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Premierenkritik

Eliza,

ungeschminkt



My Fair Lady am Landestheater Neustrelitz | © TOG / Foto: Jörg Metzner

Bewertung:    



My Fair Lady ist das Little black dress unter den großen Musicals. Die hohe Dichte bekannter Nummern - allesamt Evergreens - funktionieren wie die Thematik „Hochnäsige Upper Class versus warmherzige Unterschicht“ irgendwie immer. Erst letzten Monat bewies John Wilson mit seiner neuen Komplettaufnahme, dass in der alten Broadway-Zitrone noch viel frischer Saft steckt. Neben Mein Freund Bunbury (den wir mittlerweile völlig aus den Augen verloren haben) war My Fair Lady das meistgespielte Musical in der DDR, worauf das Landestheater Neustrelitz anlässlich einer Neuinszenierung gleich doppelt hinweist: Einmal in der Ankündigung zur Premiere sowie mit einer Rostocker Straßenleuchte, die für eine Szene im Bühnenbild auftaucht.

Bereits die ersten Takte, die mit palastorchestralem Schmiss aus dem Graben hüpfen, prophezeien einen klanglich vergnüglichen Abend. Und tatsächlich hat Kenichiro Kojima mit der Neubrandenburger Philharmonie einen atmosphärisch fluffigen, streichersahnig-spritzigen Feelgood-Sound erarbeitet: Ein Loewe, der swingt, fetzt und funkelt. Einzig die Tonbalance dürfte gern etwas nachjustiert werden, gehen doch in den musikalisch begleitenden Passagen - trotz der gut sichtbaren Mikroports - einige Dialoge unter.

Ella Marchment und ihr Ausstattungsteam haben radikal entrümpelt und zeigen Eliza Doolittle, ungeschminkt, aber feministisch angetuscht, an einem Ort, überall und nirgends. Sowohl bei der Bühne von Philomena Strack - bestehend aus Stellwänden und Schiebeboxen - als auch in den Kostümen von Sascha Thomsen dominieren die Farben Altrosa-bordeauxrot und bläulich-grünes Türkis, die der jeweiligen Gesellschaftsklasse zugehörig sind. Die Idee kulminiert in der wohl populärsten Szene des Stücks, wenn endlich herrlich artikulierte Blüten auf Elizas Lippen erblühen - und sie quasi selbst ergrünt. Obwohl angesichts einer Spieldauer von drei Stunden die Tragfähigkeit dieses minimalistischen Konzepts auf eine harte Probe gestellt wird, ist die Regie nicht langweilig, nie überfrachtet, auch weil sie dem Bühnenpersonal viel Raum lässt.

Als geborene Wienerin wird Laura Scherwitzl sicherlich den allertollsten Schmäh sprechen, doch leider hat sich Neustrelitz für das näher- wie naheliegende Berlinerisch entschieden. „Ick hab' die Miete noch nich' zusamm'“, meckert Scherwitzl, und man glaubt ihr kein Wort. Es wirkt fast so, als hätte ihr ein realer Higgins den Berliner Jargon extra eingetrichtert, den der Bühnen-Higgins nun wieder auszutreiben hat. Folglich verhält es sich so: Je länger der Abend dauert, desto besser wird Scherwitzls Eliza. Gesanglich ist sie gewiss großartig, von Anfang an.

Robert Merwald gibt einen exemplarischen Henry Higgins: Aalglatt, zynisch, süffisant ... und als nobler Bariton in der Lage, diese Partie auch stimmlich zu meistern - im Gegensatz zu vielen Schauspielern, die oft in dieser Partie besetzt werden. Ryszard Kalus ist ein grundsolider wie sympathischer Pickering, dem allerdings ein Besuch beim Sprachcoach auch nicht schaden würde. Ulrich Burdack kostet die Abräumerrolle des Alfred P. Doolittle genüsslich aus: Minimal der brummelnd seebärige Aufwand - maximal die Wirkung. Andrés Felipe Orozco ist ein lyrisch versierter Freddy, zwar schon etwas betagt für einen jugendlichen Verehrer, aber das perfekte Muttersöhnchen, sodass es einem wie Schuppen von den Augen fällt: Kein Match mit Eliza! Zu guter Letzt: Gabriele Thomann als überaus elegante Mrs. Higgins.

Neustrelitz jubelt!




My Fair Lady am Landestheater Neustrelitz | © TOG / Foto: Jörg Metzner

Heiko Schon - 26. Oktober 2025
ID 15529
MY FAIR LADY (Landestheater Neustrelitz, 25.10.2025)
Musikalische Leitung: Kenichiro Kojima
Inszenierung: Ella Marchment
Bühnenbild: Philomena Strack
Kostümbild: Sascha Thomsen
Choreographie: Adam Haigh
Choreinstudierung: Joseph Feigl
Dramaturgie: Bettina Bartz und Martin v. Bargen
Besetzung:
Eliza Doolittle … Laura Scherwitzl
Henry Higgins … Robert Merwald
Oberst Pickering … Ryszard Kalus
Alfred P. Doolittle … Ulrich Burdack
Freddy Eynsford-Hill … Andrés Felipe Orozco
Mrs. Pearce … Sylke Urbanek
Mrs. Higgins … Gabriele Thomann
Harry … Marin Silni
Jamie … Andreas Hartig
Little Eliza … Constanze Neuweg
Opernchor der Theater und Orchester GmbH
Deutsche Tanzkompanie Neustrelitz
Neubrandenburger Philharmonie
Premiere war am 25. Oktober 2025.
Weitere Termine: 31.10, 8.11, 12., 13., 26.12.2025


Weitere Infos siehe auch: https://tog.de


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