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nachDRUCK # 5

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CD-Kritik

A capella,

sächsisch

und zudem

vom Allerfeinsten



Bewertung:    



Darf ich vorstellen: das Leipziger Vokalquintett ENSEMBLE NOBILES.

Die Gebrüder Paul & Lucas Heller (Countertenor & Bass), der Tenor Christian Pohlers und der Bassbariton Lukas Lomtscher riefen die Gruppe vor etwa 10 Jahren ins Leben, die vier Sänger kannten und kennen sich aus ihrer Kinder- und Jugendzeit beim Thomanerchor Leipzig. Der in London geborene englische Bariton Benjamin Mahns-Mardy, selbst längst Wahlleipziger, komplettierte etwas später das Ensemble. In dieser definitiven Besetzung tritt es nunmehr auf.

Nach Monaten der pandemiebedingten Zwangspause füllt sich jetzt wieder sein Veranstaltungskalender. Für den Sommer sind Konzerte in Hamm, Herxheim, Münchenlohra, Roßwein, Wechselburg, Schwarzenberg, Kochberg, Leubnitz, Herdecke oder Löbejün angezeigt; sämtliche Abstecher führen dem Anschein nach in die Provinz - aber man sollte sich nicht täuschen lassen, nein. Denn das Ensemble hatte bisher auch schon weitaus größere Distanzen absolvieren dürfen als die obig angezeigten, und so war es beispielsweise schon in Holland, Frankreich, Finnland, Spanien und Italien, selbst Flughäfen in den USA, Australien und Neuseeland oder Singapur flog das Quintett die letzten Jahre an.

Es singt bevorzugt Männerchöre der Romantik, so von Mendelssohn, Schumann und Reger. Und auch kirchenmusikalischer Bestand wird von ihm präferiert. Sein Repertoire reicht ohnehin von spätmittelalterlichen Messen bis zur Moderne.

Auszeichnungen und Stipendien zeugen von der ganz besonders sängerischen Qualität und Güte, die ihm seither attestiert wird.

*

Aktuell haben die Sänger 22 deutsche Volkslieder auf Platte aufgenommen und die Scheibe schlicht und einfach mit vollxlied betitelt.

Und auf ihr geht es - außer solide - auch noch ziemlich sächsisch (also ziemlich lustig) zu, und sowieso hört sich das Alles prima an - reinster Gesang, und das vom Allerfeinsten!




Das Leipziger Vokalquintett ENSEMBLE NOBILES mit dem Bassbariton Lukas Lomtscher, dem Countertenor Paul Heller, dem Bariton Benjamin Mahns-Mardy, dem Tenor Christian Pohlers und dem Bass Lucas Heller (v.l.n.r.) | Foto (C) Christian Wolf


*

Der Musikwissenschaftler und -historiker Anselm Hartinger, der für das Booklet zur CD einen sehr lesenswerten Beitrag unterm Titel Von der Geselligkeit zur patriotischen Erbauung und zurück. Ein Lob des vollxlieds beisteuerte, meint:


"Unsere Zeit hat nun ihre eigenen Zugänge [zum Volkslied, AS] gefunden. Sie zeichnen sich durch die Wiederbegegnung von improvisationsnaher Alte-Musik-Praxis und volksmusikalischen Elementen aus und bekennen sich zu einem von Satzgesang und Barbershop inspirierten Schwung, der sich vom Muff der Bierzelte wie vom Trachtenplayback der Fernsehstadl abwendet und so die Lebendigkeit dieser Liedgeschichten wiederherstellt, sie durch coole Arrangements und dezente 'Störungen' aber neu aufbereitet."


Es gibt vier original von Max Reger gesetzte Lieder (Liebchens Bote; Das Sternlein; Ich hab die Nacht geträumet; Dianderl tief drunt im Thal), drei von Friedrich Silcher (Burschenlust; Loreley; Zu End'), und die Sätze der restlichen Lieder stammen größtenteils von den Ensemblemitgliedern Paul Heller und Christian Pohlers.

