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Premierenkritik

Im Partytaumel

des Vergnügens



Friederike Meinke (als Rosalinde) in der Fledermaus - in der Musikalischen Komödie Leipzig | Foto (C) Kirsten Nijhof

Bewertung:    



Die Königin aller Operetten feierte mit einer umjubelten Neuinszenierung Premiere in Leipzigs Musikalischer Komödie. Anders als z.B. in Kálmáns Csárdásfürstin geht es hier allerdings nicht um die große Liebe und wie zwei sich am Ende finden, sondern um Rache, Intrige, Maskeraden und amouröse Ränkespiele (wie man sie etwa aus Heubergers Opernball oder Mozarts Figaro kennt).

Zu den walzerseligen Klängen der Ouvertüre bekam der Zuschauer die Vorgeschichte zu sehen: Wie Gabriel von Eisenstein nach durchfeierter Nacht seinen besten Freund Dr. Falke völlig betrunken im Fledermaus-Kostüm und ohne Hose auf der Straße der Lächerlichkeit preisgibt und der so Gedemütigte dann einen Racheplan schmiedet.

Regisseur Peter Lund hatte das Stück wohl durchdacht modernisiert und das Operetteninventar von Spinnweben und unnötigem Plüsch befreit, ohne das Ganze dabei völlig sinnfrei gegen den Strich zu bürsten (was das treue MuKo-Publikum wohl eh kaum tolerieren dürfte) oder gar krampfhaft zu aktualisieren. Dabei kam eine in sich stimmige Inszenierung heraus, die zu unterhalten wusste: bunt, überdreht, bisschen schrill, Operette eben.

Der Champagner fließt in Strömen, die dekadente High Society feiert Party hard und das Personal ist fleißig mit Nachgießen beschäftigt. Es wird geflirtet, getrunken, getanzt, gelogen, gelacht und geschnackselt, als gäbe es kein Morgen. Ein Tanz auf dem Vulkan also, in den sich die feierwütige Gesellschaft stürzt, um die Alltagssorgen wenigstens für eine Nacht zu verdrängen.

Eingebettet in leuchtendes Gelb (Bühne: Ulrike Reinhard) spielten sich die erotischen Tändeleien wahlweise um und auf einem großen Bett, einer ausladenden Tafel und zum Schluss vor den Gitterstäben des Kittchens ab. Passend dazu waren die Kostüme von Darya Kornisheva ein wilder, kräftig leuchtender und funkelnder extravaganter Mix von den 1950ern bis 1980ern.

Auch das Ensemble konnte sich sehen und hören lassen: Neu-Diva Friederike Meinke gab einen bravourösen Einstand als überaus selbstbewusste Rosalinde mit üppig-höhenstarker, dramatischer Stimme, die ihren untreuen Ehemann sowohl verführen konnte als auch das Fürchten lehrte. Den wiederum gab Jeffery Krueger mit seinem strahlenden Tenor unverschämt fesch und so charmant, dass man ihm am Ende fast alles gerne verzieh (schuld war ja eh nur der Champagner).

Olivia Delauré war eine herrlich quirlige, resolut-freche Adele, die koloraturschmetternd mit irrer Geschwindigkeit über die Bühne wirbelte, den Herren schöne Augen machte und mit Halldóra Ósk Helgadóttir als kesse Ida ein durchtriebenes Schwesternpaar, das es ganz nach oben schaffen wollte, abgab.

Adam Sanchez als Alfred (im Sonnyboy-Look inklusive Sonnenbrille) nahm allerhand Tenor-Klischees auf die Schippe und ließ mit tenoralem Glanz seine Ex-Geliebte Rosalinde nicht nur beim hohen A dahinschmelzen.

Des Weiteren begeisterten Michael Raschle als leicht verklemmter Gefängnisdirektor Frank und Andreas Rainer als stottrig-trottliger Dr. Blind und sorgten mit ihrem bewährten Können für einige komödiantische Einlagen.

MuKo-Neuzugang Ivo Kovrigar als strippenziehender Dr. Falke kam bei so viel geballter Power etwas zu wenig zur Geltung, was schade war, denn die Rolle bietet ja so einiges und kann ordentlich ausgespielt werden. Nora Steuerwald sang mit hellem Mezzo einen infantil-exzentrischen Prinzen Orlofsky mit Hang zum Grotesken.

Der Auftritt des Gefängniswärters Frosch zu Beginn des 3. Akts ist ja häufig eine Überraschungstüte, entweder gefüllt mit ollen Kamellen oder gewollt aktuellen Kalauern, die schnell ins Abseits rutschen. Doch Kabarettist und Liedermacher Thomas Pigor umschiffte diese Klippen gekonnt mit Wiener Schmäh und bot stattdessen mit dem Lied "A bisserl Eskapismus" eine wunderbare und überaus gelungene Hommage an die Operette.

Tobias Engeli dirigierte mit lockerer Hand, geschmeidig und flott und ließ Strauß´ spritzige Musik perlen, funkeln und prickeln, dass es eine wahre Freude war und man am liebsten mitschnipsen oder mitsingen wollte. Das Publikum belohnte am Schluss die große Spielfreude des gesamten Ensembles mit jeder Menge Applaus und Standing Ovations.

*

Fazit: Diese kunterbunte Fledermaus war ein herrliches Vergnügen, vertrieb für ein paar Stunden Kummer und Sorgen und machte einfach Laune!



Die Fledermaus in der Musikalischen Komödie Leipzig | Foto (C) Kirsten Nijhof

Eva Hauk - 11. Februar 2024
ID 14598
DIE FLEDERMAUS (Musikalische Komödie, 10.02.2024)
Musikalische Leitung: Tobias Engeli
Inszenierung Peter Lund
Bühne Ulrike Reinhard
Kostüme Daria Kornysheva
Choreinstudierung Mathias Drechsler
Besetzung:
Rosalinde ... Friederike Meinke
Adele ... Olivia Delauré
Ida ... Halldóra Ósk Helgadóttir
Gabriel von Eisenstein ... Jeffery Krueger
Alfred ... Adam Sanchez
Prinz Orlofsky ... Nora Steuerwald
Frank ... Michael Raschle
Dr. Falke ... Ivo Kovrigar
Dr. Blind ... Andreas Rainer
Frosch ... Thomas Pigor
Extrachor und Chor der Musikalischen Komödie
Orchester der Musikalischen Komödie
Premiere an der Oper Leipzig: 10. Februar 2024
Weitere Termine: 14., 17., 18.02./ 02., 03., 30., 31.03./ 17., 18.04./ 09., 10.05.2024


Weitere Infos siehe auch: https://www.oper-leipzig.de


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