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Richard-Strauss-Jahr 2014 (150. Geburtstag)

Im Taumel (1) - Elektra an der Semperoper Dresden



Evelyn Herlitzius (Elektra) und René Pape (Orest) an der Semperoper Dresden - Foto (C) Matthias Creutziger

Wenn ein ganzes Publikum kollektiv den Atem anhält und sich der Einzelne wünscht, es möge niemals enden, dann kann man wohl mit Fug und Recht von einer Sternstunde sprechen. Diese kommt im stinknormalen Opernalltag höchst selten vor – und das ist auch gut so. Wie aber beschreibt man eine Vorstellung, die das in so vielen Jahren mühevoll zusammengetragene Werkverständnis mal eben vom Tisch fegt? In der einem gewissermaßen erst Aug’ und Ohren geöffnet werden? Nach gefühlt zwanzig besuchten Elektra-Aufführungen sitzt man im Rang der Semperoper Dresden. Das Licht erlischt, Christian Thielemann - Ovationen, Ovationen! - läuft zum Pult, hebt den Taktstock zum Ruf des Agamemnon – und plötzlich ist nichts mehr so, wie es einmal war.

Thielemann macht sich die Mühe und blickt unter die harte, schroffe Schale Elektras, um dort auf einen Schatz im Silbersee zu stoßen, auf einen klangreinen Kern, der den halben Rosenkavalier vorwegzunehmen scheint. Dabei liegt ihm die mit Sinn und Sinnlichkeit spielende Staatskapelle förmlich zu Füssen. Mit welcher Strahlkraft das Blech agiert, ohne jemals lärmend zu sein (nein, auch nicht in den Tutti-Effekten), mit welch süßer Bitterkeit die Streicher Chrysothemis’ Sehnsüchte betonen - das ist phänomenal. Diese Elektra vibriert vor Spannung. Sie hat einen Schneid und einen Sog, der einen beim Verlassen der Semperoper fast taumeln macht.

Ein weiterer Pluspunkt geht an Waltraud Meier, die an der Klytämnestra quasi den Exorzismus vollzieht und ihr dabei sämtliche Dämonenklischees austreibt. Vorbei die Zeit von Gift und Galle: Diese Königin beglaubigt ihre wunde Seele, als Mensch und auch als Mutter. Und diese gackert nicht nach „Lichter!“, sondern geht zutiefst gebrochen ab.

Ist Evelyn Herlitzius je besser gewesen, so eins mit sich, der wirren Lockenmähne, der darstellerischen Inbrunst, des zuckenden Körpers und ihrer jeden spitzen Ton mühelos erklimmenden, durchdringenden und doch niemals schrillen Stimme wie an diesem Abend, als Elektra? Ich würde sagen: Nein. Chapeau!

Überhaupt wird grandios gesungen, bis hin zur kleinsten Rolle. Die Mägdeszene gelingt wunderbar ausgewogen (herrlich leuchtend: die 5. Magd von Nadja Mchantaf); Anne Schwanewilms ist eine warme und überaus wahrhaftige Chrysothemis; für den Aegisth steht mit Frank van Aken ein Heldentenor in seinen besten Jahren zur Verfügung, und René Pape stattet den Orest mit seinem breit strömenden, textdeutlichen Balsambass aus, lässt also ebenfalls keine Wünsche offen.

Und die Inszenierung? Die lag in den Händen der sich wohltuend zurückhaltenden Barbara Frey. Die Regisseurin interessiert sich vorwiegend für die Charaktere und lässt das Stück einfach mal für sich selber sprechen. Muriel Gerstner hat einen fast geschlossenen, hölzernen und damit sängerfreundlichen Festsaal-Kasten entworfen. Und die Kostüme von Bettina Walter sehen nach noblem 60er Jahre-Schick aus: Etuikleider, Bleistiftröcke, Seidenblüschen. Genau der effektvolle Rahmen, in welchem Singschauspieler glänzen können.




Evelyn Herlitzius (Elektra) und Waltraud Meier (Klytämnestra) in der Semperoper Dresden - Foto (C) Matthias Creutziger



Bewertung:    


Heiko Schon - 28. Januar 2014
ID 7557
ELEKTRA (Semperoper Dresden, 25.01.2014)
Musikalische Leitung: Christian Thielemann
Inszenierung: Barbara Frey
Bühnenbild: Muriel Gerstner
Kostüme: Bettina Walter
Lichtdesign: Gérard Cleven
Dramaturgie: Micaela v. Marcard
Besetzung:
Klytämnestra … Waltraud Meier
Elektra … Evelyn Herlitzius
Chrysothemis … Anne Schwanewilms
Aegisth … Frank van Aken
Orest … René Pape
Der Pfleger des Orest … Peter Lobert
Die Vertraute … Romy Petrick
Die Schleppträgerin … Ute Selbig
Ein junger Diener … Simeon Esper
Ein alter Diener … Matthias Henneberg
Die Aufseherin … Nadine Secunde
Erste Magd … Constance Heller
Zweite Magd … Gala El Hadidi
Dritte Magd … Christa Mayer
Vierte Magd … Rachel Willis-Sørensen
Fünfte Magd … Nadja Mchantaf
6 Dienerinnen … Damen des Staatsopernchores
Sächsische Staatskapelle Dresden
Kinder der Komparserie
Sächsischer Staatsopernchor Dresden
Choreinstudierung: Pablo Assante
Premiere war am 19. Januar 2014
Weitere Termine: 31. 1. / 22., 29. 6. 2014


Weitere Infos siehe auch: http://www.semperoper.de


Elektra konzertant
Sächsische Staatskapelle Dresden in Berlin (28.01.2014)

Post an Heiko Schon



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