Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 5

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

TFF Rudolstadt 2015

Hitzeschlacht

und coole

Tanzbeats




So heiß, wie die ersten Tage begonnen hatten, ging es am Samstag und Sonntag beim 25. TFF auch weiter. Und es lag nicht nur an den hochsommerlichen Temperaturen, dass die in diesem Jahr wieder zahlreich erschienenen Zuschauer dabei ordentlich in Schwitzen kamen. In der glühenden Hitze des Samstagnachmittags auf der Heidecksburg ging es mit der Verleihung des Deutschen Weltmusik-Preises, der RUTH, an die deutsch-libanesische Band Masaa (die wir schon am Vortag auf der Burgterrasse bewundern durften), an das fantastische, multinationale Women-in-Jazz-Projekt Eurasians Unity und an den Berliner Liedermacher Funny van Dannen zunächst noch verhältnismäßig relaxed zu. Van Dannen freute sich sichtlich darüber, endlich auch mal einen Preis wie ein Fußballer bekommen zu haben und intonierte sogleich seinen Hit "Fußball 2" (Thema: latente Homosexualität). Auch wusste er zu berichten, dass die armen Berliner Künstler ab 55 aufwärts jetzt vom Kultursenator Kokain auf Krankenschein bekämen. Weitere herrliche Kostproben aus 20 Jahren ironischer Liedkunst zur Gitarre gab van Dannen dann noch mit den Klassikern "Nana Mouskouri", "Ich hab einen Arbeitsplatz vernichtet", "Okapiposter" und "Schilddrüsenunterfunktion".



Funny van Dannen freut sich über die Verleihung der RUTH | Foto (C) Stefan Bock


Spaß und Humor mit leichtem Hintersinn also, der später mit dem Kabarettisten Gerhard Polt seine bayrische Entsprechung bekam. Unterstützt von den Well-Brüdern (ehemals Biermösl Blosn), die auch in der neuen Besetzung ihre Klassiker zum Besten gaben, führte der begnadete Satiriker Polt die Zuschauer vor der großen Burg-Bühne in die Absonderlichkeiten bayrischer Kultur und Feuerwehrfeste sowie in die Geschichte der CSU-Reliquien und die Denkwelt eines fußgängerhassenden Autofetischisten ein. Musikalisch international und prominent wurde es dann nochmal am Abend auf der Burg mit der zurzeit bekanntesten Stimme des portugiesischen Fado, Mariza. Für die große, schlanke Frau mit dem markanten blonden Kurzhaar ist der melancholische Gesang der Lissaboner Kneipen aber nur eine Facette ihres künstlerischen Werks. Gemeinsam mit ihrer Band interpretierte sie auch brasilianische Musik sowie andere portugiesische Volkslieder und brachte das völlig bezauberte Publikum sogar zum Mitsingen.




Mariza beim tff 2015 | Foto (C) Stefan Bock


Klänge ganz anderer Art gab es dann am späten Abend noch auf der Konzertbühne im Heinepark. Zu einzelnen Blitzen aus der Ferne, die von einem lang erwarteten Hitzegewitter kündeten, beschwor der norwegische Künstler Torgeier Vassvik wie ein Schamane mit dem Kehlkopfgesang der Sámi (Joik genannt) den leicht einsetzenden Regen. Vassvik begleitete seinen rauen, spirituell-meditativen Gesang auf der akustischen Gitarre, wozu sich noch weitere elektronisch verstärkte Streichinstrumente und Drums zu einem treibenden Rhythmus gesellten. Der große Regen blieb fürs erste aus, und die Samstagnacht im Heinepark beschloss die kanadische Rap- und HipHop-Band Nomadic Massive. Die Gruppe aus drei Rappern und zwei Rapperinnen, begleitet von Gitarre, Bass, Schlagzeug und zwei Bläsern, brachte die Menge vor der großen Parkbühne dann noch mal mit schnellem Rap-Gesang und Dance-Beats gewaltig zum Kochen.

