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Premierenkritik

3. Oktober 2013 | Premiere an der Staatsoper Unter den Linden

DIE ZARENBRAUT

Oper von Nikolai Rimski-Korsakow


Die Zarenbraut in der Staatsoper im Schiller Theater - Foto (C) Stephanie Lehmann


Einseitige Liebe

Iwan der Schreckliche (1530-1584) zählt zweifelsohne zu den durchgeknallteren Gewalt-Despoten der zurückliegenden russischen Jahrhunderte. Er war der Erste, der sich mit dem Moskowiter Großfürst-Titel nicht zufriedengeben wollte und ernannte sich zum Zaren. Seine legendäre Schreckensherrschaft kann als Initialzündung der russisch-expansionistischen Bestrebungen (auf nach Sibirien!) bezeichnet sein. Mit ihm wurde Mütterchen Russland plötzlich riesengroß...

"Nach dem [Gift-]Tod der Mutter entwickelte sich ein Machtkampf zwischen den Bojaren, wobei vor allem die Schuiski und Belski hervorstachen, um die Beherrschung des Throns und des jungen Zaren. Er wurde von ihnen mit Grausamkeit behandelt und von der Außenwelt abgeschottet. Als sich Iwan 1543 im Alter von dreizehn Jahren seiner Macht bewusst wurde, schlug er zurück. Er ließ am 29. Dezember 1543 den Bojaren Andrei Schuiski von der Kremlwache ergreifen und von ausgehungerten Jagdhunden zerreißen." klärt uns Wikipedia auf - auch über Das hier: "Im November 1581 erschlug er im Streit seinen Sohn Iwan Iwanowitsch mit der Stahlspitze (oder dem Eisenknauf) seines Herrscherstabes."

Staatsoperndramaturg Detlef Giese gibt dann außerdem noch zu bedenken: "Mit Hilfe seiner Leibgarde, den Opritschniki, hat er ein regelrechtes Terrorregime errichtet, das Wenige begünstigt und Viele unterdrückt. Als Witwer drängt es ihn, sich erneut, zum mittlerweile dritten Mal, zu vermählen. Nicht weniger als 2000 junge Frauen werden ihm vorgestellt, eine von ihnen soll seine Braut werden."

Nein, so was heiratete man gewiss nicht freiwillig, wie zu vermuten wäre. Aber darum handelte es sich auch nicht in erster Linie in der Rimski-Korsakow'schen Zarenbraut; das war halt nur der unbestimmte Rahmen zu dem rühr- und wühlseligen Plot der neunten seiner 15 Opern des auch als Mussorgski-Glätterers (= Boris Godunow) in die Weltmusikgeschichte eingegangenen Mitglieds des "Mächtigen Häufleins" [Letzteres müssen die Leser dieses Textes bitte jetzt in Eigeninitiative recherchieren; alles Das zu klären führt zu weit].




Heutzutage tut man einen neuen Zaren cyberspacehaft klonen - Foto (C) Monika Rittershaus



Ganz eigentlich geht es um Bariton Johannes Martin Kränzle (der den Grjanoj spielt) und Sopranistin Olga Peretyatko (die die Marfa spielt); selbige stecken in Beziehungskisten. So verhängnisvolle einseitige Dinger also; dabei hat es ihn noch mehr als sie erwischt à la "ich liebe dich, aber du liebst mich nicht". Hinzu kommt, dass der einseitig Verliebte unaufhörlich-unausweichlich von Altistin Anita Rachvelishvili (die die Ljubascha, eine Verflossene des Grjanoj, spielt) in Sachen Liebe penetriert wird; und als ob er, wegen seiner einseitigen Liebe, nicht schon drangsaliert genug wäre. Die penetrante Dränglerin bekommt, wegen der absoluten Aussichtslosigkeit ihrer Attacken, exzessive Eifersuchtsanfälle und ersucht Tenor Stephan Rügamer (der den Kurpfuscher Bomelius spielt), ihr Gift zu geben, dass sie ihre Konkurrentin ausschaltete usw. usf.

Die immer unübersichtlicher werdende Gift-Scheiße (des aufgeblasnen Opernstücks) verselbständigt sich dann, und plötzlich existieren Liebes-/Todestränke, hin und her, versehentliche oder absichtliche Panschereien führen letzten Endes dann zum Tod der schönen Zarenbraut.

Soweit unsere Lesart der Geschichte.




Er noch lebend, sie fast tot - Foto (C) Monika Rittershaus




Mit dem Regisseur Dmitri Tcherniakov hatte Daniel Barenboim schon oft kooperiert, zuletzt ließ er sich den Prokofjew-Spieler (2008) vom Russen inszenieren; vorher wählten sie gemeinsam Boris Godunow (2005) für Berlin... Und wir [für unsern Teil] erinnern uns noch allzu gern an eine von Tcherniakovs kühnsten Inszenierungen: Chowanschtschina, unter dem Dirigenten Kent Nagano, an der Bayerischen Staatsoper - nur so am Rand bemerkt. Die aktuelle Produktion hält den von uns gemachten Positiv-Vergleichen, was das Szenische belangte, leider kaum die Waage: vielzu viele Hightech-Mätzchen auch.

Was Barenboim an dieser Zarenbraut vielleicht so faszinierte, könnte Rimski-Korsakows krass-widerspruchsschwangerer Partitur-Gesamtklang (weich UND hart, altmodisch UND modern, schnulzig UND dissonant etc. pp.) gewesen sein. Das bringt die Staatskapelle Berlin schon klug und prächtig aus dem Graben zu uns rüber...

Die von uns bereits genannten Haupt-Gesangssolisten (s.o.) leisten Übermenschliches; ihre Partien (insbesondere Grjasnoj, Ljubascha, Marfa) sind gewiss kein Zuckerschlecken.

Ein umjubeltes Comeback an ihrem alten Stammhaus feierte Anna Tomowa-Sintow (die die Saburowa spielte).

Musikalisch, ja: schon gut.




Zarenbraut-Casting als Großbildaufnahme und Guckkasten mit Zarenbraut-Familie - Foto (C) Monika Rittershaus



Bewertung:    



Andre Sokolowski - 4. Oktober 2013
ID 7216
DIE ZARENBRAUT (Staatsoper im Schiller Theater, 03.10.2013)
Musikalische Leitung: Daniel Barenboim
Inszenierung und Bühnenbild: Dmitri Tcherniakov
Kostüme: Elena Zaytseva
Licht: Gleb Filshtinsky
Chor: Rustam Samedov
Dramaturgie: Detlef Giese
Besetzung:
Sobakin ... Anatoli Kotscherga
Marfa ... Olga Peretyatko
Grjasnoj ... Johannes Martin Kränzle
Maljuta-Skuratow ... Tobias Schabel
Lykow ... Pavel Černoch
Ljubascha ... Anita Rachvelishvili
Bomelius ... Stephan Rügamer
Saburowa ... Anna Tomowa-Sintow
Dunjascha ... Anna Lapkovskaja
Petrowna ... Carola Höhn
Staatsopernchor
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 3. Oktober 2013
Weitere Termine: 8., 13., 19. 25. 10. / 1. 11. 2013
Koproduktion mit dem Teatro alla Scala di Milano


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de



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= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal




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