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RUHRTRIENNALE 2025

Sound-Abenteuer

im Land der

Elektronen



Will Gregory während der Performance von Erased Music: Tribute to Wendy Carlos mit dem Will Gregory Moog Ensemble in der Turbinenhalle an der Jahrhunderthalle Bochum | Foto © Heinrich Brinkmöller-Becker

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In der Turbinenhalle an der Jahrhunderthalle Bochum wurde früher Strom produziert. Am vergangenen Sonntag wurde hier ab 18 Uhr mit Strom Musik erzeugt. Auf der Bühne waren im Halbkreis verschiedene Tische und vor den Sitzplätzen insgesamt acht Synthesizer in unterschiedlichen Größen mit Knöpfen, Tasten und Pedalen aufgestellt. Bunte Kabel verbanden kunstvoll die Gerätschaften mit Netzteilen und Wandsteckdosen. Im Verlauf des Abends wurden digitale Synthesizer-Sounds auch körperlich spürbar.

Das Konzert widmete sich dem scheinbar untergegangenen Vermächtnis der heute 85-jährigen amerikanischen Musikerin, Produzentin und Komponistin Wendy Carlos:


Ihr erstes Studioalbum Switched-On Bach (1968), das sie damals unter dem Namen Walter Carlos veröffentlichte, präsentierte Kompositionen von Johann Sebastian Bach. Jedes einzelne Klanginstrument wurde in Fleißarbeit komplett auf Moog-Synthesizern eingespielt. Das Werk führte die Billboard Classical Albums Charts von 1969 bis 1972 an, war mit über einer Millionen Verkäufen das meistverkaufte klassische Musikalbum. Carlos erhielt für hierfür mehrere Auszeichnungen wie etwa drei Grammys. Später vertonte sie unter anderem die Stanley Kubrick-Meisterwerke Clockwork Orange (1972) und Shining (1980) sowie den Walt Disney-Film Tron (1982).

Die Synthesizer-Pionierin ist in vielerlei Hinsicht ein schillernder Sonderfall. Als Physikerin verfügte sie über das nötige technische Verständnis, um eine Virtuosin auf dem Klanginstrument Synthesizer zu werden. Sie wollte den Prozess des Musizierens demokratisieren. 1972 unterzog sich Carlos im Verborgenen einer Geschlechtsumwandlung zur Frau. Aus Angst vor beruflichen Repressalien und Stigmatisierung hielt sie ihre persönliche Transition zunächst geheim, bevor sie sich 1979 in einem Playboy-Interview outete, in dem sie über ihre Transition als „persönliche Befreiung“ sprach.

Heute vertreibt Carlos ihre Musik nicht mehr, obwohl die Studios Rechte an sie abgetreten haben. Ihre Werke sind in der Regel auf keiner Streaming-Plattform zu finden, und sie ging Schritte der Reproduktion im 21. Jahrhundert nicht mit.



Die RUHRTRIENNALE-Verantwortlichen konnten sie im Vorfeld nicht persönlich erreichen.

Doch Will Gregory, dessen Ensemble den Abend gestaltete, sprach im Vorfeld mit ihr. Die Komponistin und Sound-Engineerin inspirierte ihn nachhaltig. Will Gregory ist Teil des Londoner Electro-Pop-Duos Goldfrapp, das seit 2000 mit sieben veröffentlichten Alben Charterfolge feierte. Alle Mitglieder seines Will Gregory Moog Ensembles [Namen s.u.] spielen neben dem Keyboard auch klassische Instrumente, so ist etwa der Komponist Will Gregory auch Saxofonist oder die Schottin Ruth Wall aus seinem Ensemble auch Harfenistin. Das „Moog“ im Ensemblenamen verweist auf den US-amerikanischen Elektrotechniker Robert Moog, Erfinder des heute weit verbreiteten Moog-Synthesizers. An der Entwicklung des Instruments war Carlos als damaliger Mitarbeiter Moogs in den 1960er Jahren beteiligt.

Das Will Gregory Moog Ensemble spielte im ersten Teil des Abends das Frühwerk der Komponistin. Es erklangen Bachs Präludium und Fuge in C-dur (aus dem Wohltemperierten Klavier) sowie dessen 3. Brandenburgische Konzert. Das Zusammenspiel der Synthesizer wurde ergänzt durch Akzentsetzungen von Harriet Riley an den Percussion und dem Schlagwerk. Aus dem Soundtrack zu Stanley Kubricks Clockwork Orange wurde das Scherzo aus Beethovens 9. Sinfonie und Rossinis Ouvertüre aus dessen Oper Guillaume Tell dargeboten. Aus Kubricks Shining performten die Musiker Berlioz’ Dies Irae aus dessen Symphonie fantastique.

Die über die Synthesizer futuristisch anmutende Darbietung klassischer Musik vibrierte in der Bochumer Industriehalle. Sich überlagernde Sounds erstarkten. Wir hörten dumpf hallende, blecherne Effekte. Wuchtige Klänge schienen ineinander verwoben. Will Gregory moderierte zwischen den Stücken. Er kündigte Werke an und sprach, wie auch im dazugehörigen Programmheft, über Synthesizer-Vorgänge: Ein Oszillator erzeugt durch verschiedene Module bearbeitete Schwingungen in mehreren Tonhöhen, Farben und Intensitäten. Elektronen bewegen sich in Lichtgeschwindigkeit in einem Kondensator.

Nach einer Pause wurde es im zweiten Teil ein bisschen freakig, als die Musiker meist Eigenkompositionen zur Aufführung brachten, etwa zu Beginn das anfangs meditativ leise, später treibend pulsierende „Swell“ vom anwesenden Ensemblemitglied Graham Fitkin. Arrangements wie diese erinnerten an Minimal Music. Neben der John Carpenter- Filmmusik „Escape from New York“ ließ das Ensemble mit eigenen Werken, wie „Noise Box“, „Brass Blocks“, „Buoyancy Theory“ und einer Archimedes-Trilogie aufhorchen. Als Zugabe präsentierte es die vom Publikum gefeierte Eigenkomposition „Crude“.

Ein atmosphärisch stimmungsvoller, dramatisch hämmernder Abend.



Erased Music: Tribute to Wendy Carlos mit dem Will Gregory Moog Ensemble in der Turbinenhalle an der Jahrhunderthalle Bochum | Foto © Heinrich Brinkmöller-Becker

Ansgar Skoda - 28. August 2025
ID 15431
ERASED MUSIC: TRIBUTE TO WENDY CARLOS (Turbinenhalle, 24.08.2025)
mit dem Will Gregory Moog Ensemble

Synthesizer: Vyv Hope-Scott, Daniel Moore, Eddie Parker, Simon Haram, Jason Hazeley, Will Gregory, Graham Fitkin und Ruth Wall
Percussion und Schlagwerk: Harriet Riley
RUHRTRIENNALE 2025


Weitere Infos siehe auch: https://www.ruhrtriennale.de


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