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Der norwegische Jazz- und Improvisationsmusiker Bendik Giske bestreitet solo das Vorprogramm auf dem Bonner KunstRasen | Foto © Ansgar Skoda

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In weißem Hemd und weißer Hose begebe ich mich Mittwochabend (6. August) zum Konzert von Air auf den KunstRasen in der Bonner Rheinaue. Hier wird das französische Elektronik-Duo, das für seine charakteristisch-eleganten Auftritte ganz in Weiß bekannt ist, mit Spannung erwartet.

Der experimentelle Saxophonist, Komponist und Performancekünstler Bendik Giske [s. Foto o.re.] bestreitet solo das Vorprogramm. Er ist ein Hingucker, der auf prickelnde Körperlichkeit setzt: Während er rhythmisch konzentriert auf dem Saxophon klangliche Muster erzeugt, zeigt er mit athletischem nacktem Oberkörper und weit ausgeschnittener Jeans viel nackte Haut und wirkt somit geradezu sexophonisch. Der norwegische Künstler wurde 2024 als Künstler des Jahres mit dem Deutschen Jazzpreis ausgezeichnet.

Für leise Ekstase sorgt auch die kunstvolle Downtempo- oder Chill Out-Musik von Airs Moon Safari (1998). Das schwermütig-melancholische Album verkaufte sich im Erscheinungsjahr über eine Million Mal und gilt heute als stilistischer Meilenstein. Die Köpfe von Air, die in Versailles geborenen Freunde Jean-Benoît Dunckel & Nicolas Godin sind seit ihrer Schulzeit musikalische Partner. Trotz internationaler Erfolge mit Air verfolgen sie auch Solokarrieren. Sie spielten die minimalistischen Schichten ihres bahnbrechenden Debüts überwiegend elektronisch mit Synthesizern, Keyboyards und Gastmusikern ein. Das Elektronik-Duo feiert nun sein hochgradig orchestriertes, zeitloses Album zu Ehren des 25-jährigen Jubiläums mit einer Welttournee. Das vielbeachtete Debüt wird dabei in seiner Gesamtheit und in der richtigen Reihenfolge als audiovisuelles Spektakel dargeboten.

Für Air wird auf der Bühne des Kunstrasens eine aufwendige Konstruktion mit einem offenen, länglich rechteckigen Kasten installiert. Auch Support und Technik tragen strahlend weiße Kleidung, wenn sie die Bühne kurz betreten.

Gegen 20 Uhr begrüßt als erstes der Tour-Schlagzeuger Louis Delorme das Publikum. Kurz darauf wird er von Nicolas Godin an den Gitarren, Bass und den Keyboards und Jean-Benoît Dunckel an den Synthesizern flankiert. Bald erklingen chillige Vibes, schwebende Synthies und die Hookline vom langen Albumopener „La femme d’argent“. Gedämpfte Sounds sorgen für nostalgischen Flair. Air sampelt in ihrer Komposition Motive aus „Future days" der avantgardistischen Kölner Rockband Can und aus „Runnin’“ von Edwin Starr. Der Sound ist klar. Dunckel bedient die elektronischen Tasten, Godin spielt Basslinien, Delorme setzt rhythmische Impulse. Die Lichtshow in der Box ist elegant auf die schimmernden Klänge abgestimmt. Sound und Bild vereinen sich, wenn die gläsernen Wände und die niedrige Decke schräge Projektionen und Lichteffekte reflektieren.

Beim zweiten Song „Sexy Boy“, der seinerzeit ein Hit war, nimmt das Tempo zu. Dunckel singt durch einen Vocoder, der seine Stimme verfremdet. Es werden Sterne in wechselnden Ansichten auf der Bühnenrückwand gezeigt. Bei „All I need“ werden die ursprünglich von Beth Hirsch gesungenen Vocals von Dunckel in einen Vocoder gesungen, durch einen Verzerrer gefiltert oder gesampled. Dadurch variiert sich das Klangbild leicht im Verhältnis zum Original. Der Bass pulsiert bei „Kelly Watch the Stars“, und das Publikum wippt mit. Bei „You make it easy“ übernehmen Godin & Dunckel abwechselnd die Vocal-Parts von Beth Hirsch durch den Stimmverzerrer. Trotz dieser Abwandlung ergeben sich stimmige Harmonien, untermalt durch Akzentsetzungen Godins an einer Akustikgitarre. Delorme trommelt mit leichtem Anschlag auf flach klingenden Akustik-Drums. Leichte kompositorische Live-Neuerungen und -Varianzen etwa auch durch zusätzliche Verzierungen hinterlassen trotzdem den wohligen Eindruck, Moon Safari einmal live gehört zu haben. Das Trio beendet das Album-Set mit „Le voyage de Penelope“ und tritt nach etwa 50 Minuten von der Bühne ab.

Nach kurzer Pause beginnt der zweite Teil mit dem sphärisch-ruhigen Siebenminüter „Radian“ aus dem zweiten Album des Duos, 10 000 Hz Legend (2001). Nebelwerfer vernebeln hochtourig die Bühne. Die Silhouetten der drei Musiker sind in Sonnenuntergangslicht getaucht. Es folgen die spannungsvollen Akkorde von „Venus“, bei denen vorbeirauschende Planeten im Bühnenhintergrund projiziert werden. Mit „Cherry Blossom Girl“ wird eine weitere, rhythmisch eindrückliche Single aus Talkie Walkie (2004), dem dritten Album des Duos, performt. Die Band erhält Szenenapplaus, wenn die Musik vom eindringlichen „High School Lover“ anklingt, komponiert für den Soundtrack zu Sofia Coppolas Debütfilm The Virgin Suicides aus dem Jahr 1999, eine Instrumentalversion der Hauptsingle des Films, „Playground Love“. Höhepunkt des zweiten Sets ist das von Bass und Schlagzeug getriebene „Don't be light“ mit einer grell blitzenden Beleuchtung. Zu den Gesangsparts werden Bewegungen riesiger roter Lippen auf den Bildschirmen hinter und neben der Band projiziert.

Gegen Ende erscheint die Trikolore, die Nationalfahne ihres Heimatlandes, auf der Bühnenrückwand. Als erste Zugabe spielt die Band noch „Alone in Kyoto“ mit eingängigen Akustikgitarrenlinien. Auch dieser Song gehört zu einem Filmscore von Sofia Coppola. Er diente als Untermalung für ihren wohl erfolgreichsten Film Lost in Translation (2003). Für ein temperamentvolles, energiegetriebenes Finale sorgt schließlich „Electronic Performers“ als letzte Zugabe, Albumopener von 10 000 Hz Legend. Delorme legt sich hier als Schlagzeuger temperamentvoll ins Zeug. Am Ende wirft er seine Drumsticks ins Publikum.

Ein visuell atemberaubendes Spektakel, bei dem jedoch die jüngsten Alben der Band, Pocket Symphony (2007), Love 2 (2009) oder Le voyage dans la lune (2012) in der Setlist gänzlich unberücksichtigt blieben.



Jean-Benoît Dunckel, Louis Delorme und Nicolas Godin (von links nach rechts) von Air beim Abschlussapplaus auf dem Bonner KunstRasen | Foto © Ansgar Skoda

Ansgar Skoda - 8. August 2025
ID 15402
Weitere Infos siehe auch: https://www.airfrenchband.com/


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