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Musical

Mata Hari

fade: schade



Mata Hari im Staatstheater am Gärtnerplatz | Foto (C) Marie-Laure Briane

Bewertung:    



Mata Hari. Eine legendäre Nackttänzerin, die ganz Paris verrückt machte und 1917 mit 41 als Doppelspionin erschossen wurde. Mata Hari, ein tragikumflorter Mythos von Exotik und Erotik, eine Männerfantasie. Und eine Meisterin der Selbsterfindung mit ausgeprägtem Hang zu alternativen Wahrheiten. Angeblich Tochter indischer Brahmanen und einer Tempeltänzerin, dabei bloß ein niederländisches Provinzmädchen Margaretha Zelle. Angeblich nackt, und doch immer ein hautfarbenes Trikot tragend. Viele geldige Liebhaber, angeblich sogar der deutsche Thronfolger. Angeblich zu Unrecht verurteilt und in Wahrheit gar nicht hingerichtet! Und doch ohne Augenbinde vor dem Erschießungskommando. Was für ein Stoff!

Entsprechend hoch waren die Erwartungen an diese Uraufführung des Gärtnerplatztheaters, eine Auftragsarbeit namhafter Könner: Kevin Schroeder (Buch und Liedtexte) ist einer der erfolgreichsten deutschen Musicalautoren, Marc Schubrings Musik (vielfach preisgekrönt) wird auch in den USA gespielt.

Doch sie schildern nicht, wie die geschiedene Ehefrau eines älteren Kolonialoffiziers zu eben dieser faszinierenden Mata Hari wird, die einige Jahre lang in Paris pro Abend 10.000 Francs verdient und dem deutschen und französischen Geheimdienst für viel Geld wenig Infos liefert, als es mit ihrer Karriere und ihren Einkünften abwärts geht. Fast 3 Stunden lang wird dagegen die Vorgeschichte, ein paar Jahre katastrophales Eheleben in Java, breitgetreten, als ob das Mata Haris späteres Faszinosum erklären könnte. Dort langweilt Margaretha sich ausgiebig in der Gesellschaft der wenigen holländischen Damen („Tee ist wichtig, so ist es richtig“), kommt mit ihrer Rolle als Mutter nicht zurecht und will eigentlich nur eines: raus. Und am liebsten zum Theater.

Doch den Weg zur erfolgreichen Selbstbestimmung („Das was ich tue, das bin ich“) bis hin zur verhängnisvollen Verstrickung in die Politik, die eigentliche Story, die hat man weggelassen. Stattdessen wird die Hauptrolle zweigeteilt. „Grit“, die blutjunge Margarete auf Java ist die eine Figur, ihr alter Ego, der Popstar Mata Hari, die andere. Eigentlich keine schlechte Idee. Denn Mata Hari beschreibt genau dies in einem erstaunlich eloquenten Brief an den Untersuchungsrichter kurz nach ihrer Verhaftung: „Mata Hari und Madame Zelle-MacLeod sind zwei völlig verschiedene Frauen.“

Leider dramaturgisch nicht gut gelöst, denn es verdoppelt sich dadurch auch die Story. Die 12 eingebauten Pop-Songs (gut, aber selten umwerfend) transportieren dieselben Gefühle. Die Zeitläufte werden zwar beschworen („Was für ein Jahrhundert!“), kommen aber bis auf den Kriegsbeginn als Balletteinlage kaum vor. Neugieriger machen die als Videos eingeblendeten Zitate der Prozessbeteiligten, die Mata Hari aus ihrer Sicht charakterisieren. Gekonnte, aufwändige Effekte, aber dennoch wenig Stimmung und schon gar keine Magie oder Erotik.

Die Solisten (auch des Balletts und Orchesters) allerdings sind hörens- und sehenswert. Vor allem Ann Sophie Dürmeyer als Popstar Mata Hari (was für eine schöne, angedunkelte Stimme auch in den leiseren Passagen wie dem Trauersong um ihren Sohn) und Florine Schnitzel als Margarethe oder auch Dagmar Hellberg als Offiziersgattin. Großer Beifall!

So funktioniert die Revue mit der obligaten Treppe am Ende doch, wenn auch ein wenig fade: schade.



Mata Hari im Staatstheater am Gärtnerplatz | Foto (C) Marie-Laure Briane

Petra Herrmann - 25. März 2023
ID 14115
MATA HARI (Gärtnerplatztheater, 24.03.2023)
Musikalische Leitung: Andreas Partilla
Regie: Isabella Gregor
Choreografie: Adam Cooper
Bühne: Karl Fehringer und Judith Leikauf
Kostüme: Alfred Mayerhofer
Licht: Michael Heidinger
Dramaturgie: Michael Alexander Rinz
Besetzung:
Mata Hari, Popstar ... Ann Sophie Dürmeyer
Margaretha Geertruida »Griet« Zelle ... Florine Schnitzel
Rudolph »Johnny« MacLeod, Margarethas Ehemann ... Armin Kahl
Friga van Rheede, verwitwete Offiziersgattin ... Dagmar Hellberg
Jeroen Kuipers, Luitenant ... Gunnar Frietsch
Cornelis Fock, General ... Erwin Windegger
Manon, Backgroundsängerin ... Julia Sturzlbaum
Inès, Backgroundsängerin ... Denise Lucia Aquino
Jean-Pierre, Backgroundsänger ... Christian Schleinzer
Merbati, Tagesmutter im Hause der MacLeods ... Xiting Shan
u. v. a.
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Premiere war am 23. März 2023.
Weitere Termine: 31.03./ 01., 05., 09., 10.04./ 04., 05.07.2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.gaertnerplatztheater.de


Post an Petra Herrmann

petra-herrmann-kunst.de

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Musiktheater (Premieren)

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