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Feuilleton


12. / 13. / 15. Dezember 2009, Philharmonie Berlin

Sinfoniekonzerte mit den BERLINER PHILHARMONIKERN, der STAATSKAPELLE BERLIN und dem DEUTSCHEN SYMPHONIE-ORCHESTER



Das liest man immer von seinem Platz aus, ehe die Konzerte in der Philharmonie Berlin beginnen...

Rosinenpicken (76 / 77 / 78)


Am Beispiel nachstehender theatralischer "Rosinen" wollen wir uns kurz und schmerzlos an drei außerordentliche Sinfoniekonzerte lang und lieb erinnern - nicht denn ohne etwas über sie als Werk an sich zu spintisiern:


GESANG DER PARZEN
Christian Thielemann hat für Brahm's chorsinfonische Verlautbarung(en) seinen Taktstock außen vor gelassen. Er umfasst also den Apparat (Berliner Philharmoniker und Rundfunkchor Berlin) mit bloßen Händen; es sieht aus, als sei der Schlachter nach getaner Schlachtung, clean geduscht und herrlichsten Lavendel von sich strömend, ruhefreudig auf das Ottomanenhafte einer vor ihm liegenden Musik - er dirigierte freilich alles auswendig - im ausgeglichensten der Sinne eingestellt. So war es auch... Die Parzen gelten im Antiksektor als sogenannte Schicksalsgöttinnen; bei Wagner beispielsweise sieht und hört man sie, als Nornen umgetakelt, in der GÖTTERDÄMMERUNG, und was sie rückblickend und prophezeiend anzumerken haben, klingt nicht grade optimistisch; Parzen, Nornen usw. haben meistens eine unfrohe und schlechtwettrige Sicht zu Dingen dieses Lebens, und so sind sie sich ihrer verpessimiererischen Neumondlaune freilich und sehr besserwisserisch bewusst; der so devot gemachte Hörer oder Leser kann ja zusehn, wie er mit den Endzeitinfo's klar kommt oder nicht. / Brahms komponierte das nach Goethes Text ("Das Lied der Parzen" aus dem Vierten Akt der IPHIGENIE) gemachte Chor- und Albumblatt im Jahre 1882, als er 49 war; angeblich inspirierte ihn hierzu eine Diseuse des Theaters, deren hochheroischst herkommender Duktus ihn aufs Animierendste bewegen tat; die Dame hieß Charlotte Wolter und war an der Wiener Burg zu dieser Zeit als Iphigenie beschäftigt... // Thielemann belässt den Chor und das Orchester ausgeglichen und sehr warm in Erdnähe; man riecht geradezu die Wachstumslaunen der in den Materien, also zwischenwinterlich, geschützt gelagerten Natur und - freut sich auf den Frühling! /// Christian Thielemann, der stark verändert wirkte, scheint uns völlig neu und angenehm geworden; diesen stiernackigen Kindstrotz, den wir in den Jahren vorher mehr und mehr dann an ihm festzustellen wagten, hat er gänzlich abgelegt; sein Auftreten und seine Gesten haben sich vermenschlicht, und es stellte sich - nicht nur bei mir - ein Gänsehauterlebnis ein...


DER SCHILDWACHE NACHTLIED
Hanno Müller-Brachmann und Petra Lang sind schon ein exemplarisches Gesangspaar! Michael Gielen (der ans Pult der Staatskapelle Berlin Zurückgekehrte) tat aus dem Bauch heraus einen sehr guten Griff mit ihnen, als er sich für eine Aufführung von allen 12 Orchesterliedern (+ URLICHT / 2. Sinfonie) aus DES KNABEN WUNDERHORN von Gustav Mahler ehrgeizig entschloss; und wann bekommt man je diese Zusammenstellung - die Orchesterlieder sind im Übrigen kein Zyklus, liegen also lose vor - als Ganzes dargeboten? Müller-Brachmann gibt die Rolle des Soldaten; Lang verübt an ihm das Weib (Verführerin, Geliebte, Mutter usw.) schlechterdings. / Die Lieder aus DES KNABEN WUNDERHORN sind so ein merkwürdiger Misch aus diesseitiger Biedernis und alptraumhafter Depressivgestimmtheit; wie's der Deutsche halt so mag und wie man ihn so weltweit kennt. Clemens Brentano sowie Achim von Arnim sammelten - so wie die Gebrüder Grimm zu ihrer Zeit die Märchen - Hunderte von derartigen "Volksliedern", in denen es so unheimlich und zwischen den Gefühlslagen zu spuken scheint; deswegen wohl = ein Anlass dieser Zwei für das "Romantische", was schließlich auch ihr eignes Ding und sowieso dann ihre Zeit (Romantik) war. // DER SCHILDWACHE NACHTLIED lässt es optisch werden: Der Soldat muss nächtens Wache schieben und erkennt die Pflicht des Dienstes als Befehl. In seinem tiefsten Inneren ist allerdings ein aufsässiges Sträuben, was er sich hingegen nicht so recht erklären kann. Einer ihn lockenden Sirene gleich kriegt er die feminine Stimme eines ihn und sein Geschlecht herausfordernden Wesens permanenter Weise mit. Was soll ihm diese "Kraft", meint er, wenn er doch in der Nachtpflicht des Bewachers (wen bewacht er eigentlich?) so steht?? Aber die Stimme, die selbstredend dann Gestalt vor ihm ergreift, lässt ihn nicht los; sie sorgt zurecht dafür, dass er den sexuell-gesunden Widerstreit mit ihr und sich als seinen wahrsten aller Kriegsschauplätze nach und nach begreift... /// Lang, Müller-Brachmann investieren Mutterwitz und Überreife; ihre Stereo-Darstellung - nicht nur der einen fiesschönen Geschichte um die SCHILDWACHE - vermag uns sinnlich durchzurütteln, geistig einzuleuchten. Überdies eines der schönsten Staatskapellen-Konzerte, das ich je erlebte!!


