Niemals ham wa
se so blass
jesehn
Eine neue, überflüssige SALOME an der Komischen Oper Berlin
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Salome an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Jan Windszus Photography
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Bewertung:
Nicole Chevalier ist eine Art Meryl Streep des Musiktheaters, schafft sie es doch immer wieder, zutiefst mittelmäßige Inszenierungen auf ein singschauspielerisches Top-Level zu hieven. Sie war Benedikt von Peters Traviata, Barrie Koskys Olympia und die Fiordiligi des zurecht vergessenen Regisseurs Alvis Hermanis. Ohne ihre kurzfristig eingesprungene Donna Elvira wäre Vincent Huguets Don Giovanni-Versuch an der Lindenoper krachend gescheitert. Nun also Salome an der im Schiller-Theater residierenden Komischen Oper, eine Rückkehr Chevaliers ans einstige Stammhaus.
Dort stellt Evgeny Titov eine Kanne kalten Kaffee auf die Bühne, tut aber so, als sei ihm hier etwas ganz Frisches eingefallen. Dabei spitzt er die zigfach verwurstete Idee, die Prinzessin von Judäa als Projektionspüppchen tanzen zu lassen, lediglich drastisch zu, indem er sie kopflos an die Rampe schickt. Eine junge Teenagerin, zum Objekt degradiert, ohne eigene Identität - ein Konzept, das freilich aufgeht, jedoch schnell an szenischem Schwung verliert. Die Krux an der Sache ist, dass die Urenkelin von Maurice Chevalier einem wesentlichen Teil ihrer gestalterischen Mittel beraubt wird. Und so hören wir einen gewiss adäquaten Sopran, gelegentlich etwas fahl in oberer und mittlerer Lage, sensationell in der Tiefe, dem Bühnentier Nicole Chevalier aber wurden gehörig die Krallen gestutzt. In der Schlussszene heißt es: „Hättest du mich angesehn, du hättest mich geliebt“. Wie wahr, wie wahr.
Oben, also, wie schon erwähnt, kalter Kaffee, unten der doppelte Expressivo Macchiato, der ordentlich knallt, aber die Stimmen zudeckt. Etwa die von Augustín Gómez, der seine Narraboth-Töne herauskrähen muss, um sich Gehör zu verschaffen. Die Judenszene geht im Strauss’schen Gedröhne komplett unter. Wer auf klanglich brachiales Karacho steht, wird mit dem Dirigat von James Gaffigan zufrieden sein. Diejenigen, die es detaillierter mögen, deliziöser, reflektierter, raffinierter, eher weniger.
Günter Papendell, baritonal sowieso eher schlank, sucht als glatzköpfiger Jochanaan den richtigen Rollenzugriff sowie sein schwarzes Haarteil, das er auf den Fotos im Programmheft noch trägt, kann aber beides ums Verrecken nicht finden. Die arme Karolina Gumos muss als überfütterter Goldfisch auf dem Trockenen herumzappeln - und singt dennoch eine solide Herodias ohne Keiftöne. Wirklich happy werden wir jedoch nur mit dem pointiert phrasierenden Herodes von Matthias Wohlbrecht (der ganz stilecht mit bestrapst-dekadenter Sodom-und-Gomorra-Entourage aufschlägt) und dem frischfarbigen Pagen von Susan Zarrabi.
Zum Finale Trashioso rollt kein Kopf, das wäre viel zu abgegriffen: Es muss schon ein ganzer Gummitorso mitsamt Innereien sein. Schlussendlich landet der ausgeweidete Jochanaan auf einer angeknipsten Kugellampe: Der Mann im Mond ist tot. Nun ja.
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Salome an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Jan Windszus Photography
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Heiko Schon - 16. Dezember 2025 ID 15612
SALOME (Schillertheater, 12.12.2025)
Musikalische Leitung: James Gaffigan
Inszenierung: Evgeny Titov
Bühnenbild: Rufus Didwiszus
Kostüme: Esther Bialas
Choreografie: Martina Borroni
Dramaturgie: Wolfgang Behrens
Licht: Sebastian Alphons
Besetzung:
Salome ... Nicole Chevalier
Herodes ... Matthias Wohlbrecht
Herodias ... Karolina Gumos
Jochanaan ... Günter Papendell
Narraboth ... Agustín Gómez
Ein Page der Herodias ... Susan Zarrabi
Erster Jude ... Ivan Turšić
Zweiter Jude ... Johannes Dunz
Dritter Jude ... Thoma Jaron-Wutz
Vierter Jude ... Ferdinand Keller
Fünfter Jude ... Andrew Nolen
Erster Nazarener ... Junoh Lee
Zweiter Nazarener ... Christoph Späth
Erster Soldat ... Philipp Meierhöfer
Zweiter Soldat ... Andrew Harris
Ein Kappadokier ... Stephanos Tsirakoglou
Ein Sklave ... Grace Heldridge
Tänzerinnen und Tänzer: Michael Fernandez, Benjamin Gericke, Lindsay Dunn. Claudia Greco, Rachel Skipor, Lea Birkhoff, Danielle Bezaire, Alicia Diges Sanz, Gabriella Lemma, Giorgia Bortoluzzi, Laura Beschi, Valeriia Hereha, Theoni Boufi und Leonor Campillo
Komparserie
Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere an der Komischen Oper Berlin: 28. November 2025
Weitere Termine: 18., 27.12.2025// 03.02.2026
Weitere Infos siehe auch: https://www.komische-oper-berlin.de
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