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Konzertkritik

Volle

Dröhnung

Cameron Carpenter


Das ist Cameron Carpenter | (C) Michael Hart, Bildquelle: berliner-philharmoniker.de

Bewertung:    



Für das gestrige Sonderkonzert mit Werken von Johann Sebastian Bach an der Karl-Schuke-Orgel der Berliner Philharmonie hat Harald Hodeige eine umfassende Einführung aus den historischen Quelltexten zusammengestellt, in dem das Orgelspiel Bachs beschrieben wird. Die Kronzeugen sind C. Ph. E. Bach und J. J. Quantz (Die Kunst der Orgel), sowie Ch. F. D. Schubarth und der Biograf J. N. Forkel, auch Bachs großer Kollege Francoise Couperin kommt zu Wort, dann natürlich Bach selber - und am Ende wird sein Rang als weithin geschätzter Orgelsachverständiger nicht vergessen.

Nicht zu finden war im Programmheft das Programm.

Nach längerem Auf-Sich-Warten-Lassen marschiert Cameron Carpenter zum Spieltisch und gab dem dankbaren Publikum eine totale Orgeldröhnung, bereits nach 40 Sekunden waren Stimmführungen und Motive im Geschwindigkeitslauf weggerauscht. Carpenter vs. Bach. Der schnellste Organist der Welt hatte offensichtlich gut trainiert, und seine Gliedmaßen absolvierten den Notentext mit sicherlich kaum noch zu toppender Beschleunigung.

Als Bachs Transkription (in C, BWV 595) eines Konzertsatzes seines genialen Schülers Prinz Johann Ernst von Sachsen-Weimar verklungen war, stellt sich Carpenter neben den Spieltisch, schaltet Lächeln in sein tödlich kaltes Gesicht und dann wieder aus und sagt die Stücke an. Warum? Man weiß es nicht. Englisch. Warum? Man weiß es nicht (anstatt „Präludium“ sagt er „Prelude“, anstatt „und“: „and“ und für „Fuge“ sagt er „Fugue“). Wenn er die deutschen Titel nicht aussprechen kann, warum sind sie nicht ins Programm gedruckt? Zu der Musik sagt er nichts. Ich frage mich: Was auch hätte er da zu sagen? Sie interessiert ihn nicht. Er spielt den Notentext. Schnell, nicht ohne Fehler, rücksichtslos und als sollte es Reger sein, ab und zu ein Glissando als kecker Schuss drauf, hach wie „respektlos“. Technokratisch walzt er alles platt. Die Registraturen sind auf Effekt berechnet. Alles ist auf Effekt berechnet, sportiv, Leistungssport. Musik als Akrobatik. Konzert als Ware. Besatzung eben. In Bagdad haben sie die Artefakte aus dem Museum geholt und verkauft. Genau das passiert hier auch. Hämisch feixt Carpenter vor sich hin, als nach dem Choralvorspiel Nun komm´, der Heiland Heiden der Applaus etwas verspätet einsetzt, er dreht sich toternst um und schaltet zum Verbeugen wieder kurz sein Grinsen auf. Bach ist tot, töter, am tötesten.

Das Publikum tobte wie im Sportpalast. Der totale Gewinner heißt Carpenter. – Ich fliehe.
Olaf Brühl - 5. Oktober 2015
ID 8913
Weitere Infos siehe auch: http://www.berliner-philharmoniker.de


Post an Olaf Brühl

http://www.olafbruehl.de



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