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Ohne Nagano,

schade


Hamburgische Staatsoper:

DIE FRAU OHNE SCHATTEN

und MAHLER 8


Roberto Saccà und Emily Mageein als Kaiser und Kaiserin in Die Frau ohne Schatten an der Hamburgischen Staatsoper | Foto (C) Brinkhoff/Mögenburg

Bewertung:    



Die Absicht Kent Naganos aktuelle Auffassungen zu zwei Schlüsselwerken der Musikgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts (Richard Strauss' Die Frau ohne Schatten, UA 1919 sowie Gustav Mahlers 8. Sinfonie Es-dur, UA 1910) in Hamburg, wo er seit zwei Jahren Generalmusikdirektor ist, einordnend zu erkunden, sollte jetzt - nicht nur zum Leidwesen des extra hierzu angereisten Rezensenten - daran scheitern, dass der Maestro krankheitshalber ausfiel; ja und hoffentlich genest er schnell und kräftig wieder!

* *

Axel Kober, einer von den vielversprechendsten und wohl interessanteren Kapellmeistern der unter Fünfzigjährigen, sprang kurzfristig am Gänsemarkt für Hamburgs Pultstar ein. Wir hatten ihn ein paar Mal an der Oper Leipzig, wo er in der Ära von Chailly Musikdirektor war, beim Dirigieren zugesehen; seit 2009 ist er der GMD in Düsseldorf & Duisburg, und auch Bayreuth hatte/hat ihn mittlerweile (für den Tannhäuser und für den Holländer) unter Vertrag. Was unvergleichlich von ihm ausgeht: Dass er Riesendampfmaschinen, noch bevor sie durch Totalerhitzungen zu explodieren drohen, richtig deckeln kann. Bei Strauss' Die Frau ohne Schatten - einem Werk voll orchestralem Überrausch - scheint diese Art von ziseliererischem "Nüchternbleiben" auf das Herzlichste willkommen. Nicht genug damit, dass man sehr große Müh' und Not aufbringen müsste, um das größtverquastetste von allen komponierten Kunstmärchen auf unserm Erdball allgemeinverständlich nacherzählen zu können (was partout nicht geht! zu mächtig scheint der fabulöse Schwachsinn), muss man auch noch seine hörerischen Sinne möglichst zügeln, um vor lauter schönklangigem Vollgeschüttetsein nicht zu ersaufen - dieses merkwürdige Werk hat schon was teufelig Verführerisches...

Bühnenbildner Harald B. Thor beansprucht für die szenische Beglaubigung der zwischen Himmel & Hölle hin und her wechselnden Welten die Gesamthydraulik der Hamburger Staatsopernmaschinerie - so derart imposant und regelrecht fast einschüchternd habe ich diese "Wanderungsbewegungen" vom Geister-KaiserInnen-Reich zum Proletarier-FärberInnen-Untergrund noch nie erlebt; das war schon topp!!!!!

Geniale Schlussbildlösung auch: Andreas Kriegenburg, der Regisseur, versetzt die sich versöhnt oder verschwistert habenden ProtagonistInnen in einen heillos-heiligende Paradieszustand - man sitzt auf weißen Parkbänken, isst Erdbeeren, ja und dahinter und davor spielen süßeste Kindlein auf der grünen Wiese; Friede, Freude, Eierkuchen.

Aus der Riege der gecasteten VokalsolistInnen ragte v.a. Lise Lindstrom (Baraks Weib) hervor! Sie wurde dann auch auf das Stürmischste gefeiert.

Sehens- als wie hörenswert.




Lise Lindstrom als Baraks Weib in Die Frau ohne Schatten an der Hamburgischen Staatsoper | Foto (C) Brinkhoff/Mögenburg


*

Am Tag danach noch kurz zu einem Abstecher zur Elbphilharmonie geschweift...

