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Opernkritik

Im Chaos

der Gefühle



Così fan tutte an der Kölner Oper | Foto (C) Paul Leclaire

Bewertung:    



Giocosa (also "scherzhaft") ist wenig an Mozarts und da Pontes Oper Così fan tutte. Zwar ist das Ganze als heiteres Verwirrspiel angelegt – zwei Männer verkleiden sich und werben um die Braut des anderen. Aber schon die Absicht dahinter ist bedenklich: Die Beiden wollen die Treue ihrer Verlobten testen. Das Ergebnis ist bekannt: Così fan tutte ("so machen’s alle"). Auf die Treue der Frauen (und Männer) kann man nun einmal keine Burgen bauen.

Die Skepsis gegenüber der vermeintlich leichten Oper Così herrscht auch bei Regisseurin Tatjana Gürbaca und ihrem Team vor, die Mozarts Werk ursprünglich für das Palladium inszenierte. Nun ist es in einer Wiederaufnahme im Staatenhaus zu sehen. Gürbaca gibt dem Affen zunächst ordentlich Zucker. Kaum ein Moment auf der Bühne, in dem nichts passiert: Die Herren, in hellbraune Leinenanzüge gekleidet, spielen Federball und raufen spielerisch miteinander, die Damen gefallen sich in emotionalen Posen und rennen von einer Ecke des Raumes zur nächsten. Das wirkt auf Dauer ein wenig anstrengend. Aber dann gibt es sie doch noch: die Momente des Stillstands, der Ruhe. Bezeichnenderweise sind es die beiden großen Arien von Fiordiligi und Ferrando, in denen sich alles auf die jeweiligen Protagonisten konzentriert – wenngleich auch in sehr unterschiedlicher Weise. Und siehe da, die Inszenierung hat abseits von allem szenischen Aktionismus auch etwas zu erzählen und vermag zu berühren.

In Fiordiligis großer Arie „Come soglio“ etwa besingt die tugendhaftere der beiden Damen ihre Standhaftigkeit, wird dafür zugleich von allen Herren bewundert und steht wider Willen mitten im Rampenlicht. Wobei sich der Widerwillen nach und nach in Gefallen auflöst. Ihre Schwester Dorabella hingegen steht im Schatten. Einfach, aber wirkungsvoll. Später dann bei Ferrandos „Un aura amorosa“ wird es deutlich inniger: Alle anderen versammeln sich hier an der Rampe, setzen sich, vorsichtig, wie verzaubert und lauschen in andächtiger Ruhe.

Hier traut sich die Regie, auf ihre Sänger und die Musik zu vertrauen: Es geht in Così eben nicht um ein abstraktes Prinzip von Treue und Liebe, sondern um junge Menschen mitten im Chaos der Gefühle, die – und das macht dann eben die Qualität der Oper aus – ihre Prinzipien nicht alle gleichermaßen leicht über Bord werfen. Passend dazu punktet Kölns Così mit einer durchweg jungen Besetzung, die sowohl stimmlich auch als szenisch zu überzeugen weiß. Besonders hervorzuheben ist hier Jacquelyn Wagner. Sie verleiht Fiordiligi szenisch und musikalisch eine Würde und Glaubwürdigkeit in den Gefühlskonflikten, die berühren. Auch die Tatsache, dass Don Alfonso weniger der alte weise Mann ist als der große Bruder der beiden Freunde und zugleich Kontrahenten Ferrando und Guglielmo, kommt dem Ansatz zugute, der Geschichte ihre belehrende Moral zu nehmen.

Gürbaca gelingt ein beherzter, erfrischender Zugriff auf Mozarts Così, die gemeinhin musikalisch als sein reifstes Werk bezeichnet wird. Sie stellt das Gefühlschaos junger Menschen in den Vordergrund, die sich vielleicht zunächst für den Falschen entschieden haben und in neuer Konstellation unter Umständen besser zueinander passen. Diese Erkenntnis ist in dem einen oder anderen Falle schmerzhaft, aber zugleich menschlicher, als an einem vertrockneten Konzept von Treue festzuhalten, das mit der Realität wenig zu tun hat.



Così fan tutte an der Kölner Oper | Foto (C) Paul Leclaire

Karoline Bendig - 28. Mai 2016
ID 9344
COSÌ FAN TUTTE (Staatenhaus, 25.05.2016)
Musikalische Leitung: Francesco Pasqualetti
Inszenierung: Tatjana Gürbaca 
Bühne und Kostüme: Ingrid Erb
Licht: Andreas Grüter
Chor: Andrew Ollivant
Dramaturgie: Tanja Fasching
Mit: Jacquelyn Wagner (Fiordiligi), Katrin Wundsam (Dorabella), Andrei Bondarenko (Guglielmo), Maximilian Schmitt (Ferrando), Aoife Miskelly (Despina) und Markus Werba (Don Alfonso)
Chor der Oper Köln
Gürzenich-Orchester Köln
Statisterie der Oper Köln
Premiere an der Oper Köln war am 24. November 2012


Weitere Infos siehe auch: http://www.operkoeln.com


Post an Karoline Bendig



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