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Das Leben,

eine Achter-

bahn



Faust an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Matthias Baus

Bewertung:    



Oder ein Autoscooter. Und vielleicht ist es am Ende ja wirklich so wie auf dem Rummelplatz. Gerade war‘s noch Hui und Yippieh-Yeah, doch plötzlich: Oooch! - Fahrt vorbei, bitte steigen Sie aus. Reicht uns das? Der Deckel drauf und fertig? Oder würden wir gern nochmal zurück auf Los? Doktor Faust entscheidet sich für Letzteres, schließt einen Pakt mit dem Beelzebub und tauscht sein Dasein als tattriger Mümmelgreis gegen jugendliche Vitalität. Also raus aus der mobilen Herz-Lungen-Maschine, rein in den rosaroten Paulchen Panther-Paillettendress - und ab damit: Get the Party Started!

Vergleicht man Philipp Stölzls in Basel abgespielte und für Berlin wieder ausgebuddelte Faust-Inszenierung mit einem Fahrgeschäft, so ist resümierend festzustellen: Eine Runde reicht dicke! Dabei hat die Abfahrt (1. Akt) noch durchaus den Anschein, dass dieser Trip spannend werden könnte. Doch der sich daran anschließende Bummelzug durch das Tannenparadies (2. Akt) und das gefühlskalte Geriesel (Schnee, von gestern) im dritten Streckenabschnitt machen diesen Eindruck schnell wieder zunichte.

Stölzl liefert im Grunde das ab, was er immer abliefert - reichlich Schauwert. Was aber bei Rienzi mittels eingesetzter Leni Riefenstahl-Optik ganz wunderbar funktionierte, wird dem Regisseur diesmal zum Verhängnis: Der Abend versinkt in der Flut seiner Bilder und läuft mit viel Getöse auf Grund. Und dass vor allem deshalb, weil’s an bezwingenden Inhalten fehlt. Ein kniffliges Drehbühnenkonstrukt, ein Glückshase (Sibel) und drei nackte Oberkörper (Faust, Méphistophélès, Valentin) machen halt an sich noch kein Theater.

Das muss selbst Stölzl irgendwann bemerkt haben und verpasst uns in der Schlusskurve noch eins mit dem Holzhammer: Das Unterschichten-Gretchen fantasiert sich eine Las Vegas-Hochzeit mit Faust herbei, vernachlässigt dadurch ihr Kind und wird für dessen Tod mit der Giftspritze hingerichtet. Freilich gehen dieser Bitte um Buhs einige auf den Leim.

Aber die Solisten! Ronnita Miller zieht mit ihrer Marthe alle Augen und Ohren auf sich; Stephanie Lauricella singt einen stimmlich frischen, lupenrein intonierenden Siebel; Thomas Lehman punktet als kernig-kerliger Valentin; Ilbebrando D’Arcangelo kommt als professionell routinierter, ungemein eleganter Mephisto daher, und Teodor Ilincăi ist zwar kein sonderlich französisch klingender, aber kraftvoll strömender, leidenschaftlicher Faust.

Man kommt um diese Formulierung einfach nicht herum: Wenn es einen Grund gibt, diese Oper wieder Margarethe zu nennen, dann heißt er Krassimira Stoyanova. Hier ist ein so berückend phrasierender, tiefenmelancholischer, ausdrucksstarker Sopran zu hören, der einem wahrlich den Atem raubt. Wie herrlich fluten die Piani herauf, wie betörend das Legato.

Ein weiteres kleines Wunder vollbringt der am Pult waltende Marco Armiliato, der sich für Gounod viel Zeit nimmt. Denn er versteht es, die langsamen Tempi auch mit Sinn zu füllen. Mal öffnen sich die zartesten Blüten im Graben, dann wieder erinnert der Klang des famos aufspielenden DOB-Orchesters an den einer Spieluhr.



Faust an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Matthias Baus

Heiko Schon - 1. Juli 2015
ID 8738
FAUST (Deutsche Oper Berlin, 30.06.2015)
Musikalische Leitung: Marco Armiliato
Inszenierung: Philipp Stölzl
Co-Regie: Mara Kurotschka
Bühne: Philipp Stölzl und Heike Vollmer
Kostüme: Ursula Kudrna
Licht: Ulrich Niepel
Chöre: Thomas Richter
Dramaturgie: Anne Oppermann und Sebastian Hanusa
Besetzung:
Faust ... Teodor Ilincai
Méphistophélès ... Ildebrando D'Arcangelo
Marguerite ... Krassimira Stoyanova
Valentin ... Thomas Lehman
Siebel ... Stephanie Lauricella
Wagner ... Carlton Ford
Marthe ... Ronnita Miller
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Berliner Premiere war am 19. Juni 2015
Weitere Termine: 2. + 5. 7. 2015


Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de


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