Ein alter Hase, was die Mahler-Sinfonien anbelangt, sprang diesmal für Nagano ein: Der Israeli Eliahu Inbal (81) übernahm das Großprojekt von Mahler 8:

Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg sitzt in Hundertschaftenformation auf dem Konzertpodium, und über ihm und rechterseits wird es von den drei einbestellten Chören ein-/umrahmt. Hinzu kommt noch eine von Künstlerin rosalie frei schwebende Riesen-Konstruktion von sieben 'rabhängenden und mehr längs- wie breitseitigen Quadern, worauf - während der Musik - Farblichtspielelemente projiziert werden; wer also Lust auf optisch Ablenkendes hatte, konnte sich auf dieses Zuspektralisierende ruhig fokussieren (und wir wollen gar nicht wissen, was das Alles bloß gekostet haben mag).

Auch dieses Werk, die sog. Sinfonie der Tausend, die der Mahler wohl in einem anfallartigen Erschaffungsrausch von nicht mal 8 Wochen zusammenkomponierte, sprengt die Konventionen. Außer seinem äußerlichen Ausgeufertsein und insbesondere jenem ohrlichen Aufgeschrecktwerden kurz nach der Intonierung des gewalttätigen Pfingshymnus erreicht es allerdings beim Hörenden, rein intellektuell, nur minimalste Wirkungen; ja, Goethens Schlussszene aus Faust will man sich doch dann lieber "nur mit Text" als weniger denn mit zurieselnder Musik in Ruhe zugemüte führen.

Unbedingt verblüffend: die Akustik dieses Mega-Krachers in der Elbphilharmonie - nichts schwimmt, und alle Instrumente klingen irgendwie und hochsensationeller Weise voreinander absortiert, so was wie kammermusikalische Verlautbarung trotz arg "beeinträchtigender" Windstärke 12. Genialer Bau!




Lichtinstallation von rosalie zu Mahler 8 mit dem Philharminischen Staatsorchester Hamburg in der Elbphilharmonie | Foto (C) Wolf-Dieter Gericke


* * *

Die Hamburgische Staatsoper hatte es jetzt mal wieder richtig zeigen können, was sie eigentlich dann ist: ein superlatives Schwergewicht.


Andre Sokolowski - 2. Mai 2017
ID 10001
DIE FRAU OHNE SCHATTEN (Hamburgische Staatsoper, 29.04.2017)
Musikalische Leitung: Axel Kober
Inszenierung: Andreas Kriegenburg
Bühnenbild: Harald B. Thor
Kostüme: Andrea Schraad
Licht: Stefan Bolliger
Dramaturgie: Janina Zell
Besetzung:
Der Kaiser ... Roberto Saccà
Die Kaiserin ... Emily Magee
Die Amme ... Linda Watson
Der Geisterbote ... Bogdan Baciu
Barak ... Andrzej Dobber
Sein Weib ... Lise Lindstrom
Der Einäugige ... Alexey Bogdanchikov
Der Einarmige ... Bruno Vargas
Der Bucklige ... Markus Nykänen
u.v.a.
Chor der Hamburgischen Staatsoper
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Premiere war am 16. April 2017
Weitere Termine: 04., 07.05.2017

MAHLER 8 (Elbphilharmonie Hamburg, 30.04.2017)
Musikalische Leitung: Eliahu Inbal
Lichtskulptur: rosalie
Dramaturgie: Johannes Blum
Besetzung:
Sarah Wegener, Sopran (Magna peccatrix)
Jacquelyn Wagner, Sopran (Una poenitentium)
Heather Engebretson, Sopran (Mater gloriosa)
Daniela Sindram, Alt (Mulier samaritana)
Dorottya Láng, Alt (Maria aegyptiaca)
Burkhard Fritz, Tenor (Doctor marianus)
Kartal Karagedik, Bariton (Pater ecstaticus)
Wilhelm Schwinghammer, Bass (Pater profundus)
Hamburger Alsterspatzen
Staatschor Latvija
Chor der Hamburgischen Staatsoper
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-hamburg.de


http://www.andre-sokolowski.de

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