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nachDRUCK # 5

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Konzert-Doppelkritik

Bachs

Passionen

in Berlin

und Köln



Das Leipziger alte Bachdenkmal steht in den Grünanlagen am Dittrichring, nahe der Thomaskirche und ist das weltweit älteste Denkmal für Johann Sebastian Bach. Es wurde im Jahr 1843 vom Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy gestiftet, von Eduard Bendemann, Ernst Rietschel und Julius Hübner entworfen und vom Leipziger Bildhauer Hermann Knaur ausgeführt. Nach seiner Errichtung wurde es mehrfach restauriert, zuletzt im Jahre 2005. (Bildquelle: Wikipedia)

Irgendwann im zweiten Teil der Johannespassion von J.S. Bach passierte es, dass Hille Perl, dieser grandiosen Gambistin, im voll besetzten Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie eine Saite ihres Instruments gerissen war; und ausgerechnet dann an einer ziemlich leisen Stelle - und es gab da einen nicht zu überhörenden und also ziemlich lauten Knall; und keiner wusste gleich, woher das kam, am wenigsten der auf Distanz gehaltene Konzertbesucher in Block D - - und so verfolgte man die etwas irritierten Blicke von paar Mitwirkenden (von den 22 insgesamt [8 SängerInnen, 14 Instrumentalisten]) dieser auf das allernötigste "Personen-Material" beschränkten Darbietung und staunte überhaupt nicht schlecht, wie schlichthin unbeeindruckt von dem kleinen Zwischenfall die Sache dann - und also völlig störlos - weiterging, und wie dann Hille Perl ganz einfach fortzumusizieren sich besann... (Ich hatte da nicht/nicht mehr mitgekriegt, ob sie dann zwischenzeitlich eine neue Saite aufgezogen hatte oder einfach ohne die "geplatzte" Saite weiter spielte; keine Ahnung, wie und was da richtig war, auf jeden Fall - ich Laie merkte von dem Ganzen dann akustisch nichts.)

Aber es gab dann - außer diesem so sympathisch anmutenden Miniunfall - mehr und mehr an Highlights, die hier aufzuzählen müßig wären; nur so viel vielleicht: Es ist schon über alle Maßen faszinierend, Bachs Passionen in so derart "reduzierter" Weise zu erleben - vor zwei Jahren oder so probierten das dann schon mal die dem Freiburger BarockConsort sehr würdigen Verwandten vom Orchestra of the Age of Enlightenment mit der MP...

Und überhaupt verdichtete sich aller hörerischer Wille aufs vorzüglich aufgestellte und brillant sich gebende Orchester; und von den Gesangssolisten ragten ganz besonders Heike Heilmann sowie Margaret Hunter, die zwei Sopranistinnen, mit ihren Arien heraus - - allein: Den Evangelisten (in diesem Falle war es Hans Jörg Mammel) hätte man sich schon was intensiver über Jesus plaudernd vorgestellt.

Viel junges Publikum - der Beifall dementsprechend ungestüm und enthusiastisch!!


* *


Vom gerade mal 20jährigen Mendelssohn ist bekannt, dass er der Wiederentdecker der Matthäus-Passion von J. S. Bach - die kurz nach ihrer Uraufführung 1729 merkwürdiger Weise keine Seele weiter juckte - war; im Jahre 1829 (hundert Jahre später!) griff er also dann zum Taktstock seines alten Lehrers Zelter, einem Freund von Goethe, der als Chef der damaligen Singakademie Berlin, in der auch Mendelssohn und seine Schwester Fanny seit fünf Jahren fleißig sangen, zeichnete und holte sie aus der Versenkung. Und er machte frank und frei ein paar zeittypische Veränderungen an dem Werk - bis er es 1841 dann in Leipzig derart aufführte, dass seinem Siegeszug ab da nichts mehr im Wege stehen sollte; diese Fassung Mendelssohns kann man bis heute an der Uni Oxford einsehen.

Christoph Spering - der Gründer und Dirigent von Chorus Musicus Köln und Das Neue Orchester - hatte in den 90ern diese Einsicht in die Mendelssohn'sche Fassung (s. o.) machen können, und er brachte sie so 1992, reanimiert, zur europäischen Erstaufführung in Paris; eine CD-Aufnahme wurde produziert und kriegte einen Preis. Und seither tourt er hin und wieder mit diesem "romantisierten" Ding (MP) durch aller Herren Länder... Nunmehr kamen die Verursacher jener Erweckungstat Gründonnerstag nach Köln zurück. [Ein Zweitkonzert gab es Karfreitag in der Duisburger Mercator-Halle.]

Ja, der Hörer hat schon erst mal Schwierigkeiten, mit den spürbaren Veränderungen Mendelssohns am Bach-Text warm zu werden: Orgel- und Cembalobegleitungen werden durch 4 Celli ersetzt; einige Rezitative, Arien und Choräle sind gestrichen; statt Oboen werden Klarinetten verwendet usw.

Dennoch sind die Wirkungen durchaus verblüffend!

Und am überwältigendsten sicherlich der A-capella-Chor "Wenn ich einmal soll scheiden" nach dem Ausgehauchtsein des Gekreuzigten - fast unerträglich breit und flüsternd leise; und man meinte gar so eine Art von Vorboten aus Mahlers Auferstehungsinfonie wahrgenommen zu haben, was natürlich auch am ausufernden Interpretationsgelüst des Dirigenten insgesamt gelegen haben könnte; leises Chorverhalten jedenfalls wäre, vor dem besagten A-Capella, schon ermahnenswert gewesen.

Manuel König sang den Evangelisten und die Tenor-Arien, Halvor Festervoll Melien sang den Jesus, Peter Schöne hörte man in verteilten kleinen rezitativischen Rollen und mit den Bass-Arien; ferner sangen Antigone Papoulkas (Alt) und Anna Korondi (Sopran).
Andre Sokolowski - 22. April 2011
ID 5171
JOHANNESPASSION (Philharmonie Berlin, 13.04.2011)
Heike Heilmann, Sopran
Margret Hunter, Sopran
Sibylle Kamphues, Alt
Alex Potter, Countertenor
Hans Jörg Mammel, Tenor
Florian Kramer, Tenor
Dominik Wörner, Bass
Manfred Bittner, Bass
Freiburger BarockConsort
http://www.barockorchester.de

MATTHÄUSPASSION (Trinitatiskirche Köln, 21.04.2011)
Anna Korondi, Sopran
Antigone Papoulkas, Alt
Manuel König, Tenor
Peter Schöne, Bass
Halvor Festervoll Melien, Bass
Chorus Musicus Köln
Das Neue Orchester
Dirigent: Christoph Spering
http://www.musikforum2web.de




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