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nachDRUCK # 5

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Konzertkritik

Nicht etwa Hitchcocks Vögel sind gemeint gewesen...



Bildquelle: konzerthaus.de



...denn: "Zwei Männer" - lesen wir auf der betriebsinternen Website des Konzerthauses Berlin - "verlassen aus Überdruss am heruntergekommenen Gemeinwesen ihre Stadt. Um eine bessere Weltgegend zu finden, vertrauen sie sich der vorausschauenden Gabe der Vögel an. Den König der Gefiederten bringen sie schließlich dazu, zwischen Himmel und Erde eine neue Stadt zu errichten. Bei Aristophanes schafft das Wolkenkuckucksheim seinen Bewohnern Glück. Bei Braunfels birst es unter dem Ansturm der Elemente. Die Vögel preisen den Gott, den sie vorher bekämpften, die Männer kehren wieder zu den Menschen zurück. Geläutert wohl."

Und weiter steht da: "Der spektakuläre Publikumserfolg der Vögel bei ihrer Uraufführung 1920 machte Braunfels zu einem der meist gespielten Komponisten seiner Zeit. Hitler forderte den Halbjuden auf, eine Hymne für die nationalsozialistische Bewegung zu schreiben, Braunfels weigerte sich und wurde 1933 all seiner Ämter enthoben. Obwohl der Komponist 1945 rückwirkend äußerte 'dass sich während der Arbeit an diesem Stück in der Welt das Abbild seiner Handlung wiederholte: auf diese wirklichkeitsfremde, großmannssüchtige Aktion eines zu anderen Dingen geschaffenen Volkes der Zusammenbruch durch die Strafe Gottes', rät er den Zuschauern 'sich völlig dem luftigen Phantasiespiel, das ihnen vorgeführt wird, hinzugeben und auch in ernsteren Augenblicken sich bewusst zu bleiben, dass alles hier ein Spiel, ein Gleichnis ist. Wer etwas vom Drama in den Vögeln suche, der ginge fehl'."

*

Nun, lange Rede kurzer Sinn:

Lothar Zagrosek (eine weltbekannte Koryphäe und Instanz hinsichtlich der Entdeckungen sowie Enthüllungen verschmähter Komponisten der "Entarteten Musik") ist absoluter Hauptakteur und -initiator einer schier sensationell zu nennenden Aufführung von den Braunfels-Vögeln; selbige hatte er schon vor fünfzehn Jahren mit dem RSB für seine Decca-Reihe (mit "Entarteter Musik") auf Platte aufgenommen. Jetzt und hier ließ er es, also mit den Braunfels-Vögeln, richtiggehend krachen im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, in dessem Großen Saal man sich mit einem Schlag nicht mehr so ganz zurecht zu finden sann wie etwas vorher, denn: Der Raum war völlig umgebaut. Und im Parkett gingen die Sitzreihen bis hin zum 1. Rang, also steilauf nach oben. Das Orchesterpodium war erweitert worden, und es nahm noch zusätzlich zum Aufsatz ein paar Meter im "verkleinerten" Parkett in Anspruch. Platz genug für eine Großmaschinerie an Instrumenten sowie zwischenrein gestellten sieben unterschiedlich hohen Säulenpodien für die singenden Solisten. Über diesem fulminanten Großplatz eine riesige Ellipse, die als Leinwand für auf sie zu projizierende Kunstmalereien sowie Videobildnissen von Volker März zu dienen hatte. Hinter/unter ihr die Sitz- und Stehbänke für den agierenden Ernst Senff Chor. Viele, viele, viele große Instrumente, eine Windmaschine beispielsweise usw. usf. / Man glaubt ja wirklich nicht, dass diese Braunfels-Vögel, also wenn man dieses Riesenaufgebots an "Material" gewahr wurde, je in den Opernhäusern, wo sie jemals szenisch liefen (München, Köln, Wien, Genf etc. pp.), dortselbst so wirken wollen könnten wie dann jetzt und hier:

Und das Konzerthausorchester Berlin - nach seinem Spiel der Braunfels-Vögel untersucht - ist eine absolute Wucht in Wundertüten! Hält man es für möglich?

Die Musik ist wie ein Rausch. Die meiste Zeit, bis auf so paar rezitative Einsprengsel, hat man den hörerischen Eindruck, dass das alles eintaktig verläuft. Ein einziger und rauschartiger Fluss und Guss, der sich da plötzlich in den merkwürdigerweise (durch den Umbau scheinbar) lichtdomigen Saal erströmt. Ein leichter Hall und Nachhall ist zu spüren, und er wirkt, als würde einem eine Art von Frühlingshauch erfassen... was ja auch nicht übel zu den Braunfels-Vögeln passt, denn: Ist es nicht gerade Frühling, und wonach wir so sehr lechzen; und die Zugvögel sind alle wieder da...

Ja, Marisol Montalvo zwitschert eine Nachtigall, dass es mir meinen Kopf so hin und her verdreht... ich suche ständig, wo das Zwitschern her kommt, und es narrt mich ungemein, und ich will gar nicht aufhören, nach Marisol Montalvo's Nachtigall zu spähen; Vögelchen, wo kommst du her, wo eilst du hin?

Auch Jochen Kupfer muss genannt sein! Und sein Wanderer-und-Wotan-Bass fügt sich als Idealbesetzung für den Wiedhopf, den er schmalschwingenderweise deklamiert und singt; ich kriege nachträglich hiervon noch eine Gänsehaut.

Auch alle anderen: superb!!

Braunfels' Musik, zu der ich bisher keine rechte Meinung hatte (Ersterfahrungen mit ihr während Te Deum und Jean D'Arc), beginnt mich peu à peu in allen meinen Sinnen zu ergreifen, nein, wer hätte das gedacht, dass sie mich plötzlich derart packt!!

Zagroseks Großtat.



Andre Sokolowski - 30. März 2009
ID 4252


DIE VÖGEL (Konzerthaus Berlin, 29.03.2009)
Konzeption / Regie: Sabrina Hölzer
Video / Malerei: Volker März
Videoherstellung: Jürgen Salzmann
Bühne: Jan Schröder
Licht: Jeannot Bessière
Besetzung:
Jeffrey Francis Tenor (Hoffegut)
Joachim Goltz Bass (Ratefreund)
Marisol Montalvo Sopran (Nachtigall)
Anna Prohaska Sopran (Zaunschlüpfer)
Jochen Kupfer Bariton (Wiedehopf)
Konrad Jarnot Bariton (Prometheus)
Thomas Jesatko Bariton (Adler/Stimme des Zeus)
Christoph Sökler Bariton (Rabe)
Ulrike Helzel Mezzosopran (1. Drossel)
Ernst Senff Chor
(Choreinstudierung: Ralf Sochaczewsky)
Konzerthausorchester Berlin
Dirigent: Lothar Zagrosek
Konzertante Aufführungen am 28. und 29. März 2009

Weitere Infos siehe auch: http://www.konzerthaus.de




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