Bei Loreley geht's zweiteilig zugange, und zwar so: Im Backround klingt ein vierstimmiges "Duh-duh-duh", ja und darauf spricht (wahrscheinlich Lukas Lomtscher?) alle Strophen von De Säk'sche Lorelei der Leipziger Mundartdichterin Lene Voigt - solider Cut - - und alle Fünf stimmen sofort dann in den O-Text Heinrich Heines ein. Authentische Kombination; doch, doch.

Mein Lieblingslied ist Nummer 10 auf der CD und heißt Mein Liebchen war aus Leipzig. Hartinger beschreibt es so:


Das Lied "greift den Topos von den hübschen und cleveren Leipzigerinnen auf; akademische Bildungssplitter wie die 'schaumgeborene' Venus verraten die Herkunft aus einem Commersbuch." Und sein Arrangement "kostet die Spannung zwischen Bordsteinschwalbe aus Klein-Paris und erträumter südlicher Carmen lustvoll aus und versetzt so das aus dem Vormärz stammende Lied in das heutige Studentenleben."


Es ist auch deshalb mein Lieblingslied, weil ich mich während des Hörens zwanghaft und sofort an meine eigene Studien- und Liebeszeit in Leipzig, wo ich über sieben Jahre lang verbrachte, 'rückbesann; die Liebenswürdigkeit und der besondere Humor von diesem warmherzigen "Menschenschlag" hatte und hat etwas Berührendes und giert so permanent und wunderschön nach einer Art von Un-Distanz, und das (auch das) gefiel mir damals so.

Exorbitant auch Nummer 6 auf der CD, Reminiszenz an eine Heideblume, denn: Die weltbekannte Melodie "Sah ein Knab ein Röslein stehn" (von Heinrich Werner, der von 1880 bis 1833 lebte also vielzu jung verstarb) wird lediglich mit Vokalisen vorgetragen. Ohne Text. In einer schönen Bearbeitung von Pohlers, in der auch für Dissonanzen schonend Platz geboten worden ist.

Am Schluss von Nummer 17, Im schwarzen Walfisch zu Askalon, multiplizieren sich die Fünf zu einem Chor; ist also technisch "aufbereitet" worden und klingt ungeheuer toll.

Matthias Claudius' Abendlied ("Der Mond ist aufgegangen") weist an die 70 Vertonungen auf, die bekannteste ist freilich die von Johann Abraham Peter Schulz (1747-1800); kennt faktisch jeder. In dem schönen Satz Paul Hellers werden nun die sieben Strophen abwechselnd gesungen und von Schauspielern (Jane Taubert, Susanne Maria Michaelis, Wolfram Kössler) gesprochen; die gesprochenen Strophen "untermalt" das Quintett mit wohlklingenden "Uh"- und "Ah"- und nochmals "Uh"-Teppichs - quasi zum mitsummenden Einwiegen...

Verführt zum Immer-wieder-Anhör'n.

Zauberhafte Männerstimmen.

Andre Sokolowski - 12. Juni 2021
ID 12969
vollxlied
ENSEMBLE NOBILES


1. Wem Gott will rechte Gunst erweisen
2. Die Auserwählte
3. Liebchens Bote
4. Nun ruhen alle Wälder
5. Die Gedanken sind frei
6. Reminiszenz an eine Heideblume
7. Burschenlust
8. Auf, ihr Jäger, lasst uns wallen
9. Das Sternlein
10. Mein Liebchen war aus Leipzig
11. Schwesterlein
12. Liebesklage
13. Ich hab die Nacht geträumet
14. Loreley
15. Dat du min Leevsten büst
16. Dianderl tief drunt im Thal
17. Im schwarzen Walfisch zu Askalon
18. In stiller Nacht
19. Ein Jäger längs dem Weiher ging
20. Der Mond ist aufgegangen
21. Hoch auf dem gelben Wagen
22. Zu End'


Ensemble Nobiles:
Paul Heller, Countertenor
Christian Pohlers, Tenor
Benjamin Mahns-Mardy, Bariton
Lukas Lomtscher, Bassbariton
Lucas Heller, Bass

Label: Discors 95675
VÖ: 17.04.2021


Weitere Infos siehe auch: http://www.ensemblenobiles.de/


http://www.andre-sokolowski.de

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