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Kinderoper

Don Quichotte

auf der Hochzeit

des Comacho



Die Kinderoper Don Quichotte auf der Hochzeit des Comacho am Theater Osnabrück | Foto (C) Uwe Lewandowski

Bewertung:    



2016 ist Cervantes-Jahr, denn der Tod des spanischen Nationalpoeten jährt sich zum 400. Mal. Ein guter Grund also, der diverse Kulturinstitutionen dazu veranlasst, dem Erschaffer einer der berühmtesten literarischen Figuren überhaupt einen Teil ihrer Arbeit zu widmen. Die Figur des Don Quichotte im gleichnamigen Roman, der wahnhafte Möchtegernritter, der mit seinem treuen Gefährten Sancho Pansa so manchen Kampf gegen Windmühlen bestritt und stets das Abenteuer suchte, ist vielen Erwachsenen aus ihrer Kindheit vertraut und noch heute aktueller Forschungsgegenstand mit großem Potenzial.

Nach wie vor besteht kein Konsens unter Literaturwissenschaftlern darüber, welche Aussage Miguel de Cervantes Saavedra mit seinem Werk bezweckte. Betrachtet man den Entstehungskontext des Romans zu Beginn des 17. Jahrhunderts, liegt eine Interpretation nahe, die Kritik am spanischen Imperialismus und den damit einhergehenden Konsequenzen für die Bevölkerung äußert. Jedoch ist die vorhandene Ambiguität des Stoffes mehr als augenscheinlich: Ist der Protagonist Don Quichotte ein edelmütiger Idealist, dem durch übertriebene Lektüre von Ritterromanen der Bezug zur Realität ein wenig abhandengekommen ist, oder handelt es sich schlichtweg um einen wahnhaften Menschen, dem man angesichts seiner lächerlichen Auftritte milde lächelnd begegnen sollte? Cervantes lässt diese Frage offen und die Leser im Unklaren. Die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen immer wieder und dennoch gelang es dem Romancier gerade hierdurch auf eine sehr geschickte Art und Weise, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Der Facettenreichtum des Werkes weckt zudem das Interesse bei kleinen und großen Lesern und birgt so mancherlei moralischen Denkanstoß.

Einer Episode des berühmten Romans widmete sich Anfang des Jahres eine Arbeitsgruppe am Theater Osnabrück und erarbeitete eine beeindruckende Bühnenadaption in Form einer Kinderoper. Das Projekt wurde in Kooperation mit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und der Hochschule für Künste Bremen durchgeführt und hatte nun am 29. April im Oberen Foyer des Theaters am Domhof Premiere gefeiert. Für die Inszenierung zeichnete die Kulturwissenschaftlerin Clara Kalus verantwortlich, die gemeinsam mit der Dramaturgin Ulrike Schumann dem Szenario ein völlig unerwartetes und innovatives Gewand verpasste. Die Besucher der Premiere saßen mitten im Geschehen und fanden sich zu Beginn des Stücks in einem Labor wieder. Hier erforscht eine Gruppe von Wissenschaftlern, die sich als „CERVANTES“ bezeichnen, jedes denkbare Detail zu dem legendären Helden Don Quichotte (Genadijus Bergorulko) und seinem Begleiter Sancho Pansa (Äneas Humm). Der durchschlagende Erfolg steht in Aussicht, denn den Forschern ist es gelungen, die beiden Objekte ihrer Wahl persönlich in ihr Labor zu holen. Alsbald überschlagen sich aber auch hier die Ereignisse und das Publikum wird in eines der fantastischen Abenteuer des Ritters entführt.

Ziel der beiden ist die Hochzeit des reichen Comacho (Alexander Masters) mit der Schäferin Quiteria (Magdalena Hinz). Entgegen aller Erwartungen sind die beiden Helden jedoch nicht vor Ort, um ihre Glückwünsche zu überbingen, sondern um die Vermählung der beiden zu verhindern. Quiteria liebt den mittellosen Schäfer Basilio (Max Müller), doch die Verbindung der beiden steht unter keinem guten Stern und bedarf etwas Nachhilfe.

Mit viel Humor und ausgearbeiteten Charakteren überzeugten die Darsteller sowohl darstellerisch als auch gesanglich. Die rasanten Szenenwechsel in skurril gestalteten Kulissen füllten das gesamte Foyer um die Besucher aus und ließen die 75 Minuten Spieldauer recht kurzweilig und mitreißend erscheinen. Julia Kerk, die für die Kostüme und Requisiten zuständig war, hat ebenfalls großes geleistet. Kindgerecht, schrill, witzig und abwechslungsreich sind an dieser Stelle als Attribute zu nennen. So sorgte zum Beispiel die Verwendung von Linealen und Billardqueues als Schwerter und die Tatsache, dass der unersättliche Sancho Pansa während des gesamten Stückes immer wieder zu seinem heiß geliebten Weingummi greift, für manchen Lacher unter den Zuschauern. Musikalisch begleitet wurden die Darsteller vom Osnabrücker Symphonieorchester unter der Leitung von An-Hoon Song und rahmten so das Stück durch die Vertonung des Stoffes von Georg Philipp Telemann eindrucksvoll ein und rundeten die Inszenierung gekonnt ab. Gebührend honoriert wurde die außerordentliche Leistung aller Beteiligten mit einem lang anhaltenden Applaus, der deutlich machte, dass sowohl die kleinen als auch die großen Besucher mehr als zufrieden stimmte.



Die Kinderoper Don Quichotte auf der Hochzeit des Comacho am Theater Osnabrück | Foto (C) Uwe Lewandowski

Sina-Christin Wilk - 1. Mai 2016
ID 9286
DON QUICHOTTE AUF DER HOCHZEIT DES COMACHO (OSKAR, 29.04.2016)
Musikalische Leitung: An-Hoon Song
Inszenierung: Clara Kalus
Bühne und Kostüme: Julia Kerk
Dramaturgie: Ulrike Schumann
Besetzung
Don Quichotte ... Genadijus Bergorulko
Quiteria ... Magdalena Hinz
Comacho ... Alexander Masters
Pedrillo ... Gabriella Guilfoil
Grisostomo ... Réka Kristóf
Basilio ... Max Müller
Sancho ... Äneas Humm
Uraufführung am Theater Osnabrück war am 29. April 2016
Weiterer Termine: 22. 5. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-osnabrueck.de


Post an Sina-Christin Wilk

theaterblog.scriptura-novitas.de



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