Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 5

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Konzertkritik

Wunschmelodie

war gestern



Bewertung:    



Kennen Sie DAS Erfolgsstück Berlins? Läuft jeden Sommer… Nein, nicht Cabaret: Der Klassiker heißt "Keine Vorstellung". Ein Gag mit furchtbar langem Bart, ich weiß, aber eben auch ein Faktum. Ich steige also vom hohen Sockel der Philharmonie herab, gehe ausnahmsweise mal vor die Tür und lande auf dem Boden der Tatsachen, dem Gendarmenmarkt. Dort findet im Juli traditionell das Classic Open Air Festival statt, und das feiert in diesen Tagen sein 25-jähriges Jubiläum. Davon zeigt sich selbst Petrus beindruckt und sendet sonnige Grüße von oben. Neu ist das Datum: Es war eine längst überfällige Entscheidung, den Ferienbeginn aller drei Opernhäuser abzuwarten und erst Ende des Monats vor das Konzerthaus zu bitten.

Dort herrscht an diesem wunderbar milden Abend allerbeste Bratwurststimmung: Es wird gemampft und angestoßen, ein noch leger gekleideter Cameron Carpenter schnattert mit der Belegschaft und nippt am Bierchen, Gerhard Kämpfe charmiert Publikum und Sponsoren gleichermaßen und heißt das Konzerthausorchester Berlin ganz herzlich willkommen zurück an Bord seines schnittigen Unterhaltungsdampfers.

Mit Gershwins Amerikaner in Paris, eine Rhapsodie, die mit rasanten Tempowechsel und kantigen Klangfetzen überrascht, beginnt eine ungewohnt anspruchsvolle erste Programmhälfte. Die im Grunde nur im dritten Satz ihrer Bezeichnung gerecht werdende Schottische Fantasie von Max Bruch wird von Ray Chen in einer Virtuosität dargeboten, die einen in Erstaunen versetzt: Was für ein technisch brillantes, emotionsgeladenes Violinenspiel, frei von jedweder larmoyanten Kammertonattitüde! Lustvoll spielt er sich mit Dirigent Kristjan Järvi die Bälle zu, welcher wiederum mit sichtbarer Schlagfreude am temperamentvollen Takt bei der Sache ist. Feinifein!

Nach der Pause geht’s noch etwas weiter an den Rand: Cameron Carpenter performt eine recht schauderhafte Orgelversion von Lenny Bernsteins Candide-Ouvertüre. Mal klingt’s wie eine kaputte, holländische Straßenorgel, dann nach einem Klingelton aus dem Karamba-Sparabo. Nicht mein Fall. Auch die Orchestermusiker kehren erst nach dieser Nummer auf ihre Plätze zurück: Samuel Barbers Toccata Festiva (1960) ist leider nicht mehr als eine aus Boulez-, Metropolis- und Hollywood-Pomp-Tönen zusammengequirlte Musikmatsche.

Daraufhin rauscht Nadja Michael in pastellgelbem Michalsky an die Rampe. Die Songs von Gershwin, Porter und Bernstein gehören nicht wirklich zu ihrem Fach, dazu ist die Stimme zu dramatisch, das Vibrato zu ausladend. Immerhin singt Michael mittlerweile Wagners Ortrud. Aber sie bekommt das gut hin, vor allem in den tieferen Lagen. Somewhere liegt ihr am besten in der Kehle.

Zu guter Letzt: Maurice Ravels unverwüstlicher Boléro. Das Konzerthausorchester rockt mit spitzen, griffigen, mitreißenden Klängen. Als Zugabe purzelt Bizet auf Debussy. Auch wenn nicht alles so recht leuchten wollte: Die Öffnung hin zu Unbekanntem, Unerhörtem ist goldrichtig.



Classic Open Air vor dem Konzerthaus Berlin | Foto (C) Davids

Heiko Schon - 26. Juli 2016
ID 9451
KONZERTHAUSORCHESTER BERLIN (Gendarmenmarkt, 24.07.2016)
George Gershwin: Ein Amerikaner in Paris, „Fantasy“ und „Summertime“ aus Porgy and Bess
Max Bruch: Schottische Fantasie für Violine und Orchester
Leonard Bernstein: Ouvertüre zu Candide (Bearbeitung für Orgel), „Somewhere“ aus West Side Story
Samuel Barber: Toccata Festiva für Orgel und Orchester Op. 36
Cole Porter: „So in Love“ aus Kiss me, Kate
Maurice Ravel: Boléro
Claude Debussy: Claire de Lune (Bearbeitung für Orchester von André Caplet)
Georges Bizet: „Farandole“ aus L’Arlésienne-Suite Nr. 2
Ray Chen, Violine
Cameron Carpenter, Orgel
Nadja Michael, Sopran
Dirigent: Kristjan Järvi


Weitere Infos siehe auch: http://www.classicopenair.de


Post an Heiko Schon



Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!



Vielen Dank.



  Anzeigen:





MUSIK Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BAYREUTHER FESTSPIELE

CASTORFOPERN

CD / DVD

INTERVIEWS

KONZERTKRITIKEN

LEUTE MIT MUSIK

LIVE-STREAMS |
ONLINE

NEUE MUSIK

PREMIERENKRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski



Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal




Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)