten:
27.03. | Kaufleute, Zürich (Schweiz)
28.03. | Jazzhaus, Freiburg
29.03. | Theater am Ring, Saarlouis
30.03. | Kurfürstliches Schloss, Mainz
31.03. | Theaterhaus, Stuttgart
02.04. | Muffathalle, München
03.04. | Orpheum, Graz· n
04.04. | Republic, Salzburg
05.04. | Museumsquartier, Wien (Österreich)
06.04. | Mindelheimer Jazztage, Mindelheim
07.04. | Posthof, Linz (Österreich)


Weitere Infos siehe auch: http://www.rebekkabakken.com/


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