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nachDRUCK # 5

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Wiederaufnahme

Die Seh- und

Sehnsüchte

des Fräulein

Elsa



Lohengrin an der Oper Frankfurt | Foto (C) Barbara Auenmüller

Bewertung:    



So in etwa [s. Überschrift] könnte der Untertitel der acht Jahre alten und nun wiederaufgenommenen Lohengrin-Inszenierung von Jens-Daniel Herzog (tritt 2018 die Nachfolge von Nürnbergs Staatsintendant Peter Theiler an) lauten. Während des Vorspiels flackert ein Pünktchen auf der Leinwand, das sich Sekunden später als Linse eines Projektors entpuppt. Gedimmtes Licht fällt in den Saal eines altes Filmtheaters, sogar eines mit Rang. Elsa und Klein-Gottfried sitzen in Reihe 1, der Heerrufer (bärig: James Rutherford) tritt als Hausmeister in Erscheinung, Ortrud verkauft Eis. Die Vorstellung wird für die Kriegsnachrichten König Heinrichs (staatstragend sonor: Andreas Bauer) unterbrochen, was sich wiederum die Eisverkäuferin zunutze macht, indem sie Gottfried von der abgelenkten Elsa weglockt. Was für eine atmosphärisch dichte, musikalisch einleuchtende und, ja, auch witzige Eröffnung!

Ganz am Ende, nachdem ein herbeifantasierter Lohengrin in die Szene gepurzelt ist, der Gotteskampf als Glücksspiel mit hohem Einsatz über die Bühne ging und der totgeglaubte Bruder vielgestaltig die Trauung der Schwester durchspukte, welche letztlich unter all dem Druck zerbricht, nimmt wieder jeder seinen Platz im Kino ein. Das Resümee? Elsa hatte sich in eine Illusion hineingesteigert, war abgelenkt und hat gar nicht mitbekommen, dass die Gesellschaft um sie herum jetzt Braunhemden trägt…

Gleich zwei Rollendebüts standen an: Sabine Hogrefe gibt der Ortrud im Piano leuchtende, anrührend weiche Töne. Im Forte hingegen forciert sie gelegentlich, was zu schreienden Schärfen und säuerlichen Farben führt. Genau umgekehrt verhält es sich bei Vincent Wolfsteiner als Lohengrin: Er versteht sich auf die Kraftmeierei, das Ballern aus dem vollen Rohr. Doch immer dort, wo zarte Lyrismen gefragt sind, kann es schonmal bröckeln oder rutschig werden.

Robert Hayward geht bei aller spielerischen Ausdrucksstärke an die Grenzen seiner stimmlichen Möglichkeiten, klingt sein Telramund trocken und vibratös. Annette Dasch ist mit ihrem körperreichen, von Beginn an tragisch infizierten und gut fokussierten Sopran, mit ihrem Liebreiz und virtuosen Süße eine Idealbesetzung für die Elsa. Für den Chor der Oper Frankfurt schlägt, auch dank des guten (und gut aussehenden) Bühnenbildes von Mathis Neidhardt, die Sternstunde: Großartig geschlossen, kraftvoll, harmonisch.

Stefan Blunier und das Frankfurter Opern- und Museumsorchester liefern eine transparent-diesseitige, klanglich prachtvolle Lesart der Partitur. Die Tempi bleiben flüssig, die Lautstärken halten sich in geschmeidigen Grenzen, und Blunier dirigiert genau das, was er oben sieht. Aus aus dem Graben quillt die Musik eines Verführungskünstlers, die im Kino schon Nazi-Propaganda und amerikanische Kriegsfilme untermalte.




Lohengrin an der Oper Frankfurt | Foto (C) Barbara Auenmüller

Heiko Schon - 22. Oktober 2016
ID 9628
LOHENGRIN (Oper Frankfurt, 21.10.2016)
Musikalische Leitung: Stefan Blunier
Inszenierung: Jens-Daniel Herzog
Szenische Leitung der Wiederaufnahme: Hans Walter Richter
Bühnenbild und Kostüme: Mathis Neidhardt
Licht: Olaf Winter
Dramaturgie: Norbert Abels
Chor und Extrachor: Tilman Michael
Besetzung:
Heinrich der Vogler ... Andreas Bauer
Lohengrin ... Vincent Wolfsteiner
Elsa von Brabant ... Annette Dasch
Friedrich von Telramund ... Robert Hayward
Ortrud, seine Gemahlin ... Sabine Hogrefe
Der Heerrufer ... James Rutherford
u.a.
Chor, Extra-Chor und Statisterie der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Premiere war am 3. Mai 2009
Weitere Termine: 28. 10. / 3., 6., 11. 11. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.oper-frankfurt.de


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