SCHLUSSGESANG DER "SALOME"
[Zunächst: Wir staunten überhaupt nicht schlecht, als letzte Woche (und als eine Art von Zeitungsente) eine "Meldung" durch die Presse ging, wonach das Deutsche Symphonie-Orchester mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin fusionieren sollte, um die Haushaltslage der ROC GmbH in Ordnung zu bringen oder so oder so ähnlich - - vor paar Tagen stellte sich das Ganze als ein kapitaler Furz heraus; nicht einmal von Janowski, der das Riesenungetüm dann theoretisch übernehmen hätte "müssen", war in eingreifender Weise was zu hören; nein, vor so viel Unsinn bleibt einem tatsächlich nur der Mund weit offen stehen...] Nina Stemme jedenfalls sang mit dem DSO, welches von Ingo Metzmacher vorzüglichst einstudiert gewesen war, den Schlussgesang aus Straussens SALOME: Das ist dann so ein überquellend ausufernder Sopranisten-Monolog der Sonderklasse, über eine Viertelstunde lang; und die Gesangssolistin muss schon ziemlich stimmkräftig und durchhaltevermögend sein, um gegen das gigantische Orchester nebst der bassgurgelnden Orgel auftreten zu können. Das gelingt der Stemme selbstverständlich, und sie macht es glockenklinglerisch, unhektisch, unbrutal; und man versteht zudem bei ihr fast jedes Wort. Der gute Metzmacher (der sich ja nun in absehbarer Zeit flugs aus dem Staube machen wird; will sagen, dass er seinen DSO-Vertrag nicht mehr verlängert hatte) punktet diesen Abend durch und durch mit seinen reichhaltigen Opernhaus-Erfahrungen, nicht nur bei diesem SALOME-Rausschmiss; auch Hindemiths MATHIS DER MALER ist ihm vorzüglich und mit der vorzeigbarsten Qualität gelungen. Eigentlich ist ja das DSO, und spätestens seit seiner elitären Ära unter Kent Nagano, zu 'nem vierten Opern-Klangkörper Berlins geworden - aber eigentlich auch wieder nicht, weil ja das RSB unter Janowski auch und erst dann recht so "diese Qualitäten" in sich birgt. Nun ja. // Spritzige Angelegenheiten.


Berliner Philharmoniker (12.12.2009)
Brahms: NÄNIE op. 82 / GESANG DER PARZEN op. 89 / SCHICKSALSLIED op. 54
Schönberg: PELLEAS UND MELISANDE op. 5
Rundfunkchor Berlin
(Choreinstudierung: Robin Gritton)
Dirigent: Christian Thielemann
http.//www.berliner-philharmoniker.de

Staatskapelle Berlin (13.12.2009)
Mahler: LIEDER AUS DES KNABEN WUNDERHORN
Bruckner: SYMPHONIE NR. 1 C-MOLL (2. Fassung von 1891)
Petra Lang, Mezzosopran
Hanno Müller-Brachmann, Bariton
Dirigent: Michael Gielen
http://www.staatskapelle-berlin.de

Deutsches Symphonie-Orchester Berlin (15.12.2009)
Debussy: LE MARTYRE DE SAINT SÉBASTIEN
Hindemith: MATHIS DER MALER
Strauss: Tanz der sieben Schleier / Schlussgesang aus SALOME
Nina Stemme, Sopran
Dirigent: Ingo Metzmacher
http://www.dso-berlin.de


Andre Sokolowski - red. / 16. Dezember 2009 http://www.andre-sokolowski.de
ID 00000004492

Weitere Infos siehe auch:





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