*

Nach drei ereignisreichen Tagen war man, der Hitze geschuldet, am Sonntag doch schon etwas ausgepowert. Der letzte Festivaltag lud aber nochmal zu einigen Entdeckungen und Highlights ein. Im Heinepark überraschte u.a. die erste Frauen-Akapella-Gruppe Nobuntu aus dem südafrikanischen Zimbabwe, die das Publikum ebenso begeisterten wie die Monster Ceilidh Band. Die jungen Briten mischten englische und schottische Volksmusik mit Drum’n’Bass und brachten so das müde Partyvolk, das sie schon am Samstag im Tanzzelt geschafft hatten, wieder auf die Beine. Gleich im Anschluss dann das wohl interessanteste Musikprojekt des 25. TFF:

Aus der Schweiz kommt das Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp. Mit musealer Sanitärkeramik des „allmächtigen“ Ready-made-Künstlers Marcel Duchamp hat das aber so gut wie nichts zu tun. Es ist wohl eher die Lust am Experimentieren mit gebräuchlichen Stilrichtungen der Musik wie Jazz, Punk, alternativem Pop und New-Wave, was recht schräg anmutend mit Afrobeats und Calypso-Klängen gemixt wird. Minimalistische Konzeptkunst im besten Sinne, die trotzdem rhythmisch mitriss und für gute nachmittägliche Stimmung im Park sorgte.

Kein TFF kommt ohne die obligatorische Balkan-Brass-Kapelle aus. Auf der großen Bühne des Heineparks battelte dann gleich eine ganze Schar von coolen mazedonischen Sonnenbrillenträgern um den Titel "Gypsy-Superstar". Angeblich können sie sogar Berge zum Tanzen bringen. Das Džambo Agušhevi Orchestra hatte so auch schon den inoffiziellen, aber amtlichen Weltmeistertitel aller Balkanbläser gewonnen und brachte zumindest das Rudolstädter Tanzvolk vor der großen Bühne des Heineparks zum Hopsen. Gepflegt, aber nicht unwitzig, konnte dann noch auf der Heidecksburg zu den Klängen des Yiddish Twist Orchesters getanzt werden. Die Gruppe um den Chef Dave Bitelli am Saxofon, den Sänger Natty Bo und den recht kommunikativen Gitarristen Ben Mandelson lässt ein ganzes jüdisches Salonorchester des Swingin‘ London der 1950er Jahre inklusive der reizvoll twistenden Radio-Sisters wieder aufleben.



Das Yiddish Twist Orchestra beim tff in Rudolstadt | Foto (C) Stefan Bock


Man kann sicher immer nur einen kleinen Querschnitt des vielfältigen TFF-Programms Revue passieren lassen. Alles zu sehen, wird einem wohl nie gelingen. Aber auch die Hitzeschlacht zum 25. Jubiläum bleibt in guter Erinnerung. Den Schlusspunkt setzte am Sonntagabend im Heinepark der Deutsche Reggae-Musikers Patrice, der neben seinem Faible für Reggae, Soul, Funk und HipHop auch seine romantische Seite mit Herz-Schmerz-Popsongs wie "Faces (I believe in something bigger than me)" vom neuen Album The Rising of the Son zeigte und damit vor allem den TFF-Nachwuchs begeisterte. Die Erlösung mit erfrischenden Temperaturen brachte dann kurz nach dem Ende des Konzerts der lange angesagte Gewitterguss.

* * *

Auch im nächsten Jahr wird es wieder ein TFF in Rudolstadt geben. Es findet vom 7. bis 10. Juli 2016 statt und richtet den Fokus auf die unterschiedlichen Musikstile und Traditionen aus Kolumbien und auf den Tanz Cumbia.


Stefan Bock - 8. Juli 2015
ID 8753
Weitere Infos siehe auch: https://tff-rudolstadt.de


Post an Stefan Bock

blog.theater-nachtgedanken.de

Und Gabby wartet im Heinepark...
TFF Rudolstadt 2015 (Halbzeitbericht)



  Anzeigen:





MUSIK Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BAYREUTHER FESTSPIELE

CASTORFOPERN

CD / DVD

INTERVIEWS

KONZERTKRITIKEN

LEUTE MIT MUSIK

LIVE-STREAMS |
ONLINE

NEUE MUSIK

PREMIERENKRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski



Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal




Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)