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Konzertbericht

Weiblichkeit

in Liedern



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Ein Hauch distanzierter Theatralik umweht die auftretende Sängerin wie Nebel. Sie erscheint intim und unnahbar zugleich, hingebungsvoll und widersprüchlich. Ihr Spiel ist nach innen gewandt und reflektiert. Ihre Stimme klingt fragil und melancholisch. Bewegungen unterstreichen die mitunter gestische Klangsprache. Die Melodien klingen flüchtig, flirrend, beinahe unwirklich. Ein Pathos liegt in der Luft, der sich auch, leiser werdend, wieder zurücknimmt.

Die Sopranistin Josefine Göhmann entwickelte ein vierteiliges Musikprogramm aus Liedern und Vokalmusik. In ihrem RHEINVOKAL-Programm im Remagener Arp Museum Bahnhof Rolandseck fokussiert sie weibliche Identität vor dem Hintergrund der Kulturgeschichte und daraus hervorgehender Konstrukte oder Schablonen. Der vorgeführte Diskurs um Weiblichkeit beginnt mit Deutungen von Jungfräulichkeit und weiblicher Unschuld im biblischen Kontext. Im langen Gang des Eingangsbereichs wird der Gesang La vierge de Cluny: Chant d’une Femme des philippinischen Komponistin Feliz Anne Reyes Macahis von Band eingespielt. Göhmann schreitet im roten Abendkleid mit langer Schleppe durch die beidseitig stehenden Zuschauer hindurch. Das Publikum folgt ihr auf Anweisung auf die obere Museumsebene. Da die Fahrstühle erst einmal ausgelastet sind, steigen viele Zuschauer die 230 Treppenstufen empor und kommen entsprechend atemlos und erhitzt im Richard Meier Bau an, der mit üppiger Glasarchitektur zur Rhein-Aussicht ins Siebengebirge einlädt.

Die Pianistin Klara Hornig sitzt bereits im Auditorium auf dem Konzertpodium und spielt am Flügel Arthur Honeggers Hommage à Ravel. Josefine Göhmann entledigt sich ihrer Schleppe, während sie Schenk mir deinen goldenen Kamm von Arnold Schönberg und Au pied de mon lit von Lili Boulanger vorträgt. Danach verkörpert sie ätherische Weiblichkeit in Form der Sirene oder Meerjungfrau, während sie Trois Chansons de la petite Sírene von Arthur Honegger sowie Die trunkene Tänzerin von Paul Hindemith singt. Der dritte Teil widmet sich mit performten Liedern von Kurt Weill, Alexander Wagendristel und Olivier Messiaen sogenannten Utopien und wagemutiger Heldinnen wie Jeanne d’Arc oder der heiligen Johanna der Schlachthöfe. Musikalische Arabesken, fluide Klangspielereien, farbige Akkorde und Intervalle erklingen.

Der letzte Teil von Göhmanns szenischen Liederabend betrachtet die Figur der Ophelia. Göhmann trägt stilsicher und souverän Werke von Ernest Chausson, Richard Strauss und Wolfgang Rihm vor, welche Shakespeares legendäre Figur porträtieren. Das Programm schließt mit dem A-Capella-Stück Réquiem para un niño. Canción de cuna eterna, das die Japanerin Aya Yosida eigens für Göhmann komponierte.

Josefine Göhmann liegt bei einer Vielzahl an Liedern während ihrer Performance auf dem ebenerdigen Bühnenboden. Leider kann sie so nur die vorderste Zuschauerreihe sehen, die übrigen Besucher können sie jedoch erahnen.



Sopranistin Josefine Göhmann und Pianistin Klara Hornig beim Abschlussapplaus im Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen | Foto © Ansgar Skoda


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Es erweisen sich verschiedene Konzertbesucher als denkbar ungeeignetes Publikum für die artifizielle, ansprüchliche und mutige Performance: Während eines Großteils der Aufführung stört ein regelmäßig laut niesender Senior den Liedvortrag. Er verlässt noch vor dem Konzertende den Saal. Eine andere Seniorin lässt ihr Telefon während des Konzertes lange klingeln. Während die Sopranistin singt, nimmt sie den Anruf an, woraufhin andere Besucher protestieren. Glücklicherweise teilt sie der Person am anderen Ende der Leitung bloß mit, dass sie gerade nicht könne. Für das etwa einstündige Programm bleiben dem Duo geeignetere Aufführungsorte oder Publikumskreise zu wünschen, zumal viele Museumsbesucher im Vorfeld des Konzertes ihren Unmut darüber äußerten, dass die großen oberen Ausstellungen bereits vor 17 Uhr wegen des Konzertes geschlossen wurden, obwohl die Öffnungszeiten des Museums auch an diesem Sonntag bis 18 Uhr angekündigt waren.
Ansgar Skoda - 29. Juli 2025 (2)
ID 15385
Weitere Infos siehe auch: https://www.josefinegoehmann.com


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