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Elbphilharmonie

Silence is

sexy


Einstürzende Neubauten


Einstürzende Neubauten | Foto (C) Bargeld Entertainment / Bildquelle: elbphilharmonie.de

Bewertung:    



Sie sind die Avantgarde-Pioniere aus den Hausbesetzer-Zeiten, angetreten mit der Blauen Tonne, Plastik-Kanistern und Rohren aus dem Sanitärbereich. Dazu kommt noch die goldene Rettungsdecke zum Einsatz, mit der knistern sie sich in die Elbphilharmonie.

Und wer sonst sollte die Akustik besser testen als eine Band mit historischen Instrumenten aus dem letzten Jahrtausend, wie Blixa Bargeld es nennt. Da sieht man, sie sind zeitlos; manche Musiker reifen und werden mit der Zeit noch besser. Und Blixa, der souveräne Frontmann, steht da im Glitzer-Anzug und kündigt die tolle Nachmittags-Matiné an; danach könne man so viel noch unternehmen. Außerdem komme er selten hier vorbei.

Guter Humor!

Auch seine markerschütternden Schreie klingen hier wunderbar. Der affenscharfe Bass von Alexander Hacke [s. Foto unten] treibt uns durch den neuen Tempel, der ja schon Risse habe, diese künftige Ruine. Ein alter Text, der hier gut passt. Blixa meint: "Kommen Sie mich mal besuchen, ich hab unendlich Zeit."

So ist es wirklich ein Haus für Alle. Eine Band, die früher einmal in maroden Kellern geprobt, sich zwischen Himmel und Erde gequetscht fühlte - hier und jetzt spielen sie in beachtlicher Höhe; der Raum weit, glanzvoll die Lichter, ästhetisch die Wände und die geschwungenen Ränge. Der Saal ist eine Augenweide, die Sitzpolster ein Genuss.

Wer dachte, die Einstürzenden Neubauten bringen hier Unruhe, der lag falsch. Diese Band ist eine Gefahr für unser Leben!! Sie versetzt die Herrscher in Angst und Schrecken! Ja, politisch sind sie, geben sie doch selber alles. In einem Flutkeller nahe der besetzten Häuser der Hafenstraße experimentierten sie damals mit Gitarre und Aufnahmegerät. Seitdem loten sie die Tiefen aus und fragen sich: Noch nichts dazu gelernt?

Und während die Klangkörper von Unruh und Rudolf Moser unaufhörlich geschlagen, gerüttelt und geschüttelt werden, spielt der Gitarrist Jochen Arbeit eigenartige Töne ein, sehr sensibel, sehr sphärisch. Dazu der schreiende Phantom-Schmerz von Bargeld, und sämtliche Zellkerne im Saal sind miteinander verbunden.

Dann singen sie gemeinsam das Salamandrina Mantra, inspiriert vom Salamander, der niemals vom Feuer verzehrt wird. Im Gegenteil, das Feuer erneuert die Kreativität, verbrennt nur das Alte. Darauf folgt wieder und wieder Chaos und das Konzept der Konzeptlosigkeit.

Aus den ehemaligen genialen Dilettanten, deren Gründung am 1. April 1980 in dem Berliner Club Moon geschah, hat sich seitdem kontinuierlich eine Schönheit der Dissonanz entwickelt.

Langeweile kommt nicht auf. Auch hat Blixa absurde und fein artikulierte Texte auf Lager: hier gibt es keine „harmlosen Wolken“. Oder er hat Ideen wie: das Intro komme eigentlich vom TV; er zückt sein Handy, aber hier wäre so ein schlechter Empfang... Und dann die Frage im Lied: "How did I die? Or did I die at all?"

All das geht in die obersten Gehörgänge und gegen alle Konventionen. Expandersound, Katzenmiauen, leises Säuseln oder schrille Töne; nichts wird verschluckt. Der Saal ist rund und offen wie ein Ohr. Ich sitze ganz unten nahe der Bühne und denke mal, der Gesang konnte sich hinaufschwingen in die obersten Ränge, in die höchsten Höhen des Musikhimmels. Dabei vibriert dann der Boden in die tiefsten Tiefen hinein, zunächst in die Elbe und dann ins offene kosmische Meer.

Was singt er da? Das Fundament stehe an der falschen Stelle, man hätte das Haus in den Himmel setzen sollen? Dort wäre man dann frei zu lärmen, ganz ohne Schuld.

*

Ich will nur noch solche Highlights erfahren. Und dann gehen wir zu dir und zu mir.




Im Großen Saal der neuen Elbphilharmonie: Einstürzende Neubauten mit Alexander Hacke | Foto (C) Liane Kampeter

Liane Kampeter - 23. Januar 2017
ID 9801
Weitere Infos siehe auch: http://www.elphilharmonie.de


Post an Liane Kampeter

http://www.liane-kampeter.de



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