Die Macht
der Musik
mal anders
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Die Zauberflöte an der Deutschen Oper am Rhein | Foto (C) Hans Jörg Michel
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Bewertung:
Mehr als zehn Jahre hat Barrie Koskys Inszenierung der Zauberflöte auf dem Buckel, die er zusammen mit dem Künstlerkollektiv "1927" (Suzanne Andrade & nd Paul Barritt) für die Komische Oper Berlin erarbeitet hat. Die DEUTSCHE OPER AM RHEIN hat sie nun in Düsseldorf als Wiederaufnahme ins vorweihnachtliche Programm genommen. Bemerkenswert ist dabei, dass sie in Details sehr gut und präzise gearbeitet ist (Spielleitung Haitham Assem Tantawy), was sich nicht von jeder Wiederaufnahme behauptet lässt und gerade bei Mozart-Opern auch gerne vernachlässigt wird nach dem Motto: Die finden ja ohnehin ihr Publikum.
Kosky und Andrade setzen ästhetisch in den 20er Jahren an und bedienen sich vor allem beim Stummfilm. Das Bühnenbild besteht hauptsächlich aus einer portalgroßen und -breiten weißen Wand, auf die Andrades und Barritts Bilder projiziert werden. An wenigen Stellen lassen sich kleine Stehflächen ausklappen, damit die Sänger:innen nicht nur unten am Boden, sondern auch weiter oben in der Wand agieren können. Und so sitzt die Königin der Nacht gleichsam wie eine Spinne in ihrem Netz. Sarastro dagegen thront über mechanistischen Konstruktionen. Papageno sieht aus wie Buster Keaton, Pamina wie der Stummfilmstar Louise Brooks. Die drei Damen kommen wie Damen aus dem Berlin der 1920er daher, die drei Knaben wie Schmetterlinge.
Vor der Schlange rennt Tamino zu Beginn durch einen Wald, bei der Feuerprüfung werden er und Pamina mit einem feuerspuckenden Ungeheuer konfrontiert. Aber nichts passiert wirklich: Alles ist nur ein magischer Trick durch Projektionen. Das sieht teilweise spektakulär aus, ist wirklich gut gemacht und hat Charme. Und da das Ganze ohnehin mit einer gewissen Patina produziert wurde (manchmal sieht es so aus, als würde das Bild flackern), stört auch nicht, dass die Projektionstechnik 15 Jahre nach der Entstehung längst fortschrittlicher geworden ist.
Musikalisch bleibt das Ganze ein wenig platt, was auch dem Bühnenbild geschuldet ist. Und leider entwickeln sich keine Figuren, sondern die Sänger:innen werden in eine Projektion gestellt und erfüllen so eine optische Funktion. Einzelnen gelingen dennoch musikalisch überzeugende Porträts, etwa Natasha Te Rupe Wilson als Pamina oder auch Richard Šveda als Papageno. Technisch exzellent: Sophia Theodorides’ Königin der Nacht. Dennoch, es bleibt in Summe etwas unbefriedigend. Auch die Düsseldorfer Symphoniker unter Leitung von Péter Halász musizieren zumindest zu Beginn wenig pointiert, recht langsam, und es klingt insgesamt etwas breiig aus dem tiefen Orchestergraben. Im zweiten Teil nach der Pause wird es dann deutlich präziser. Ganz anders hingegen der Chor, der sich im Halbkreis vor dem Orchestergraben aufbauen darf und mit voller vokaler Pracht in den Zuschauerraum hineinsingt. So kann das also auch klingen.
Vieles ist schön anzusehen und sehr präzise ausgeführt, aber letztendlich ist es nicht mehr als eine nette Bebilderung der Musik. Koskys und Andrades Entscheidung, die Dialoge zu kappen und durch grafisch gestaltete Texttafeln, wie sie in Stummfilmen verwendet wurden, zu ersetzen, mag gestalterisch Sinn machen, dramaturgisch verkommt die Musik der Zauberflöte so zu einer Art Nummernrevue, und das ist schade. Aufgewertet wird allerdings die titelgebende Zauberflöte, die immer mal wieder erscheint und in Form von Notenbändern, die das Böse besiegen und die Gefahren besänftigen, die Macht der Musik demonstriert.
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Die Zauberflöte an der Deutschen Oper am Rhein | Foto (C) Hans Jörg Michel
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Karoline Bendig - 16. Dezember 2025 ID 15611
DIE ZAUBERFLÖTE (Opernhaus Düsseldorf, 11.12.2025)
Musikalische Leitung: Péter Halász
Inszenierung: Suzanne Andrade und Barrie Kosky
Animation: Paul Barritt
Konzeption: „1927“ (Suzanne Andrade und Paul Barritt) und Barrie Kosky
Bühne und Kostüme: Esther Bialas
Licht: Diego Leetz
Chor: Albrecht Horne
Dramaturgie: Ulrich Lenz
Spielleitung: Haitham Assem Tantawy
Besetzung:
Sarastro ... Luke Stoker
Tamino ... Andrés Sulbarán
Die Königin der Nacht ... Sophia Theodorides
Pamina ... Natasha Te Rupe Wilson
Erste Dame ... Anke Krabbe
Zweite Dame ... Sarah Ferede
Dritte Dame ... Katarzyna Kuncio
Erster Knabe ... Raphaël Krysztofiak
Zweiter Knabe ... Emil Sérié
Dritter Knabe ... Jona Goos
Papageno ... Richard Šveda
Papagena ... Charlotte Langner
Monostatos ... Timothy Oliver
Erster geharnischter Mann ... Riccardo Romeo
Zweiter geharnischter Mann ... Valentin Ruckebier
Hammerklavier und Tastenglockenspiel: Laura Poe
Statisterie der Deutschen Oper am Rhein
Chor der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorfer Symphoniker
Premiere an der Komischen Oper Berlin: 25. November 2012
Premiere an der Deutschen Oper am Rhein: 14. September 2014
Weitere (Düsseldorfer) Termine: 21., 27.12.2025// 03., 10., 22.01./ 05., 13.03.2026
Eine Produktion der Komischen Oper Berlin
Weitere Infos siehe auch: https://www.operamrhein.de/
Post an Karoline Bendig
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